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Die Stimme der Erde

Titel: Die Stimme der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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dick. Also halt jetzt den Mund!«
    Philippa versteinerte.
    »Gut so. Und jetzt komm her!«
    Er schleppte sie zu Dienwalds Bett und schubste sie. Sie fiel auf den Rücken. Er drängte sich neben sie. Das Messer blieb an ihrer Kehle. Sie schluckte und sah zu ihm auf.
    »Es ist zu spät für dich, von St. Erth zu fliehen. Dennoch wirst du nicht mehr da sein, wenn der Herr zurückkommt. Und er wird Gorkel dafür verantwortlich machen, dieses riesige Schreckgespenst. Nicht mich. Auf mich kommt er überhaupt nicht.«
    Sie schwieg und überlegte fieberhaft. Das war auch besser, als gleich zu antworten, wie sie es sonst immer getan hatte.
    »Du fragst dich bestimmt, warum ich dich unbedingt von St. Erth weghaben will. Es sind deine Augen ... sie kamen mir gleich bekannt vor, ihr Schnitt und ihre Farbe, ja, dieses besondere Blau ist mir aufgefallen... ich habe es schon mal irgendwo gesehen ... Hättest du dich gleich davongemacht, als ich es dir sagte, dann hätte ich dich nicht umgebracht. Aber du läßt mir ja keine Wahl, du dumme Sau! Du hättest mein erstes Angebot annehmen sollen. Aber du warst auf den Herrn scharf, stimmt's? Hat er dir gesagt, daß er dich stärker begehrt als jede andere Frau? Ja, er versteht es, die Weiber reinzulegen. Du hättest gehen sollen. Aber jetzt ist es zu spät. Viel zu spät.«
    So redete er und redete, prahlte und machte Dienwald schlecht. Er muß verrückt geworden sein, dachte Philippa.
    »Warum?« flüsterte sie, ohne sich zu rühren. Denn noch immer drückte er ihr das Messer so fest an den Hals, daß die Spitze schon von ihrem Blut gerötet war.
    »Warum? Soll ich es dir sagen? Nun, bald bist du tot und wirst weggeschafft. Es kommt also nicht mehr darauf an. Ich weiß nämlich, wer du bist.«
    Das ergab keinen Sinn. Langsam sagte sie: »Ich bin Philippa de Beauchamp. Aber das wissen doch alle.«
    »Ja, aber du mußt wissen, daß ich dem dritten Wagen mit Wolle, den mein dummer Herr den Bauern gelassen hat, weil er Mitleid mit ihnen hatte, zwei Männer nachgeschickt habe. Ja, meine Männer holten ihn ein, schnappten sich die elenden Bauern und töteten sie. Aber vorher erfuhren sie noch von ihnen alles über dich. Ja, die Kerle erzählten ihnen alles, als sie ihnen die Messer ans Herz setzten. Meine Männer erfuhren, daß du der Liebling deines Vaters bist, daß er dich als Verwalterin beschäftigt hat, daß du den Wollpreis festgesetzt hast, den sie auf dem Markt in St. Ives erzielen sollten. Das bedeutete, daß du lesen, schreiben und rechnen kannst. Im Gegensatz zu meinem Herrn, der mir alles glaubt, was ich ihm sage.«
    Nach einer Pause erklärte er düster: »Darum mußt du jetzt sterben. Du wunderst dich, daß Dienwald so großes Vertrauen in mich setzt, was? Nun, er hat mich einmal vor einem Ritter gerettet, den ich betrogen hatte. Danach tötete er meinen Herrn, der für den Ritter Partei ergriffen hatte, und nahm mich mit nach St. Erth. Hier bin ich ein reicher Mann geworden, während der rührselige Dummkopf meint, ich müßte ihm ewig dankbar sein. Dienwald hält sich zwar für einen Raufbold, einen Schurken und Rebellen, der die Faust gegen die Obrigkeit erhebt, aber tief in seinem Inneren hängt er an verschiedenen Glaubensartikeln, was ihn zugrunde richten kann und wird. Du siehst also ein, daß ich dich um die Ecke bringen muß, zumal du auch mein Zimmer durchstöbert hast. Einer meiner Späher hat dich gesehen. Ja, er sah dich, wie du heimlich und vorsichtig herausgeschlichen kamst. Du weißt jetzt also alles über mich und wolltest nur den passenden Augenblick abwarten, um es Dienwald zu verraten.«
    Mit grimmiger Entschlossenheit fuhr er fort: »Er hat Gorkel beauftragt, darüber zu wachen, daß du nicht entfliehen kannst. Das hast du nicht gewußt, was? Leider hat er dich damit auch unbeabsichtigt vor mir geschützt. Erst heute abend fiel mir ein, wie ich mich deiner trotzdem bemächtigen kann. Philippa de Beauchamp, ich habe dich vom ersten Augenblick, da ich dich sah, gehaßt. Ich ahnte, daß du meinen Zielen im Wege stehen würdest.«
    Bevor sie auch nur ein Wort entgegnen konnte, führte er mit dem Messergriff einen harten Schlag an ihre Schläfe. Sie sah ein Meer von Lichtem aufblitzen, spürte einen scharfen Schmerz, und dann wurde es schwarz um sie.
    Als Philippa wieder zu sich kam, stieg ihr der würzige Geruch der Pferdeställe in die Nase. Man hatte ihr die Hände hinter dem Rücken gefesselt und eine Decke über sie gelegt. Ihre Beine waren jedoch frei.

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