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Die Stimme der Erde

Titel: Die Stimme der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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Fasziniert beobachtete sie, wie sein Gesicht vor Zorn fleckig wurde. Aber sie spürte, daß es noch einen anderen verborgenen Grund dafür gab, und das erschreckte sie.
    Seine Hand zitterte. »Ich lasse dich auspeitschen, du Hure«, sagte er leise. »Und ich habe große Lust, selber die Peitsche zu schwingen. Mit größtem Vergnügen! Ich sehe deine Brüste schon auf und nieder wippen, wie du jämmerlich heulst und wegrennen willst, während ich dir den Rücken mit blutigen Striemen schmücke.«
    Plötzlich verließ Edmund seinen Platz an einem der unteren Tische und stellte sich neben Philippa. Sie sagte gerade: »Dazu wird es nicht kommen, Master Alain. Du hast hier keine Machtbefugnis. Wenn Dienwald wüßte, daß du ...« Sie biß sich auf die Lippe. Um ein Haar hätte sie ihm an den Kopf geschleudert, daß er ein Lügner, ein Betrüger und ein Verbrecher war.
    In diesem Augenblick erhob sich Crooky, der auf dem Fußboden neben Alain gehockt hatte, und stellte sich auf Philippas anderer Seite auf. Er gähnte ausgiebig, sah den Verwalter mit leerem Blick an und streckte sich dann wieder auf den Binsen aus.
    Alain schien es ungemütlich zu werden. Mit einem Blick auf Edmund sagte er: »Der Knabe kann dir nicht helfen, du Hure, und der Narr auch nicht. Er ist doch ein Idiot, ein Halbirrer. Dienwald hält ihn sich nur zu seinem Vergnügen. Na, wolltest du mir noch etwas sagen, du Hure? Wolltest du mich vielleicht verleumden? Irgendwelche Lügen über mich verbreiten?«
    »Mein Name ist Philippa de Beauchamp, und ich bin eine Lady. Merk dir das, du Abschaum!«
    »Du bist so wenig eine Lady, wie der Narr ein Dichter ist. Du bist ein dummes, eitles Flittchen.« Ohne Vorwarnung holte der Verwalter aus und schlug ihr hart ins Gesicht, so daß ihr Kopf zur Seite flog. Trotz ihrer Überraschung fiel ihr auf, daß er Tintenflecke an den Fingern hatte, und sie fragte sich, wann er sich zum letztenmal gewaschen haben mochte.
    »Verfluchte Schlampe!« Wieder holte er aus. Doch plötzlich begann zu Philippas Verwunderung sein Sessel zu wackeln, kippte nach hinten und fiel mit ihm um. Der Verwalter landete auf dem Rücken und schlug mit dem Kopf auf die geschnitzte Lehne.
    Philippa, die eine Hand an die brennende Wange drückte, sah fassungslos auf den umgestürzten Verwalter. Über ihm stand Edmund, rieb sich die Hände und lachte krächzend. Im Saal war es still geworden.
    Alain rappelte sich auf. Er hatte rote Flecken im Gesicht, und sein magerer Körper bebte vor Wut. »Du verdammter kleiner Nichtsnutz! Dafür werde ich dir das Fell versohlen!«
    Blitzschnell sprang Philippa auf und stellte sich vor Edmund. »Wenn du den Jungen anrührst, bring' ich dich um. Das kannst du mir glauben!«
    Der Verwalter reckte sich stolz. Sie war zwar kräftig, aber doch nicht so stark, daß sie ihm etwas anhaben könnte. Wie alle Frauen, die er kannte, würde sie klein beigeben, wenn er ihr Gewalt androhte. Am liebsten hätte er sie angespuckt und ihr den Hals umgedreht. »Geh zur Seite, Hure!«
    Als Philippa sich nicht rührte, holte er aus. Da vernahm er hinter sich ein grollendes Geräusch. Langsam, ganz langsam ließ Alain
    die erhobene Hand sinken und drehte sich um. Vor ihm stand Gorkel der Schreckliche. Er bot den furchterregendsten Anblick, den Philippa je gesehen hatte. Der knochige Schädel mit der pockenzerfressenen Gesichtshaut und den tief eingegrabenen Narben, dem stoppligen Kinn und den dichten Augenbrauen, die über der Nase zusammenwuchsen, schien direkt aus der Hölle zu kommen. Und dazu drang jetzt ein tiefes Knurren aus seiner Kehle.
    »Macht Euch fort, Kleine!« sagte Gorkel.
    Alain hätte dem ungeschlachten Kerl gern befohlen, sich zum Teufel zu scheren, aber er hatte Angst vor Gorkel. Der konnte ihm ja mit seinen Riesenhänden mühelos das Genick brechen. Er sah erst auf Philippa, dann auf den Jungen, der die Hände in die Hüfte gestemmt hatte. Er würde das Weib schon noch erwischen und danach den Jungen bestrafen. Der Verwalter machte kehrt und ging aus dem Saal.
    Crooky sprang in die Höhe und stimmte ein wildes Lied an.
    »Der Kerl verbreitet üblen Duft,
    Er ist und bleibt ein böser Schuft.
    Doch läßt er es bald ganz sein.
    Vorm Herrn zieht er den Schwanz ein.«
    Philippa sagte: »Danke, Edmund.«
    »Er ist ein richtiger Schinder. Vater hat es bloß noch nicht gemerkt, weil er sich in seiner Gegenwart immer zusammennimmt. Warum haßt er dich eigentlich? Du hast ihm doch nie was getan, nicht wahr?«
    »Nein. Ich

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