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Die Stimme des Wirbelwinds

Die Stimme des Wirbelwinds

Titel: Die Stimme des Wirbelwinds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
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Steward wieder an und verengte die Augen. »Sie haben keine gepuschten Nerven mehr, stimmt's?«
    »Nein. Wenn ich Fäden haben wollte, müßte ich bezahlen.«
    »Naja« – Griffith schwieg für einen Moment – »wahrscheinlich werden Sie die nicht brauchen.«
    Steward sah ihn an, aber Griffith drehte sich um und begann einen steilen Grashang hinaufzusteigen. Steward kämpfte seinen Ärger nieder und folgte ihm. Griffith atmete schwer, als sie oben ankamen. Vom Kamm aus konnten sie leuchtende Banner auf einem Rasen sehen, provisorische Zelte, Schiffsmodelle und bearbeitete DNA. Ferne verstärkte Stimmen kamen sich in der Luft gegenseitig ins Gehege. Die NeoImagisten hielten ihre Feier der Darwin-Tage ab.
    Steward kam zu dem Schluß, daß er das Spiel satt hatte, das Griffith spielte. »Wozu werde ich die Nerven nicht brauchen, Griffith?«
    Griffith hob geduldheischend eine Hand und zündete sich eine neue Zigarette an der alten an. »Okay«, sagte er. »Ich bin nicht bloß Vertreter. Ich hab' … noch eine andere Art von Job nebenbei.« Er sah Steward an und setzte ein zittriges Lächeln auf. »Vielleicht kann ich Ihnen helfen, ein bißchen Geld zu verdienen, so daß Sie bei Starbright reinkommen.«
    Ein Gefühl nervöser Vertrautheit machte sich in Steward breit. Er erinnerte sich daran, wie er in Marseille auf seinem Motorroller mit der Treibstoffzelle gesessen hatte, versteckt hinter seiner Sonnenbrille und in einer großen weißen Jacke, und mit einem Jungen und einem Mädchen gesprochen hatte, die mit verdächtiger Wetware dealten, Zeug von der Art, das viele der Marseiller Cliquen als ideologisch inkorrekt empfanden. Sie boten ihm einen Deal damit an, aber Steward war sich nicht sicher, ob das etwas war, das er anfassen wollte.
    Steward erinnerte sich daran, wie die Juwelenaugen des Mädchens in der Sonne geblitzt hatten, erinnerte sich an die Haltung des Jungen, die Hände in den Taschen, die Füße in Cowboystiefeln, die mit silbernem Draht und Mikroschaltungen bedeckt waren, und am meisten von allem erinnerte er sich an den seltsamen Geschmack auf seiner Zunge. Der Geschmack von etwas, das er haben wollte und vor dem er Angst hatte. Der Geschmack einer Sache, die ihn zweifeln ließ, ob er sie durchziehen könnte.
    Er sah Griffith jetzt an und fragte sich, was wirklich auf Sheol passiert war. Ob irgend etwas, das er über den jungen Griffith wußte, heute noch von Bedeutung war. Ob Griffith einen Groll hegte, der auf den Krieg zurückging, und geplant hatte, Steward hereinzulegen und ihn auf den langen Weg in irgendeinen Abgrund zu schicken.
    »NeoImagerie«, sagte eine verstärkte Stimme. »Mehr als beschleunigte Evolution. Mehr als eine Vision des Lebens jenseits menschlicher Parameter. Mehr als alles, was Sie sich je haben träumen lassen.«
    »Was ist denn das für eine einträgliche Nebenbeschäftigung, der Sie da nachgehen?« fragte Steward.
    Griffith sah ihn mit einem nervösen Lächeln an. »Ich hatte einen Haufen Arztrechnungen zu bezahlen«, sagte er. »Sheol war nicht gut für gesunde junge Körper.«
    »Sind Sie mit einer Macke zurückgekommen?«
    Griffith wirkte überrascht. Er schüttelte den Kopf. »Nein, das nicht. Ich hab' ein paar Nervengifte eingeatmet, ziemlich häßliche Dinger. Leberschaden, Nierenschaden, Pankreatitis. Eine vernarbte Lunge. Deshalb der Inhalator.« Er lachte. »Eine Macke. Jesus! Ich kann verstehen, wie Sie auf diese Idee kommen.« Er stieß eine Tabakwolke aus. »Nein, ich spiele Drittmann. Ist 'ne kleine Operation, nur unter Freunden.«
    »Was für Sachen transportiert ihr?«
    »Kommt drauf an.« Griffith zuckte die Achseln. »Ist ziemlich unregelmäßig. Mein Freund und ich fragen rum und schauen nach, was gebraucht wird, was zu kriegen ist. Wir nehmen einen Anteil. Ist alles Amateurliga.« Er blinzelte in die Sonne hinauf und begann durch den Park zu schlendern. Steward folgte ihm.
    »Was ich jetzt habe«, sagte er, »ist ein Päckchen, das ich nach LA bringen muß. Ich wollte jemand anders anrufen, um es da abzuliefern, aber da Sie hier sind, dachte ich, ich biete Ihnen den Job an, wenn Sie wollen.«
    »Was müßte ich tun?«
    »Nach Los Angeles fliegen. Einen Typ aufsuchen. Ihm das Päckchen geben und das Honorar kassieren. Ihr Anteil ist zwei Prozent, das müßten rund zweitausend Dollar in Starbright-Scrips sein. Das sollte Ihnen helfen, bei Starbright reinzukommen, wenn Sie das wollen.«
    Steward lachte. Die Situation kam ihm mit jeder Minute vertrauter vor.

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