Die Stimme des Wirbelwinds
ganz bei dir und im Auge des Hurrikans.«
»Sicherheit ist eine Täuschung. Wenn ich irgendwas begriffen habe, dann das.« Er lehnte sich mit dem Rücken ans Waschbecken und trank seinen Wein. »Morgen früh könnte die KI deiner Wohnöko feststellen, daß sie von irgendeiner anderen KI reingelegt worden ist, und jeden Penny der Investment-Bank verlieren. Dann wird deine Wohnöko vielleicht von der Krishna-Firma übernommen und du könntest dich vor die Wahl gestellt sehen, entweder nach Ashram-Regeln zu leben oder alles zu verlieren, wofür du gearbeitet hast. Was machst du dann?«
»Dann lerne ich, meinen Bauchnabel zu betrachten. Schätze ich mal.«
Steward lächelte in sein Weinglas. Ardala drehte sich in der Badewanne um und lag auf der Seite, das Gesicht abgewandt. Steward sah die bloße nasse Schulter und die hochgesteckten Haare.
»Ich mach'n Nickerchen, du Philosoph«, sagte sie. »Und weil du so scharf drauf bist, deine Schulden bei mir zu bezahlen, kannst du mich hinterher zum Essen einladen. Und vielleicht gehen wir auch 'n bißchen tanzen, oben beim South Rim zum Beispiel. Hast du schon mal auf 'nem Glasboden über einem Cañon getanzt, der 'ne Meile tief ist?«
»Bis jetzt noch nicht.«
»Vielleicht wird dir das eine Lehre sein, was Sicherheit betrifft. Und das Essen da ist echt teuer. Danach müßtest du dich in bezug auf die Schuldenrückzahlung wesentlich besser fühlen.«
Er grinste wieder und trank seinen Wein aus. »D'accord«, sagte er.
Griffiths Stimme war energisch. Jeder Hauch von Krankheit war verschwunden. Steward drehte den Audioteil von Ardalas Paukfilm leiser. »Hey, Mann«, sagte Griffith. »Ich hab' Neuigkeiten von Spassky.«
»Nichts Gutes hoffentlich.«
Der Warzenfortsatz-Empfänger schien Mühe zu haben, an Stewards Haut kleben zu bleiben. Steward hielt ihn mit dem Daumen fest.
»Jemand ist mit einem 66er Kaliber Gauss Express auf der Straße hinter ihm angekommen. Hat ihm die Wirbelsäule glatt vorn durch die Brust rausgepustet, direkt durch seine Panzerjacke.«
»Klingt nach sauberer Arbeit.«
»Eisfalken-Standard, Mann. Das kleine Arschloch wird sämtliches Thunder brauchen, das er kriegen kann, damit sein Rückgrat wieder zusammenwächst. Und ich hab' nicht vor, ihm was von dem Zeug zu verkaufen.«
»Fein. Danke, daß Sie mir den Tag 'n bißchen verschönt haben.« Steward ließ sich auf Ardalas Couch nieder.
»Und ich hab' mit meiner Freundin bei Starbright gesprochen. Sie ist an der Reihe, jemand für das Lehrprogramm zu nominieren, und sie will Sie kennenlernen.«
Steward beugte sich vor. Er spürte, wie sein Herz schneller schlug. »Wo ist sie?«
»Ihr Shuttle ist gestern morgen auf dem Raumhafen von Gran Sabana gelandet. Sie hat zwei Wochen Urlaub vor sich, und im Moment ist sie in Willemstad, auf Curaçao. Spindrift Hotel. Sie heißt Reese. Ruf sie mal an!«
»Werde ich machen. Ich könnte morgen hinfliegen, wenn ich die Suborbitale von Vandenberg nach Havanna nehme.«
»Übrigens, Steward« – zum erstenmal hörte Steward ein Zögern in Griffiths Stimme –, »es ist üblich, in solchen Fällen ein … ah … kleines Geschenk mitzubringen. Tausend Starbrights sollten reichen.«
»Werd' ich mir merken. Vielen Dank, Mann.«
»Ach, zum Teufel. Kostet mich ja nichts, meinen Freunden mal 'n Gefallen zu tun.«
»Überrascht mich, daß Sie da nicht selbst zugreifen. Wenn man bedenkt, wie dringend Sie vom Planeten weg wollen.«
»Ich käme nie durch die Musterung. Zu viele latente Sheol-Dinger.«
Einen Moment lang war es still. »Oh. Tut mir leid, Kumpel.«
»Nicht Ihre Schuld.« Griffiths Stimme hatte etwas von ihrer Munterkeit verloren. Er gab sich Mühe, mehr Energie in seine Worte zu packen. »Hey«, sagte er. »Rufen Sie mich in ein paar Tagen an und lassen Sie mich wissen, wie Sie mit Reese klargekommen sind. Hier ist eine Nummer, wo man mich erreichen kann.«
Steward griff nach dem Stift, den er benutzt hatte, um in seinem Studienmaterial Textstellen zu unterstreichen, und notierte sich die Nummer.
»Danke, Freund«, sagte er.
»Kein Problem, Kumpel«, sagte Griffith und unterbrach die Verbindung.
Steward nahm den Daumen vom Warzenfortsatz-Empfänger und merkte, wie er ihm auf die Schulter und dann auf die Brust fallen wollte. Er kam dem zuvor, indem er das Gerät mit der Hand auffing, ein vom bewußten Denken ungetrübter Reflex. Steward legte es auf den Telefonapparat zurück.
Er sah aus dem Fenster und über die Terrasse hinaus, die
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