Die Stimme des Nichts
spähte Flinx zu ihm hoch. »Danke. Das ist sehr nett von Ihnen.« Der Mann war kräftiger, als er aussah. Mit Unterstützung der Frau gelang es ihm, Flinx in seine Wohnräume zu bringen. Ihnen folgte eine wachsame Pip, die mehr verwirrt als besorgt war.
Im Schlafzimmer angekommen, legten die Fremden Flinx auf das Bett. Er lächelte sie träge an, während sie ihn fesselten. »Ich fühle mich – wunderbar«, nuschelte er stumpfsinnig. »Wer seid ihr zwei, und wie seid ihr auf mein Schiff gekommen?«
»Unsere Namen sind nicht wichtig.« Die fröhliche Frau grinste von einem Ohr zum anderen, als sie einen der Riemen, die sie mitgebracht hatte, um seine Fußgelenke festzog. »Wir sind Mitglieder des Ordens von Null.«
Flinx kicherte leise. »Der Orden von nichts. Das ist lustig! Erzählt mir noch so einen Witz.« Hier war etwas nicht in Ordnung, ganz und gar nicht in Ordnung. Doch es ging ihm viel zu gut, um sich Sorgen zu machen. Es war viel wichtiger, sich zu entspannen und das Leben zu genießen. Selbst dass sie ihn fesselten, fand er amüsant. Das sollte er nicht. So viel war ihm noch klar.
»Der Orden von Null«, erklärte der muntere Mann, der ihm den Oberkörper verschnürte, »ist erst kürzlich gegründet worden und hat doch schon viele Anhänger gewonnen. Er weiß, dass der Kosmos oder zumindest ein Teil davon einer immensen Veränderung unterzogen werden wird. Einer immensen Reinigung. Die ganze Schlechtigkeit und Verderbtheit, die sich über Äonen hinweg entwickelt hat, soll weggewischt werden, um Platz zu schaffen für einen sauberen Neubeginn.«
»Dassis wunderbar«, hörte Flinx sich murmeln. Ein winziger Teil seines Verstandes schrie ihn an, aufzuwachen und sich dem Tsunami falschen Glücksgefühls entgegenzustemmen. Doch er war gefangen in einem Meer dumpfer Zufriedenheit.
Lass sein, sagten ihm seine Gedanken. Lass alles los, entspanne dich, sei unbesorgt. Alles ist gut. Alles in Ordnung im Universum. Worüber wollte er sich eigentlich aufregen? Er überlegte angestrengt, versuchte sich zu erinnern, doch wie die weiche, frisch duftende Decke, die seine Besucher über ihn breiteten, schien sich auch die Luft in der Teacher schwer auf ihn zu legen. Die Luft, dachte ein Teil seines Verstandes. Die Luft. Angestrengt versuchte er sich zu besinnen und kam zu keiner Klarheit.
Unfähig, sich an das zuletzt Gedachte zu erinnern, fragte er zufrieden: »Was soll diese ganze Reinigung?«
Es war die Frau, die ihm antwortete. »Nun, das wissen Sie besser als jeder andere, Philip Lynx. Eine Hand voll Leute kennen es als interessantes, kosmologisches Phänomen. Einige wenige halten es für eine Gefahr. Nur Sie und Sie allein kennen es als wahrnehmungsfähiges Bewusstsein. Bedauerlicherweise sehen Sie es als etwas Böses an, wogegen wir vom Orden wissen, wozu es kommen wird: zur Großen Reinigung.«
Diese Leute wussten also über das Phänomen hinter der Großen Leere Bescheid. Aber woher? Konnte es noch andere außer ihm geben, die diese Wahrnehmungsfähigkeit besaßen? Er kicherte. Die Luft, die Luft, dachte er keuchend. Irgendwie hatten diese Leute die KI der Teacher überlistet, um an Bord zu gelangen. Da er kein anderes Shuttle in der Andockbucht gesehen hatte, mussten sie in Raumanzügen eingedrungen sein. Dann hatten sie der Schiffsatmosphäre etwas beigemischt. Etwas, wodurch man sich zufrieden und entspannt fühlte, wenn man es einatmete. Und schließlich hatten sie die Wirkung, indem sie ihm etwas gespritzt hatten, verstärkt.
Warum griff Pip sie nicht an, warum verteidigte sie ihn nicht? Weil er keine Anspannung, keine Furcht empfand. Es ging ihm prächtig. Wollten sie ihm etwas tun? Nur für einen Augenblick flackerte Angst in ihm auf. Pip hob sogleich den Kopf und blickte von ihrem kleinen Schlafplatz herüber. Der Funken Angst verlosch. Sie schloss die Augen und überließ sich dem Schlaf.
»Woher wisst ihr davon?«, hörte er sich fragen.
Der Mann beugte sich lächelnd über ihn. Sie atmeten dieselbe wiederaufbereitete Luft, wie Flinx wusste. Darum waren auch die Eindringlinge unfassbar glücklich. Doch sie nahmen die Konsequenzen hin und hatten sich wahrscheinlich etwas injiziert, das die Wirkung abschwächte und ihnen erlaubte, ihren Auftrag auszuführen.
»Nun, natürlich von Ihnen, Philip Lynx! Ohne Sie gäbe es keinen Orden von Null. In gewisser Hinsicht sind Sie unser Gründer.«
Jetzt mischte sich Ärger in seine Zufriedenheit. Er der Gründer dieses abgedrehten Ordens? Er war
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