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Die Stimme des Wirbelwinds

Die Stimme des Wirbelwinds

Titel: Die Stimme des Wirbelwinds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
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tun.«
    »Toller Gefallen.«
    Steward setzte sich auf und beugte seine Schultern und seinen Hals. Das Knacken seiner Nackenwirbel hallte in seinem Schädel wider. Er fragte sich, wie es wäre, sich nie so zu verausgaben, wie er es tat, nie fühlen zu müssen, wie seine Knochen jedesmal knackten, wenn er seine Haltung wechselte.
    »Das ist jetzt vorbei«, sagte er. »Egal, was das Ganze sollte, ich hab' nichts mehr damit zu tun.«
    »Du hast Sheol. Und das wolltest du doch. Stimmt's?«
    Steward rollte sich auf die Füße. Der außerirdische Inquisitor machte etwas mit den Zehennägeln eines gefangenen Mädchens. »Überrascht mich, daß dein Wohnöko-Management dieses Programm hier reinläßt«, sagte er.
    »Der Außerirdische Inquisitor kommt von Network Noir, und das ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Destinarischen Partei. Das Management unserer Wohnöko kauft Zeit bei der Künstlichen Intelligenz von Marketplex, um unser Investitionsprogramm durchzuführen, und Marketplex hat die offizielle Ideologie der Destinarier übernommen. Network Noir war ein Teil des Geschäfts. Wir sorgen dafür, daß es zu empfangen ist, und bekommen einen Vorzugspreis für die Benutzung der KI.«
    Steward starrte auf den Bildschirm. Die Füße waren klein und plump, sorgfältig als rosarote Liebesobjekte fotografiert. Dünne Blutströme rannen in kunstvollen Mustern daran herab. »Zehennägel auszureißen nützt der destinarischen Philosophie?« fragte er.
    Ardala zuckte die Achseln. »Es zeigt die Schwäche des Fleisches im Gegensatz zur Hardware. Ich werd' ein Bad nehmen.«
    Steward schaltete das Video ab und sah zu, wie das Flüssigkristall-Display zu einem sich willkürlich verändernden Kaleidoskopmuster wurde. Aus dem Badezimmer kam das Geräusch von fließendem Wasser. Steward tappte in die Küche und goß sich ein Glas Wein ein. Der Reinigungsroboter war ihm vorausgefahren und schien sich in einer Sackgasse gefangen zu haben, die von den Küchenschränken und dem Kühlschrank gebildet wurde. Steward stieß die weiße Plastikblase mit dem Fuß herum, und die Maschine fuhr fröhlich ins Wohnzimmer zurück. Steward folgte ihr. Er hörte, wie im Badezimmer der Wasserhahn zugedreht wurde, und dann, wie Ardala sich in die Wanne legte. Er betrachtete den flauschigen Teppich, auf dem der Weg zu erkennen war, den der Roboter genommen hatte, und sah dessen chaotische Bahn auf dem Boden, die er aufgrund seiner Begegnung mit Körpern, Kleidern, Müll und Möbeln genommen hatte.
    Er bewegte sich wie eine Ratte im Labyrinth. Programmiert. Führte eine Funktion aus, die er nicht verstehen konnte, für Menschen, von deren Existenz er nichts wußte und die er nur als Füße wahrnahm, die ihm hin und wieder im Weg standen.
    Steward schaute aus dem polarisierten Terrassenfenster und sah die Pyramiden und Blöcke der Wohnökologien, die alle den Zwecken ihrer Erbauer dienten, ihre Aufgabe erfüllten, die Bewohner gegen die Außenwelt abzuschirmen, Schutz vor beunruhigenden Dingen gewährten und bei Bedarf ideologische oder religiöse Programme anboten. Jede einzelne war so autark, wie es die Technologie erlaubte, und so weit wie möglich gegen jedes Einsickern der Wirklichkeit von außen gefeit.
    Steward hatte eine jähe, an Sicherheit grenzende Eingebung, daß sein Geld gerade verschwunden war, daß es sich in Luft aufgelöst hatte. Er ging ans Telefon und rief bei der Canyon State Insured an.
    Das Geld lag auf seinem Konto und war seit dem Nachmittag um einen winzigen Zinsbetrag angewachsen.
    Er unterbrach die Verbindung und ging zum Badezimmer. Ardala war bis zum Kinn unter Wasser. Ihr extravagantes Augenmake-up bildete einen verblüffenden Kontrast zu ihrem gebräunten Körper. Steward setzte sich auf den Rand der Wanne und hielt ihr sein Glas Wein hin. Sie dankte ihm und nahm einen Schluck.
    »Ich hab' jetzt Geld«, sagte er. »In den letzten vierundzwanzig Stunden hab' ich mein Privatvermögen um das Zehnfache vermehrt.«
    »Das reicht immer noch nicht, um bei Starbright reinzukommen.«
    »Es reicht, um dir zurückzuzahlen, was ich dir schulde.«
    Ardala schloß die Augen und lehnte sich in ein Halskissen aus Schaum zurück. Sie hob das Knie, legte ihre Wade auf den Wannenrand und preßte ihren nassen Fuß gegen Stewards Bein. »Du schuldest mir gar nichts«, sagte sie.
    »Zumindest die Miete für zwei Wochen.«
    »Leg dein Geld doch im Fonds hier in der Wohnöko an!« sagte sie. »Da kriegst du einen viel höheren Zinssatz.

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