Die Stimme des Wirbelwinds
Fenster seines herabsinkenden Flugzeugs nach unten und sah ein Netz an die Erde gebundener Sterne, das sich von den Bergen bis in den heraufsteigenden Ozean erstreckte, Sterne, die im Hitzeschimmer verheißungsvoll schwammen.
Das Flugzeug begann zu rütteln, als seine Plastik-und-Metall-Haut die Konfiguration änderte und von Überschall auf Landegeschwindigkeit abbremste. Steward fühlte, wie Los Angeles mit verspiegelten Fingern zu ihm hochgriff.
Er lächelte. Daheim – obwohl er noch nie hiergewesen war.
Steward steckte das Päckchen in die Tasche. Er sollte es morgen abend in Los Angeles an Spassky übergeben.
»Bier ist im Kühlschrank«, sagte Griffith. »Fühlen Sie sich wie zu Hause.«
Das Lightsource-Apartment in Flagstaff war ganz unter Nützlichkeitsgesichtspunkten eingerichtet, fast wie ein Hotelzimmer: Bett, robuste Stühle, Video, Kühlschrank, Küchenbereich – genau wie hundert andere Apartments im selben Haus, die zum größten Teil Unternehmen gehörten. Steward saß auf einem der Stühle. Er spürte kratziges braunes Gewebe an den Rückseiten seiner Arme.
Griffith drückte seine Zigarette aus und verschwand im Badezimmer. Steward sah sich eine stumme Wodka-Werbung im Video an. Der Wodka war so fotografiert, daß er wie flüssiges Chrom aussah. Griffith kam zurück, nachdem er eine Weile das Waschbecken benutzt hatte. Der Waliser nahm eine Negra Modelo mit langem Hals aus dem Kühlschrank in der Kochnische und schraubte den Foliendeckel ab. »Wollen Sie?« fragte er.
Steward schüttelte den Kopf. Er sah zu, wie Griffith zu einem mit Stoff bezogenen Stuhl ging, der dicht beim Video stand. Er setzte sich und trank einen Schluck von seinem dunklen mexikanischen Bier.
Steward holte Luft. »Erzählen Sie mir von Sheol!« sagte er.
Griffith sah ihn einen Moment lang an. »Ich rede nicht gern darüber«, sagte er, »das wissen Sie.«
»Sie haben gesagt, Sie würden es tun.« Steward spürte so etwas wie einen Druck auf seinem Hals, als ob ihn ein Wind von fernen, explodierenden Sternen gestreift hätte. »Ich muß wissen, was es aus … aus dem Captain gemacht hat. Was ich da draußen geworden bin.«
Griffith wandte den Blick ab. »Ich weiß. Ich wollte mich nicht rauswinden. Ich wollte Ihnen nur klarmachen, daß es hart werden würde.«
»Okay. Tut mir leid.«
Griffiths Stimme war leise. Die Worte kamen langsam. »Ich glaube nicht, daß Sie's verstehen können. Selbst wenn ich's Ihnen erzähle. Es war einfach … nichts, was man aus zweiter Hand verstehen kann.«
Steward sah ihn nur an. Auf dem Video würgte ein kleines Kind bei einer Geburtstagsparty an einem Essensbrocken. Erwachsene liefen in stummer, schreiender Panik herum; andere Kinder weinten. Die Farben des lautlosen Dramas ergossen sich über Griffiths Gesicht. Ohne hochzuschauen, warf Griffith einen Arm nach oben und schaltete das Bild ab. Er blickte auf. Sein Gesicht war bleich. »Okay«, sagte er. »Ich werde Ihnen erzählen, was ich weiß.«
Steward wartete. Er schwieg.
»Zuerst müssen Sie sich klarmachen«, begann Griffith, »daß die psychologische Dimension nicht alles ist. Es geht nicht bloß darum, die Geschichte zu vergessen oder zu lernen, sich wieder an das normale Leben anzupassen. Ich hab' geheiratet, als ich nach Hause kam. Sie war 'ne hübsche Frau. War mit sich und ihrem Leben zufrieden. Wußte, was sie wollte. Wir versuchten Kinder zu bekommen, und jedesmal war's eine Fehlgeburt … und es stellte sich raus, daß das ein Glück war, weil sie alle Ungeheuer waren. Meine Gene sind völlig im Eimer von dem, was da draußen passiert ist. Es gab dort biologische und chemische Waffen, die die Chromosomen geschädigt haben. Ein Großteil der Medikamente, die wir dabei hatten, waren experimentelle Arzneimittel von Kohärentem Licht, und die Dosierungsangaben in den Beipackzetteln waren bloß grob geschätzt. Manche wirkten überhaupt nicht, andere hatten Nebenwirkungen. Einige machten die Chromosomen kaputt. Kohärentem Licht war das egal. Die Eisfalken waren auch ein Experiment, und selbst wenn wir scheiterten, würden wir ein paar interessante Daten hervorbringen.«
Griffith legte eine Hand an die Brust. »Egal wo ich hingehe, ich bin gezeichnet von dem, was auf Sheol passiert ist. Nicht bloß im Kopf, sondern auch auf mikroskopischer Ebene, in den kleinen DNA-Fitzeln, die mich erschaffen haben. Alles vergiftet. Ich könnte an einer neuen Art von Krebs sterben, und es wäre Sheol. Oder irgendeine Chemikalie,
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