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Die Stimme des Wirbelwinds

Die Stimme des Wirbelwinds

Titel: Die Stimme des Wirbelwinds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
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was er sagte. Er verschüttete die Hälfte des Kaffees, als er ihn zu seinem Tisch trug. Er versuchte die Flüssigkeit auf seinem Eßteller aufzufangen, aber sie lief an der Seite herunter – er war noch nicht an das Leben in einer Zentrifuge gewöhnt. Beim Essen beobachtete er sich in einer Wand aus einer Chromlegierung, unfähig, etwas anders zu beobachten. Die grünen Lichter in seinem Geist gingen langsam wieder an. Er bekam allmählich wieder den Eindruck, daß er auf ein Gefühl von Normalität zusteuerte, auf ein langsames Interface mit der übrigen Wirklichkeit; das Rauschen verklang im Hintergrund. Er holte sich noch mehr Kaffee und schaffte es, nichts davon zu verschütten. Er begann sich wohler zu fühlen. Vielleicht sollte er eine Dusche nehmen und sich dann einmal eingehend auf der Station umsehen. Er ging zu seiner Koje zurück und traf dort Reese an, die auf seinem Bett saß und auf ihn wartete. Sie trug einen abgenutzten grauen Overall und Haftstiefel.
    »Hörst du deine verdammten Nachrichten eigentlich nie ab, Steward?« fragte sie. »Wir bringen die Born in vierzig Minuten ins Dock.«
    Er sah einen langen Moment auf das blinkende LED an seinem Kommunikationsgerät. »Tut mir leid«, sagte er.
    Reese stand auf und blieb gebückt unter der niedrigen Decke stehen. »Wir nehmen uns ein Taxi von Dock einundsechzig«, sagte sie. »Du machst keinen guten ersten Eindruck.«
     
    Während die Born andockte, gab Steward sich alle Mühe, nicht zu gähnen – ohne jeden Erfolg. Er saß im Maschinenraum im Zentralbereich des Schiffes und hatte ein Kopfgerät auf, das eine Entsprechung der Anzeigen des Energiesystems des Schiffes in die Sehzentren seines Gehirns einspeiste und das interne Energiesystem überwachte, während er es in Gang brachte und auf das Manöver vorbereitete. Es war eine Aufgabe, die ihm nichts abverlangte und keine Überraschungen bereithielt. Die großen Generatoren und Triebwerke wurden nicht benötigt, und die Treibstoffzellen wurden nur gebraucht, um die Radargeräte, den Steuercomputer und die Lebenserhaltungssysteme mit genügend Energie zu versorgen. Reese, die hinter ihm angeschnallt war und ein weiteres Kopfgerät trug, überwachte die Steuer- und Verniermaschinen, eine Aufgabe, die kaum größere Aufmerksamkeit erforderte. Sie waren nur anwesend, vermutete Steward, weil der Vertrag mit Starbright ihre Anwesenheit vorschrieb, sobald die Born etwas tat, was ihre kostbaren Triebwerke einer Gefahr aussetzen könnte.
    »Greifer eingeschaltet«, meldete Cairo, die Chefingenieurin. In Abwesenheit des Kapitäns, der immer noch Urlaub hatte, führte sie das Schiff beim Andocken. »Druckluftzufuhr zur Luftschleuse eingeschaltet. Auf niedrige Stationsschwerkraft vorbereiten. Luftschleuse belüftet. Andockkegel entfernt. Energiekupplung der Station eingerastet.« Eine kurze Stille trat ein. Die Schwerkraft zog an Stewards Innenohr. Der Raum schwankte leicht und kam dann zur Ruhe.
    »Alles grün«, sagte Cairo. »Schalten wir das Miststück ab!«
    »Vier-A und Sieben anlassen«, sagte Reese.
    »Vier-A und Sieben an«, wiederholte Steward, exakt wie im Handbuch. Er wußte ganz genau, welche Zellen für die Hilfsversorgung des Lebenserhaltungssystems gebraucht wurden. In seinem Kopf und auf der Tafel vor ihm begannen Lichter von Grün auf das Bernstein der Bereitschaft umzuspringen. »Umschalten auf Stationsenergie.« Die Lichter im Raum wurden etwas heller.
    »Abschaltung beendet. Vier-A und Sieben auf Backup-Status«, meldete Steward. Er öffnete seinen Sicherheitsgurt und ließ ihn fallen. Sah zu einem Bündel von Faseroptikkabeln über seinem Kopf hinauf, die sich aus ihrer Gummiklemme gelöst hatten, und drückte die Kabel wieder an Ort und Stelle.
    »Ich verlasse das Andock-Cockpit«, sagte Cairo. »Beladung beginnt in dreißig Minuten. Vorher möchte ich Steward gern im Salon sehen.«
    Cairo war eine kleine Frau, die im Raum geboren und stolz darauf war, daß sie nie einen Fuß auf etwas Größeres als einen Planetoiden gesetzt hatte. Sie war spindeldürr und hatte ein scharfes Gesicht, und ihre dunklen Haare, die sie im Stil der meisten Leute, die im Raum arbeiteten, kurz trug, waren mit grauen Strähnen durchsetzt. In die Haut an ihren Wangenknochen waren Marsdiamanten eingelassen, und Stoßrubine sprenkelten ihre Handrücken mit Rosettenmustern – Menschen, die im freien Fall lebten, hatten oft Implantate und hielten Juwelen für gefährlich, weil man damit an etwas hängenbleiben

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