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Die Stille zwischen den Sternen

Die Stille zwischen den Sternen

Titel: Die Stille zwischen den Sternen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Banscherus
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gebaut habe.
    Weiß der Kommissar vielleicht schon mehr als ich? Haben sie auf der Bombe Fingerabdrücke gefunden? Auf der Bombe und auf dem Klebestreifen? Wenn sie meine Fingerabdrücke nehmen, bin ich dran - dann geht’s ab in den Jugendknast.
    Mittags rief meine Mutter an. »Wie geht’s, Jonas?«
    Schlecht.
    »Hast du alles, was du brauchst?«
    »Mhm.«
    »Dein Essen habe ich in die Mikrowelle gestellt. Lass es dir schmecken. Bis heute Abend!«

    Meine Mutter erzählt mir zwar nicht, was zwischen ihr und meinem Vater los ist, aber sie gibt sich Mühe. Beide geben sich verdammte Mühe.
    Nach dem Essen musste ich mich hinlegen, so kaputt war ich. Aber ich konnte nicht schlafen, in meinem Kopf drehte sich alles. Ich hätte gern auf einen Ausstellknopf gedrückt, um endlich Ruhe zu haben.
    Als ich spät am Nachmittag aufstand, hätte ich eigentlich an Winter denken müssen, an die Vernehmungen, die mich in den nächsten Tagen erwarteten, an die Artikel über mich in der Zeitung und die Reaktionen meiner Eltern. Stattdessen dachte ich an das Mädchen aus dem Stadtpark. An das Mädchen, das mir helfen wollte. An das Mädchen mit den Sommersprossen und den verschiedenfarbigen Augen. Ich musste sie finden, ich hatte eine solche Sehnsucht nach ihr, dass es wehtat.
    Bin ich verrückt, Doc? Was meinen Sie? Da versuche ich, mich seit Tagen an die Nacht auf dem Katzenberg zu erinnern. Da ist mir die Kripo auf der Spur. Da müsste ich eigentlich alles tun, um wieder sprechen zu können. Und da fällt mir nichts Besseres ein, als nach einem Mädchen zu suchen, das ich nur einmal gesehen habe, von dem ich weder weiß, wie sie heißt, noch wo sie wohnt.
    Ich warf mir eimerweise kaltes Wasser ins Gesicht und putzte mir die Zähne. Danach fuhr ich zum Stadtpark. Hier hatte ich sie gesehen. Es war zwar unwahrscheinlich, dass sie dort war, aber vielleicht hatte ich ja Glück.

    Der Park war voll von Menschen. Die Leute grillten, Pärchen lagen knutschend im Gras, kleine Jungs spielten Fußball, ein verirrtes Frisbee traf mich an der Schulter. Das Übliche eben, wenn in Schwatten gutes Wetter ist.
    Das Mädchen tauchte nicht auf, natürlich nicht. Dafür traf ich Kim. Er hockte mit einer aus der Neunten auf einer Bank. Sie knutschten nicht, noch nicht. Aber sie waren so mit sich beschäftigt, dass sie mich zuerst nicht bemerkten.
    »Mhm«, machte ich.
    Die beiden sahen erschrocken hoch. Als Kim mich erkannte, grinste er. »Mensch, Jonas, wo kommst du denn her?«
    Erwartete er vielleicht eine Antwort?
    »Bist du aus dem Krankenhaus raus?«
    Eine verdammt kluge Frage.
    »Und? Alles klar?«, fragte er weiter.
    Klar?
    »Das ist Corinna«, stellte mir Kim das Mädchen vor. Sie guckte durch mich hindurch. Ein dämliches Gefühl, wenn man sich in Luft verwandelt.
    »Hallo«, sagte sie gelangweilt.
    Arrogante Ziege!
    »Ich komme morgen zu dir«, sagte Kim. »Gleich nach der Schule. In Ordnung?«
    »Mhm.«
    Corinna stand auf. »Wir müssen los«, sagte sie.
    »Tschüss, Alter«, sagte Kim. »Bis morgen.«
    Ich blieb noch eine Weile im Park. Setzte mich auf die
Bank, auf der Kim mit dieser Corinna gesessen hatte. Fragte mich, warum er jedes Mädchen haben kann. Ist es, weil er anders aussieht als wir? Oder weil er lachen kann wie niemand sonst? Oder weil ihm schon ein richtiger Bart wächst? Irgendwann würde ich es rauskriegen. Aber im Augenblick gab es Wichtigeres zu tun.
    Ich wartete bis zum Abend. Aber das Mädchen kam nicht. Vielleicht wohnte sie gar nicht in Schwarten. Vielleicht war sie ja damals bloß zu Besuch gewesen.

    Ich kann’s nicht kürzer, Doktor. Überspringen Sie einfach die uninteressanten Stellen. Die vielen Fragen brauchen Sie auch nicht zu beantworten. Nur wenn Sie wollen. Vielleicht gibt es ja auf schwierige Fragen gar keine einfachen Antworten. Vielleicht gibt es Fragen, auf die man gar nicht antworten kann, bloß wieder fragen.

    Tschüss
    Ihr Jonas

    Hallo, Doktor!
    Wie geht es Ihnen? Was macht Ihr Echinocereus palmeri? Am besten stellen Sie ihn nach draußen, auf die Fensterbank oder so. Wenn Sie ihn einmal die Woche gießen, wird er sich schnell erholen. Ende September bringen Sie ihn wieder rein und lassen ihn bis zum Frühjahr in Ruhe. Ein bisschen Licht braucht er, das ist alles. Heute Morgen hat mir Kim mein Zeugnis vorbeigebracht. Mathe eins, Deutsch zwei, der Rest der Fächer
zwischen drei und vier. Hat sich nicht viel geändert seit dem letzten Jahr.
    Wie meistens war Kim gut drauf. »Ich soll dich von

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