Die Strafe des Seth
weitere Granitstatuen des Königs den Zugang zum Innenhof flankierten.
Ramses fiel vor seinen eigenen Standbildern auf die Knie und verbrannte im Anschluss Weihrauch. Das königliche Gefolge drängte sich derweil im gebührenden Abstand zu ihm im Vorhof.
Eine weitere, leicht ansteigende Rampe führte zu einem von mächtigen Säulen getragenen Vordach, hinter dem sich der Zugang zum heiligen Bereich des Tempels befand, den nur Priester sowie der König, heute aber auch Isis und Hori betreten durften.
Der dahinter befindliche Innenhof wurde von Kolonnaden gesäumt. Auch hier stachen die prachtvoll dekorierten Säulen ins Auge, die im oberen Teil in einer geschlossenen Papyrusblüte endeten. Ramses’ Statuen begrenzten wiederum den nächsten Zugang, der zum Säulensaal mit seinen insgesamt sechsundfünfzig Pfeilern führte.
Mit staunenden Augen folgte Prinz Hori seinem königlichen Vater. Er konnte seine Begeisterung kaum verbergen. »Es ist so schön, dass es mir die Worte raubt«, raunte er ihm zu, als dieser stehen geblieben war, um sich den Säulensaal genauer zu betrachten. »Wenn ich einmal auf dem Thron der Beiden Länder sitze, werde ich ebenfalls einen solchen Tempel zum Ruhme der Götter errichten lassen«, fügte er euphorisch hinzu.
Ramses schenkte ihm einen verschmitzten Blick aus den Augenwinkeln. »Bis dahin, mein Sohn, werden hoffentlich noch ein paar Jahre vergehen.«
Errötend senkte Hori den Blick. »Verzeih, Majestät. Mögen die Götter dir tausend Mal tausend Sed-Feste schenken.«
Ramses schmunzelte und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf den Säulensaal, hinter dem sich die Halle der Götter mit ihren sieben Sanktuarien befand.
Er schritt weiter und betrat diesen Bereich. Linker Hand waren die Schreine der Gottheiten Seth, Horus und Osiris angeordnet, während sich auf der rechten Seite die der Götter Ptah, Thot und Amun-Re befanden. Gegenüber dem Eingang erhob sich das Heiligtum des königlichen Ka, von dem beiderseits Zugänge in die hintersten Teile des Tempels führten. Vor jedem Schrein stand ein Opfertisch aus in Gold gefasstem Silber. Die Wände waren mit getriebenen Blechen aus Gold und Silber verkleidet, in denen sich tausendfach das Licht der Lampen brach. Das Dach wurde von wuchtigen Säulen getragen, die von den Handwerkern aus Abydos wunderschön bearbeitet worden waren. Sie waren bunt bemalt und mit Einlagen aus Fayence und Glasfluss verziert.
Vor jedem der sieben Schreine verneigte sich Ramses und verrichtete die vorgeschriebenen Rituale. Die Priester verteilten derweil die Gaben, die die Götter erfreuen sollten, während Amunhotep und Meritusir der königlichen Familie zur Seite standen und ihnen die Räucherpfannen und Opfergaben reichten.
Anschließend begab sich Ramses zusammen mit Amunhotep und Meritusir in den geheimsten Teil seines Tempels der Millionen Jahre, der links von der Halle der Götter abging. Er wiederholte auch dort die heiligen Handlungen vor dem Schrein der Göttin Isis und der großen Granitstatue des Osiris, die etwas abseits aufgestellt worden war, bis sie nach Ramses’ Tod den Zugang zu seinem Haus für die Ewigkeit für immer verschließen würde.
Als Letztes betrat er sein fertig gestelltes Grab und war des Lobes voll.
»Ich bin zufrieden mit dem, was ihr beide geleistet habt«, hob er an und sah wohlwollend zu seinen beiden Priestern. »Genauso hatte ich es mir vorgestellt. Nun kann ich nur noch hoffen und beten, dass ich nach meinem Tode hier ungestört ruhen werde, bis mich die Götter zu sich holen, auf dass ich in die Barke des Re steigen kann.«
Amunhotep neigte den Kopf. »Danke, Majestät. Meine Gemahlin und ich haben alles getan, damit das geschehen wird. Nach deinem Ableben werden wir den Zugang verschließen und versiegeln. Niemand aus den Reihen deiner Priester wird es wagen, deine ewige Ruhe zu stören.«
»Und was wird sein, falls ihr beide vor mir zu den Göttern befohlen werdet?«
Meritusir und Amunhotep erschauerten leicht, doch der Hohepriester erwiderte: »Sollte das geschehen, Majestät, kannst du auf Netnebu vertrauen, der alles unternehmen wird, damit dein Westliches Haus vor Räubern sicher ist.«
»Wie viel weiß er darüber?«
»Wir sind unserer Schweigepflicht stets nachgekommen, doch inzwischen wird wohl jeder höhere Priester in Kemi wissen, was in Abydos geschehen ist. Ein solches Vorhaben kann man auf Dauer nicht verheimlichen. Doch es sind Priester, die über deine ewige Ruhe wachen. Keiner von
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