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Die Stimme des Wirbelwinds

Die Stimme des Wirbelwinds

Titel: Die Stimme des Wirbelwinds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
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bereits in der Morgensonne kochte, und blinzelte an der Reihe der Wohnökos vorbei zum Himmel hinauf, der von der Polarisation des Fensters abgedunkelt wurde. Er hielt nach den hellen Fixsternen der orbitalen Wohnsatelliten Ausschau und konnte keinen finden. Macht nichts, dachte er.
    Mit etwas Glück würde er bald genug dort sein.
     
    Steward war noch nie in Willemstad gewesen, aber von dem Tragflächenboot aus, das ihn vom schwimmenden Flughafen abholte, sah die Skyline vertraut aus. Die blaue Bucht war von Blöcken aus spiegelndem Eis umringt, Erholungs-Wohnökos für diejenigen, die den Gedanken unerträglich fanden, nicht unter Tausenden von Fremden zu leben. Das Tragflächenboot wurde langsamer, sank mit einem leisen, dumpfen Aufprall ins Wasser und fuhr in einen Kanal, dessen Uferbänke das Echo seines Turbinengeheuls zurückwarfen. Einheimische und Touristen sahen gelangweilt von den Uferbänken aus zu. Musikfetzen wehten von den Gebäuden in der Nähe herüber. Der Kanal führte zum Shottegat, einem See, der von den Schatten der ihn umgebenden Türme abgekühlt und verdunkelt wurde.
    Das Zollgebäude lag im Schatten. Es war ein provisorischer Schaumstoffbau auf einer Pier, der von Flaggen eingerahmt war, sowohl von der Nationalflagge von Curaçao als auch von der Freikonomizisten-Fahne. Wieder eine kleine Nation, dachte Steward, die eine Ideologie aus dem Raum übernimmt, wahrscheinlich um sich vor ihren Nachbarn zu schützen. Curaçao war eine unbedeutende Macht, aber die Freikonomizisten nicht.
    Vom Zollgebäude nahm Steward ein Taxi zum Spindrift Hotel. Es lag ein Stück außerhalb der Stadt, in einiger Entfernung von den zusammengeballten Wohnökos an der Bucht. Trotz der Nähe und der überall spürbaren Gegenwart des Meeres wirkte die Insel trocken, voller Gestrüpp und Kakteen. Die Luft war frisch und klar, der Himmel leuchtend blau. Steward bezahlte seinen Taxifahrer mit seinen neuen Starbright-Dollars und ging zwischen Divi-Divi-Bäumen hindurch zum Hotel. Es war ein alter Steinbau mit einem neuen spiegelnden, polarisierbaren Metalldach und einer Reihe gezackter Antennen, die in den Himmel stachen. Der Passatwind fuhr summend durch die Antennen. Steward merkte, wie er an seinem Hemd zupfte.
    Der Hotelportier war ein massiger Schwarzer mit phosphoreszierenden Bakterienperlen, die in die Kornreihen seiner Haare gewoben waren, und einem T-Shirt, das seine Zugehörigkeit zum Sint Kruis Conch Club verkündete. Sein Blick war in die Ferne gerichtet. An seinem Warzenfortsatz klebte ein Empfänger, und Steward hörte leise Musik herausdringen. Er stellte seine kleine Reisetasche auf den Tresen, nahm seine Sonnenbrille ab und steckte sie in die Hemdtasche. »Ich bin Steward«, sagte er. »Ich habe angerufen.«
    Der Portier lächelte. Seine Augen blieben hundert Meilen entfernt. »Willkommen, Mr. Steward. Ich habe Sie in Zimmer sieben untergebracht. Auf Ihrem Apparat ist eine Nachricht von Miss Reese.«
    »Danke.«
    »Der Speiseraum ist von halb sechs bis halb neun geöffnet.« Der Portier nannte ihm die Orbitalzeit, wahrscheinlich weil er dachte, daß Steward – als Freund von Reese – gerade mit dem Shuttle heruntergekommen war.
    Steward nahm seinen Schlüsselstachel, und als er Anstalten machte, seine Reisetasche aufzuheben, sah er etwas unter der durchsichtigen Tresenfläche. Er zögerte und runzelte dann die Stirn. »Ist dieses Zeug das, was da dransteht?«
    »Bolivianisches Kokain, Sir. Acht Kleine Antillen-Dollar oder zwei Starbright-Dollar pro Gramm.«
    »Ist das echt? Nicht synthetisch? Kein Ersatz?«
    »Direkt aus den Bergen, Sir. – Zwei Gramm?«
    Steward starrte die Päckchen in ihren kleinen grünen Hüllen neben den Inhalatoren mit komprimierter Luft und dem Kaugummi unter dem Glas an. »Ich hatte keine Ahnung, daß es überhaupt noch hergestellt wird. Soll das nicht süchtig machen oder so?«
    »Das weiß ich nicht, Sir. Ich persönlich vernebele mir die Wahrnehmungen nicht mit Chemikalien.«
    Steward sah zu den in die Ferne gerichteten Augen des Portiers auf. »Gute Idee«, sagte er und nahm seine Tasche vom Tresen.
    »Gott ist Liebe, Sir.«
    Auf dem Weg zu seinem Zimmer kam Steward zu der Überzeugung, daß er kapiert hatte, wie es auf Curaçao lief.
     
    Das Zimmer war kleiner, als Steward erwartet hatte. Die Wände waren weiß getüncht, damit es größer wirkte. Es enthielt ein Wasserbett, eine Kommode aus zerkratztem Jupiterplastik und gewobene Strohmatten auf dem Fußboden. Ein Gecko

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