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Die Stimme der Erde

Titel: Die Stimme der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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Beine und kratzte sich unter den Achselhöhlen. »Was wünscht Ihr, Herrin?«
    »Crooky, ich brauche deine Hilfe. Ich stelle dir jetzt ein paar Fragen, aber bitte keine gesungenen Antworten! Sprich wie ein vernünftiger Mensch!«
    Crooky massierte sich die Rippen. »Ihr habt eine scharfe Zunge, Herrin.«
    Zehn Minuten später verließ Philippa den Narren, der sich wieder zum Schlafen hinlegte. Er hatte ihr mehr Stoff zum Nachdenken geliefert, als ihr recht war. Am meisten erschreckte es sie, daß der Lord von St. Erth zwar Geschriebenes lesen konnte, aber nur langsam und unter größten Schwierigkeiten. Schreiben konnte er nur
    seinen Namen, und er vermochte lediglich ganz leichte Rechenaufgaben zu lösen. Immerhin war das noch mehr, als seine Männer und eine Handvoll Frauen davon verstanden. Und sie hatte angenommen, daß Dienwald trotz seiner Sturheit intelligent und gebildet wäre ... Jetzt verstand sie auch, warum er so darauf bestand, daß Edmund bei Pater Cramble Unterricht nahm. Er wußte, wie wichtig das war, weil er sich der eigenen Mängel schmerzhaft bewußt war.
    Zorn erfaßte Philippa. Und als sie Alain in den Burghof einreiten sah, wurde ihr einmal mehr klar, daß sie keinerlei Machtbefugnis auf St. Erth besaß. Sie war nicht die Herrin von St. Erth, sondern eine Gefangene.
    Sie mußte abwarten, bis ihre Zeit gekommen war.
    Unglücklicherweise setzte Alain sich beim Abendessen neben sie. In Dienwalds Abwesenheit spielte er den Herrn, anscheinend mit Dienwalds Erlaubnis. Sie mußte vorsichtig sein. Er saß auf dem hochlehnigen Herrensessel. Eine Zeitlang beachtete er sie gar nicht. Dann wandte er sich ihr zu und bedachte sie mit einem hämischen Grinsen, als wäre sie ein verbrauchtes, minderwertiges Flittchen. Sie sagte nichts, sondern biß in ein Stück der Taubenpastete, einem schmackhaften Gericht, dem auch Karotten, Rüben und Kartoffeln untergemischt waren.
    »Ich sehe, Ihr habt Euch Kleider der verstorbenen Herrin angeeignet.«
    Aha, dachte Philippa, der Verwalter will sich mit mir anlegen. Er konnte seine Abneigung gegen sie nicht länger verhehlen. Doch er hatte es ziemlich plump angefangen. Sie lächelte. »Woher willst du denn das wissen? Soviel ich weiß, bist du erst seit drei Jahren hier, Master Alain. Die Herrin soll aber schon kurz nach Edmunds Geburt gestorben sein.«
    Er zerquetschte ein Stück Brot in der Hand. »Bilde dir ja nicht ein, du könntest mich beleidigen, du Hure! Dienwald schläft zwar mit dir, aber Vergünstigungen hast du deshalb nicht zu erwarten. Ich habe dir ja schon gesagt, daß du nur eine unter vielen bist. Wenn er nichts mehr von dir wissen will, wirft er dich seinen Männern vor. In diesem Kleid siehst du übrigens lächerlich aus - es ist dir viel zu klein. Es preßt deine Brüste zusammen. Und unter dem kurzen Rock ragen deine Beine wie zwei Stöcke vor.«
    »Immer noch besser als gar nichts.«
    »Ja, wir haben ja alle gesehen, wie er dir das alte Kleid vom Leibe gerissen und dich dann zu seinem Bett getragen hat. Hast du geschrien, als er dich vergewaltigte? Oder hast du es genossen, als er dir sein Glied in den Schoß rammte?«
    Alain lachte, tunkte mit dem Stück Brot, das er in der Hand zerdrückt hatte, die Soße vom Teller auf und schob es sich in den Mund.
    »Du machst keine gute Figur in seinem Sessel«, erwiderte Philippa. »Er ist zu groß für dich, zu solide, zu bedeutend. Vielleicht liegt es auch daran, daß du für Dienwalds Sessel zu dürr und zu schäbig bist.« Sie erwartete, daß er ihr vor Ärger das Brot ins Gesicht spucken würde. Aber er kaute weiter und schluckte es dann herunter.
    Im selben Augenblick bemerkte sie, daß seine Miene einen anderen Ausdruck annahm. Er hatte wohl erkannt, daß er auf diesem Wege bei ihr nicht weiterkam und es anders versuchen mußte. »Dieser Streit führt zu nichts«, sagte er schließlich. »Ehrlich, Philippa de Beauchamp, Ihr müßt weg aus St. Erth, solange es noch geht. Ich verhelfe Euch zur Rückkehr zu Eurem Vater. Ihr müßt weg, bevor Dienwald wieder hier ist.«
    Er wollte sie unbedingt weghaben. Aber warum? Da sie seine Betrügereien durchschaut hatte, stellte sie zwar eine Bedrohung für ihn dar, aber er konnte ja nicht wissen, daß sie ihn entlarvt hatte. Also warum? »Ich neige aber mehr dazu, zu bleiben und den Lord von St. Erth zu heiraten. Er sieht gut aus und ist ein bedeutender Mann. Was meinst du dazu, Verwalter?« Kaum hatte sie das gesagt, da war sie selber entsetzt über ihre Worte.

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