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Die Strafe des Seth

Die Strafe des Seth

Titel: Die Strafe des Seth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Dietrich
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Barke. Beklemmendes Zwielicht breitete sich auf der Erde aus. Erneut zuckten Blitze am tiefblauen Firmament. Donner grollte und wurde von den Mauern des Heiligtums hundertfach zurückgeworfen.
    Verängstigt richteten die Priester ihren Blick nach oben und flehten die Ewigwährenden um Gnade an.
    »Die Götter sind erbost über das, was im Innern ihres Tempels geschieht«, murmelte Netnebu und starrte mit versteinerter Miene zum Eingangspylon des Heiligtums.
    Plötzlich ertönte ein dumpfes Grollen. Dann begann die Erde zu beben.
    Zitternd vor Angst, beugten die Diener des Gottes Osiris die Rücken und pressten ihre Stirn auf den heißen Stein der Prozessionsstraße, die beiderseits von widderköpfigen Sphingen gesäumt wurde.
    Ein weiterer Erdstoß ließ den Tempel erzittern.
    »Die Götter strafen die Frevler, die es gewagt haben, die Maat zu missachten und Hand an das Heiligtum Seiner Majestät zu legen«, rief der Zweite Prophet mit lauter Stimme, um das Grollen des Donners zu übertönen. Er war der Einzige, der nicht auf den Knien lag. Er hatte sich erhoben und die Arme dem Himmel entgegengestreckt. »O Seth, Großer Gott, der du den Donner und das Unwetter beherrscht, setze wieder die Maat über das Chaos und bestrafe die Frevler!«
    Ein heftiger Stoß erschütterte die Erde. Die Mauern des Heiligtums ächzten und wankten.
    Netnebu verlor das Gleichgewicht und fiel auf die Knie. Entsetzt presste auch er die Stirn auf den gepflasterten Weg und betete und bat, dass die Götter seine Priester und ihn verschonen würden.
     
    * * *
     
    Der Pharao und die, die mit dem König zusammen in der Halle des Osiris waren, schrien angsterfüllt auf, als das Grollen des Donners im geheimen Teil des Tempels widerhallte. Es geschah genau in jenem Moment, als die Soldaten die erste Bodenplatte aus dem Verbund gelöst hatten und anheben wollten. Vor Schreck ließen sie sie wieder fallen.
    »Was soll das?«, brüllte Ramses-Sethherchepeschef erbost. Auch er war erschrocken zusammengezuckt, als völlig unerwartet das heftige Donnern an seine Ohren gedrungen war. »Weitermachen!«
    »Majestät ...«, wagte Ramose einzuwenden, dem das Ganze nicht ganz geheuer vorkam. Weiter kam er nicht.
    Die Erde begann zu beben. Ein Erdstoß folgte dem nächsten, dazwischen der Donner.
    »Die Götter zürnen«, schrie Ptahhotep entsetzt. Er wollte Richtung Ausgang fliehen, aber es war zu spät.
    Ein weiterer Erdstoß erschütterte das Heiligtum. Die Wände zitterten nicht mehr nur, die Steine begannen zu knacken und zu bersten. Tosend stürzte die Decke auf die Menschen herab, die sich in der Halle des Osiris befanden, und begrub sie unter sich. Die wunderschön dekorierten Säulen kippten, und die friedlich lächelnde Statue des Großen Gottes Osiris begann zu wanken und fiel ...
     
    * * *
     
    Mit vor Entsetzen weit aufgerissenen Augen sahen die Priester des Osiris, wie die Pylone in sich zusammenbrachen und die Außenmauern des Tempelkomplexes sich in Schutt und Staub verwandelten. Das dahinter befindliche Heiligtum war nur noch ein Haufen Steine.
    Genauso plötzlich, wie das Beben begonnen hatte, hörte es wieder auf. Res Barke sandte erneut ihre wärmenden Strahlen auf die Erde hinab. Kein einziger Blitz zerteilte das tiefblaue Firmament. Aller war friedlich wie zuvor.
    Wie durch ein Wunder war keinem der Priester etwas passiert. Ein Blick nach Osten zeigte zudem, dass auch der Osiris-Tempel und die anderen Heiligtümer keinerlei Schaden genommen hatten.
    »Den Göttern sei Dank!«, murmelte so mancher und küsste erleichtert den Boden.
    Als sich die Staubwolken vor den westlichen Bergen endlich hoben, erblickten Netnebu und die anderen einen gewaltigen Trümmerhaufen. Das, was noch kurz zuvor ein wundervoller Tempel der Millionen Jahre gewesen war, lag jetzt in Schutt vor ihnen.
    Die meisten Gottesdiener kauerten noch immer auf den Knien. Viele konnten die Tränen nicht zurückhalten. Sie waren dankbar, dass der Zorn der Götter ihr Leben verschont hatte. Sie waren aber auch zutiefst verstört, dass das Heiligtum von Osiris Ramses komplett zerstört worden war.
    »Wir müssen Seiner Majestät und den anderen helfen!«, wehte der Ruf eines niederen Priester über die Prozessionsstraße, die als Einziges noch von der Pracht des Millionenjahrtempels zeugte.
    Netnebu erhob sich und schüttelte den Kopf. »Für sie kommt jede Hilfe zu spät. Sie wurden von Seth gerichtet und sind tot.«
    Bestürzung machte sich auf den meisten Gesichtern

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