Die Stimme des Wirbelwinds
Sonderkonto, wo Sie mit tausend Starbright-Dollars anfangen. Und dann können Sie damit machen, was Sie wollen.«
Reese lachte. »Okay.« Ihre silbernen Ohrknöpfe blitzten in der Sonne. »Der letzte Typ hat mir dreizehnhundert Pink Blossoms angeboten, aber ich hätte ihn ausbilden müssen. Ist vielleicht dreihundert wert, wenn ich mich nicht damit rumplagen muß. Hey.« Sie winkte jemandem über Stewards Schultern hinweg zu – der Kellnerin wahrscheinlich – und sah Steward an. »Ich hab' einen Bärenhunger. Was dagegen?«
Die Kellnerin war ungefähr sechzehn, schwarz, mit starker Akne und einer Jacke, auf der Szenen mit Stränden, Palmen und Heineken-Bier aufleuchteten. Steward sah zu, wie die Bilder sich in Reeses Gesicht spiegelten, während sie bestellten. Die Kellnerin lächelte und tappte ins Innere des Hotels zurück.
Reese trank ihren Drink aus und beugte sich über das Leinentischtuch nach vorn. »Die Hauptsache bei dem Job ist, daß es jemand sein muß, der über lange Perioden gut mit sich allein zurechtkommt. Sie werden Monate auf engstem Raum mit nur vier anderen Menschen verbringen müssen. Wenn Sie zu dem Typ gehören, der ständig Leute um sich herum braucht, werden Sie alle verrückt machen.«
Steward zuckte die Achseln. »Ich kann so gut allein sein wie nur irgendwer.«
»Griffith hat das von Ihnen behauptet, aber manchmal weiß ich nicht, was ich von Griffiths Freunden halten soll.«
Steward lächelte. »Ich weiß, was Sie meinen.«
Sie sah ihn stirnrunzelnd an. »Sind Sie religiös?«
»Ich bin sowas wie ein Zen-Agnostiker.«
»Leute, die andauernd von Gott labern, machen einen Trip viel länger, als es sein muß. Wie steht's mit Ideologie?«
»Ich dachte, Starbright hätte keine offizielle Ideologie.«
»Nein, das stimmt. Haben Sie eine?«
»Nein.«
»Rauchen Sie?«
»Ja.«
Reeses Blick wurde kalt. »Dann werden Sie damit aufhören. Das ist Voraussetzung für die Einstellung. Ich bin allergisch, und ich hab' nicht vor, damit zu leben.«
»Ich hab' schon mal aufgehört.«
»Ich meine auf Dauer. Auch kein heimliches Rauchen, wenn ich gerade mal nicht da bin. Ich hab' lieber 'n richtigen Junkie an Bord als einen Nikotin-Junkie. Wenn man sich was in die Adern jagt, verpestet das wenigstens nicht die Luft.«
»Ich kann aufhören.«
Reese schien unschlüssig zu sein. »Okay. Was Sozialleistungen und Stimmen angeht, verbringen Sie die ersten drei Jahre als Azubi. Die Bezahlung ist beschissen, aber Sie bekommen Kost und Logis, und man kümmert sich darum, daß Sie gesund bleiben. Danach erhalten Sie die Staatsbürgerschaft und eine Stimme. Dazu gehören auch Aktienbezugsrechte und solche Sachen, deshalb kriegen Sie alle zehn Jahre weitere drei Stimmen. Wenn Sie mehr Aktien kaufen, kriegen Sie mehr Stimmen, aber im Rahmen des grundlegenden Fünfzig-Jahres-Planes werden Sie sechzehn Stimmen zum politischen Gedeihen unserer plutokratischen Demokratie beisteuern können. Dem stehen natürlich die Zehntausende von Stimmen gegenüber, die der Aufsichtsratsvorsitzende, die Vorstandsmitglieder und größeren Aktionäre zur Verfügung haben, aber das ist Politik. Bei Starbright geht's liberaler zu als anderswo.«
»Wie entwickelt sich die Bezahlung?«
»Die bleibt beschissen. Man wird nicht Maschinist, wenn man Geld machen will. Das ist bloß was für Leute, die unbedingt reisen wollen.« Sie lächelte. »Fällt unter die Kategorie des Tauschs, denke ich.«
»Klon-Versicherung?«
»Kann man kriegen, ist aber teuer. Man verschuldet sich für dreißig Jahre, wenn man eine haben will.« Reese beugte sich näher zu ihm. »Was das Thema Privatgeschäfte angeht, werden aber auf den meisten Schiffen einige Möglichkeiten geboten. Wenn im Laderaum Platz ist, kann man eine begrenzte Anzahl eigener Waren mitnehmen. Die werden als Risikogut bezeichnet. Man bezahlt die Schiffseigner nach dem Gewicht des Risikoguts. Aber wenn man sich darauf verlegen will, Geld nebenbei zu machen, kann man genug verdienen, um sich damit in dreißig oder vierzig Jahren zur Ruhe zu setzen.«
Das Mädchen mit der Fotojacke kam mit Stewards Muschelsalat und Reeses zweitem Drink. Reese schenkte ihr keine Beachtung.
»Ich sollte noch etwas erwähnen«, sagte sie. »Ich bumse nicht mit anderen Leuten von der Crew. Das tut auch sonst niemand auf dem Schiff. Das ist Vorschrift. Wenn Sie sich für unwiderstehlich halten oder sich was beweisen müssen, indem Sie jede Frau bespringen, der Sie begegnen, ist dieser Job nichts
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