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Die Stimme der Erde

Titel: Die Stimme der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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Bauern gefunden. Alle drei Wagen mit Wolle waren verschwunden, die Wachen ebenso - tot oder geflo-hen. Nirgends eine Spur seiner Tochter. Er hatte Burnell, des Königs hartnäckigen Kanzler und Sekretär, vorläufig vertröstet. Doch der Mann war nicht auf den Kopf gefallen und würde Philippa bald sehen wollen. Er wollte dem König ja einen persönlichen Bericht abstatten. Und er wollte Lord Henry den Namen des Mannes nennen, den der König als Philippas Ehemann ausersehen hatte.
    Im Burgsaal spielte Sir Walter de Grasse mit seiner Geliebten Britta Dame. Wenn er wie jetzt schlechter Laune war, ließ sie ihn absichtlich gewinnen. Der Trick zog bei Sir Walter immer. Er war bereits davon unterrichtet, daß sich sein Onkel, Lord Henry de Beauchamp, Crandall näherte. Was mochte er im Schilde führen?
    Sir Walter dankte den himmlischen Mächten, daß er vor zwei Tagen von dem Überfall auf das südliche Gebiet dieses Hurensohns Dienwald de Fortenberry zurückgekehrt war. Drei Männer hatte er dabei verloren. Verdammtes Pech! Aber er hatte die Ernten verbrannt, die Bauernhütten dem Erdboden gleichgemacht und die Tagelöhner umgebracht. Das wog wohl alles in allem den Verlust der drei Männer auf. De Fortenberry knirschte inzwischen bestimmt vor ohnmächtiger Wut mit den Zähnen. Zum Glück hatte de Fortenberry die drei Männer nicht mehr ausfragen können. Sie waren schon tot, als er ankam.
    Sir Walter legte die Stirn in Falten und tätschelte Britta die Wange. Ein Zeichen für sie, sich zurückzuziehen. Sie warf ihm noch einen verführerischen Blick zu. Walter sah ihr finster nach. Er wünschte, er hätte früher vom bevorstehenden Besuch seines Onkel erfahren. Dann hätte er den Haushalt in noch besseren Zustand setzen lassen. Dank den Heiligen, daß es nicht sein Lehensherr Graelam war, der kam.
    Die beiden Männer begrüßten sich. Lord Henry war nie besonders vom Neffen seiner Frau angetan gewesen. Walter war groß und mager und hatte eine lange, schmale Nase, schlaue, kalt blickende Augen und besaß überhaupt keinen Sinn für Humor. Er war ein guter Hasser, aber, soviel Lord Henry wußte, kein guter Liebhaber.
    Was Walter anging, so sah er in seinem angeheirateten Onkel einen dicken Possenreißer, der reicher war, als er verdiente. Wenn er nicht diese beiden dämlichen Töchter hätte, wäre er Lord Henrys Erbe gewesen. Sobald sie endlich allein waren, verlor Henry keine Zeit mehr. »Deine Kusine Philippa ist von Beauchamp weggelaufen. Ist sie hier?«
    Nun, das war eine Überraschung. »Nein«, sagte Walter bedächtig, »Ich habe Philippa zum letztenmal als spindeldürres kleines Mädchen gesehen.«
    »Sie ist nicht mehr spindeldürr. Sie wird bald 18.«
    Plötzlich barg Lord Henry zu Walters Erstaunen den Kopf in den Händen und fing an zu schluchzen. Walter wußte nicht, was er tun sollte. So stand er nur da und blickte auf den gesenkten Kopf seines Onkels.
    »Ich fürchte, sie ist tot«, sagte Lord Henry.
    »Sag mir, was vorgefallen ist!«
    Lord Henry sah keinen Sinn darin, Walter die volle Wahrheit vorzuenthalten. Schließlich kam es ja jetzt kaum noch darauf an. Er sprach langsam in kummervollem Ton.
    »Sie ist was?«
    »Sie ist des Königs uneheliche Tochter. Er bemüht sich gerade, einen Ehemann für sie auszuwählen.«
    Walter starrte ihn nur stumm an. Verdammt! Was mochte dem Mädchen zugestoßen sein?
    Lord Henry erzählte ihm alles. »Ich weiß nur nicht, wer die Bauern umgebracht und die Wolle gestohlen hat. Aber Philippa hat wahrscheinlich ebenso wie die Bauern den Tod gefunden.«
    Lord Henry fuhr sich über die feuchten Augen. Seine süße Philippa, die manchmal so stur sein konnte wie ein Esel. Tot! Er konnte es nicht verwinden. Er hatte eine Tochter und eine Verwalterin verloren. Aber was das Schlimmste war, er hatte des Königs uneheliche Tochter verloren.
    Walter strich sich über das spitze Kinn. »Ich würde da nicht so sicher sein, Onkel«, sagte er. »Weißt du, mir wird vieles zugetragen. Ich kann auch vieles herausfinden. Am besten, du kehrst nach Beauchamp zurück und überläßt es mir zu ermitteln, was aus meiner lieben kleinen Kusine geworden ist. Wenn ich sie finde, gebe ich dir natürlich sofort Nachricht.«
    Der untröstliche Lord Henry verließ Crandall am folgenden Tage. Walter hatte bereits Kundschafter ausgesandt.
    Und schon am Nachmittag konnte er sich freudig erregt die Hände reiben. Der entflohene Zisternenwart von St. Erth war gerade an diesem Tage nach Crandall gelangt und

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