Die Stimme des Nichts
die Entscheidung hinaus.
»Da ihr mit Vertretern der Wissenschaft Kontakt hattet«, fragte er Truzenzuzex, »haben sie ermitteln können, wie schnell die se dunkle Stelle des Kosmos auf das Commonwealth zukommt und wann es die ersten Auswirkungen zu spüren bekommt?«
Truzenzuzex blickte auf, eine Geste, die sich selbst bei Thranx-Philosophen ganz unwillkürlich einstellte.
»Sie nähert sich in einem leichten Winkel zur Ebene der galaktischen Ekliptik«, antwortete er. »Das fragliche Gebiet ist so groß, dass Geschwindigkeiten durchweg nicht konstant sind, so wurde mir jedenfalls klargemacht. Eine Mittelung ist zwar nicht präzise, ist aber das Beste, worauf wir hoffen können, bis man imstande ist, bessere Messungen vorzunehmen.« Flinx sah sich in den Facetten der Thranxaugen vielfach gespiegelt. Jedes Bild war ein bisschen anders – was mit seiner Selbstwahrnehmung völlig übereinstimmte.
»Nur so viel sei gesagt, krr!lt, dass das Commonwealth oder ein anderer Bereich unserer Galaxis erst betroffen sein wird, wenn wir alle hier längst tot sind, und wahrscheinlich auch unsere Kinder. Diese Schätzung setzt natürlich voraus, dass das Phänomen seine Beschleunigung nicht erhöht. In diesem Fall wären alle gegenwärtigen Voraussagen hinfällig.
Doch im Augenblick nehmen wir an, dass der erste Kontakt erst in Tausenden oder Zehntausenden von Jahren erfolgt. Oder die äußersten Sternensysteme werden in ein paar hundert Jahren die ersten Auswirkungen spüren, eher nicht, so wurde mir gesagt, es sei denn, die Geschwindigkeit erhöht sich exponentiell.«
»Ein paar hundert Jahre«, murmelte Clarity, »frühestens.« Als die beiden Wissenschaftler nickten, drehte sie sich energisch zu Flinx herum. »Dann hat es ja keine Eile. Dann ist reichlich Zeit, um eine Lösung zu finden.«
»Vorausgesetzt«, erinnerte Tse-Mallory freundlich, »die Beschleunigung wächst nicht noch weiter. Das ist etwas, was wir nicht vorhersehen können. Da wir über das Phänomen so wenig wissen, können wir auch über seine Fähigkeiten nichts sagen.«
»Ihr bittet Flinx, seine unmittelbare Zukunft und vielleicht sogar sein ganzes Leben zu opfern, um gegen etwas zu kämpfen, das erst lange nach seinem Tod zu einer tatsächlichen Bedrohung wird.«
Truzenzuzex gestikulierte mit einer Echthand. »Ja, darum bitten wir ihn.«
»Warum sollte er das tun?«
Flinx sah sie liebevoll an. Sie sprach aus, was er dachte. War das ein Zeichen für Liebe? Sie stritt für sein privates Glück.
Sein Glück gegen die Zukunft der Galaxis. Keine komplizierte Gleichung, fand er. Die Zufriedenheit eines Menschen gegen das Ende allen Lebens. Wie so oft sah die Entscheidung einfach aus. Sie zu treffen war es, was schwerfiel.
Tse-Mallory beobachtete ihn genau. Ebenso Truzenzuzex. Sie gehörten zu den wichtigsten Freunden und Mentoren seiner Jugend. Jetzt kamen sie zu ihm und baten ihn, bei einem viel bedeutenderen Problem zu helfen als etwa bei der Frage, ob es sich bei einem alten Fundstück um eine Waffe, ein Musikinstrument oder um beides handelte. Ihr Mitgefühl, ernstgemeint und ungezügelt, fühlte sich an wie ein beruhigender Wärmestrom. Er war überzeugt, dass er dem Commonwealth nichts und der Galaxis nichts schuldete. Doch was schuldete Philip Lynx Bran Tse-Mallory und Truzenzuzex?
Aber sie waren nicht die Einzigen, die die Sache betraf. Er begegnete Claritys offenem Blick. Sein Talent war aktiv, er spürte die Gefühle aller Anwesenden. »Ich bin ratlos, Clarity.« Er lächelte entwaffnend. »Das droht zur Gewohnheit zu werden. Wenn ich ratlos bin, wende ich mich an Leute, deren Meinung ich schätze. Ich kenne diese beiden Wanderer schon sehr lange. Dich kenne ich nicht ganz so lange, dafür aber intensiv.«
»Meintest du nicht ›intim‹?« Sie lächelte, und er fühlte eine Woge der Zuneigung von ihr ausgehen.
»Wahrscheinlich beides. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Wirklich nicht. Und darum muss ich andere fragen. Clarity, ich frage dich: Was glaubst du, was ich tun soll?«
Sie war sprachlos. Die eindringlichen Blicke der beiden Gelehrten machten es ihr nicht einfacher. »So ist es richtig, Flinx. Frag nicht nach so alltäglichen Dingen wie uns beiden. Lege nur einfach die Zukunft der Galaxis und der Menschheit in meine Hände.«
Aus seinem Lächeln wurde dieses jugendliche, fast kindliche Grinsen, das sie als Erstes an ihm angezogen hatte, damals auf Longtunnel. Doch dann sagte er leise und ernst: »Wozu sind echte Freunde da,
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