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Die Stimme der Erde

Titel: Die Stimme der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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kann er's wagen? Will uns alles kaputtmachen, der stinkende Feigling!«
    Philippa achtete nicht auf sie. »Alles in Ordnung, Mordrid? Hat er dir wehgetan?«
    Die Frau schüttelte den Kopf. »Danke, Herrin. Prink ist ein guter Mann. Und hat seinen Stolz. Aber diese Krämpfe machen ihn fertig.«
    Verzeihen Frauen denn einem Mann einfach alles? fragte sich Philippa. Bald kam Gorkel zurück, nickte Philippa zu und nahm seine Stellung an der Tür ein.
    Am folgenden Nachmittag fühlte sich Philippa heiß, müde und einsam. Sie ging gerade, von dem quiekenden Tupper eifrig gefolgt, barfuß über den Innenhof, als ihr Hood, der Torhüter, zurief, daß ein Kesselflicker gekommen sei. Ob sie wünsche, daß er hereingelassen werden solle? Aufgeregt rief Philippa zurück, ja, sie wünsche, daß er eingelassen werde. Ein Kesselflicker führte immer allerlei Kleinkram, Bänder, Garn und vieles andere mit sich, das sie dringend benötigte. Vielleicht hatte er sogar Kleider bei sich, die er unterwegs gekauft oder eingetauscht hatte. In der Eile machte sie sich gar keine Gedanken darüber, warum der Torhüter sie um Erlaubnis gebeten hatte.
    Im Innenhof versammelten sich Männer und Frauen. Auch die Kinder liefen herbei. Und als der Fremde durch die großen Tore kam, wurden sogar die Haustiere leiser. Philippa begrüßte den Kesselflicker. Ihre Augen funkelten vor Erwartung, als sie sah, wie schwerbeladen die beiden Maultiere waren, die er mit sich führte.
    Sie betastete gerade zwei lange rosafarbene Bänder, als ihr einfiel, daß sie ja gar kein Geld hatte.
    Und sie besaß auch nichts zum Eintauschen.
    Da klang eine leise Stimme an ihr Ohr. »Wenn du bereit bist, St. Erth zu verlassen, kaufe ich dir alle Bänder,, die du haben willst. Vielleicht auch noch ein Kleid und Schuhe dazu. Der Kesselflicker hat ja alles. O ja, du dummes Mädchen, diese Bänder würden dir gut zu deinem Haar stehen. Willst du sie haben?«
    Sie drehte sich um und sah den Verwalter neben sich stehen. Er sah sie genauso hämisch an wie immer.
    Wut erfaßte sie. Beinahe hätte sie laut herausgeschrien, daß der Herr nur deshalb kein Geld hatte, weil er ein Betrüger war. Erst im letzten Augenblick beherrschte sie sich. Sie mußte warten, bis Dienwald zurück war. »Nein, Herr Verwalter, er hat nichts, was ich kaufen möchte.«
    »Du lügst ja!«
    Als sie dem Mann die Bänder zurückgab, wären ihr beinahe die Tränen in die Augen getreten. Dann wich sie zurück und beschränkte sich darauf zuzusehen, wie die Menschen von St. Erth bei dem Kesselflicker Waren kauften oder eintauschten.
    Die Bänder waren von jenem blassen Rosa gewesen, das ein Sonnenaufgang Anfang Mai verbreitet. Sie paßten gut zu einem Kleid, das sie daheim auf Beauchamp besaß.
    Der Kesselflicker blieb über Nacht. Abends zeigte sich Crooky in Hochform. Er sang, bis er heiser wurde. Seine Lieder waren so farbig und unzweideutig, daß Pater Cramble sich mehrmals nachdrücklich räuspern mußte. Gorkel begleitete Philippa bis an die Tür des Schlafzimmers und bemerkte: »Ich habe dem Kesselflicker gesagt, er soll noch einmal vorbeikommen, wenn der Herr wieder hier ist.«
    »Das war wirklich nicht nötig«, sagte Philippa.
    Wie an jedem Abend ermahnte Gorkel sie: »Schließ die Tür gut ab!« Sie tat es und wollte, sich umdrehend, die Kerze abstellen. Vor ihr stand, ein Messer in der Hand, Alain.
    Philippa rannte zur Tür, drehte den großen Messingschlüssel im Schloß und schrie: »Gorkel! Gorkel! A moi! A moi!«
    Sofort war der Verwalter bei ihr, legte ihr die Hand um den Hals und zog sie mit scharfem Ruck an sich. Er hob die rechte Hand und zielte mit der scharfen Messerspitze auf ihre Brust. Schreien konnte sie nicht mehr. Sein Arm schnürte ihr die Luft ab. Sie bohrte ihm die Fingernägel in den Arm. Doch er ertrug es, ohne loszulassen.
    Doch da er ihr das Messer nicht in die Brust stieß, wurde ihr klar, daß er sie nicht umbringen wollte. Es wäre ja auch viel zu gefährlich für ihn gewesen. Er hatte das Messer nur gezückt, um etwas von ihr zu erreichen. Sein Arm verstärkte den Würgegriff. Sie sah weiße Lichtfunken, und das Zimmer drehte sich vor ihm im Kreis. Sie zerrte an seinem Arm. Da setzte er ihr die Spitze an die Kehle, und sie spürte, wie klebriges Blut herausfloß. Ihr wurde eiskalt. Sie war wie gelähmt.
    »Halt still, du Hure, oder ich schneide dir auf der Stelle die Kehle durch! Gorkel, dieser schwachsinnige Idiot, kann dich sowieso nicht hören, die Türen sind viel zu

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