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Die Stimme des Wirbelwinds

Die Stimme des Wirbelwinds

Titel: Die Stimme des Wirbelwinds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Jon Williams
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vollautomatisierte Stimme vom Hotel, die ihn informierte, wann er ausziehen mußte, und eine weitere Nachricht, die nicht über Audio lief. Er holte sie auf sein Terminal und sah, daß es sich um sein Schachproblem und das Codewort handelte, zusammen mit einer Notiz von Griffith, in der er ihm viel Glück wünschte.
    Das Problem hieß ›Ziolkowskis Dämon‹.
    Die Lösung, die Griffith vorschlug, war selbst für Stewards unkundige Augen eindeutig falsch. Das Paßwort lautete ›Marschall Stalin‹.
    Steward fragte seine Konsole nach dem Adressenverzeichnis von Charter, sah unter dem Schwarzen Schachbrett nach und blätterte die Eintragungen durch. Es waren eine Menge Schachprobleme dabei.
    Eins davon war ›Ziolkowskis Dämon‹. Stewards Mund wurde trocken.
    Er wühlte in seiner Tasche nach einem Datenstachel und steckte ihn in den Schacht. Dann gab er die falsche Lösung ein. Der Computer erklärte ihm, daß er sich geirrt hatte. Er tippte ›Marschall Stalin‹ ein.
    Der Computer zögerte, dann leuchtete ein LED neben der Nadel auf, ein Zeichen dafür, daß sie mit Daten gefüttert wurde. Steward sah wie betäubt zu.
    Warum auf Charter? fragte er sich. Charter war ein offener Freihafen. Hier gab es keinen Grund für Spionage; nichts war als geheim eingestuft. Vielleicht war jemand mit einem Schiff hier durchgekommen, dachte er, und hatte hier geheime Daten abgelegt, während er im Transit war. Vielleicht wurde der Nachrichtenverkehr dieser Person überwacht, und sie hatte den Schiffssender nicht benutzen können.
    Aber warum konnte derjenige, der die Nachricht abgeschickt hatte, nicht Charters Antennen benutzen? Es gab Dutzende, und viele davon waren der Öffentlichkeit zugänglich. Vielleicht hatte der Besitzer der Daten die Adresse in der Antarktis nicht gehabt. Aber wenn nicht, warum nicht?
    Doch wie die Daten auch hierher gekommen sein mochten, Stewards Stachel speicherte sie gerade, und sobald er sie gespeichert hatte, waren sie für ihn etwas wert. Das LED erlosch, und der Computer dankte ihm und erkundigte sich, ob er noch einmal versuchen wollte, das Problem zu lösen. Steward verneinte und zog den Datenstachel raus. Er hielt ihn in der Hand und fühlte, wie er auf seiner Handfläche hin und her schaukelte. In variablen Gitterfäden gebundener Reichtum, ein Potential für zukünftigen Profit. Aber die Benutzung der Daten würde den Stachel und damit Steward mit Dingen verbinden, von denen er keine Ahnung hatte – mit Griffiths Plänen sowie einem ganzen Netz von Leuten, die sich mit Datendiebstahl und dem Transport von Schwarzmarktartikeln befaßten, Leute, die nichts mit Stewards Ziel zu tun hatten … und falls er sich dazu entschloß, wußte er nicht, ob er die Verbindung je wieder vollständig abbrechen konnte, sobald er sie einmal hergestellt hatte.
    Torner murmelte im Schlaf und rollte sich auf den Rücken. Steward schloß die Hand um den Stachel und hielt ihn neben sich. Torner fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn. Sie schlug die dunklen Augen auf, blinzelte und richtete den Blick auf Steward. Lächelte. »Hi. Ich bin wohl eingeschlafen.« Sie setzte sich auf und schüttelte den Kopf. Machte einen Knopf an ihrem Hemd auf. »Ich glaube kaum, daß es hier einen Zimmerservice gibt, oder?«
    Steward lächelte. »So ein Hotel ist das hier nicht.«
    »Ich dachte, wir könnten eine Flasche bekommen. Und vielleicht was zu essen.« Sie sah auf den Monitorschirm. »Arbeitest du, oder was?«
    »Schachprobleme.« Er schüttelte den Kopf. »Ich hab' zuviel getrunken, um sie richtig zu lösen.« Er bückte sich und ließ den Stachel in seine Tasche fallen, dann schaltete er den Monitor aus. Torner langte über ihren Kopf und stellte den Strom der Luftdüse ein.
    »Da«, sagte sie und sah ihn an. Haare kräuselten sich über ihre Stirn. »Wind. Oder sowas Ähnliches.«
    Steward stand von seinem Sessel auf und legte sich neben Torner auf das schmale Bett. Eine starke Brise blies über sein Gesicht. Torners dunkle Augen waren ganz nah. »Wir können so tun, als ob wir am Strand wären, hm?« sagte sie. »Unten auf der Erde. Meinst du, das würde gehen?«
    »Spricht nichts dagegen«, sagte er. Sie beugte sich vor und küßte ihn. Sie machte die Augen nicht zu, und Steward auch nicht. Sie war ganz anders als Natalie, und Steward wußte nicht, ob er dafür dankbar sein sollte oder nicht. Aber die Erinnerungen kamen trotzdem, wie Schmetterlingsküsse … Sand, Ozean, Brise, Erde, ein Paar grüner Augen ganz

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