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Die Strafe des Seth

Die Strafe des Seth

Titel: Die Strafe des Seth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Dietrich
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breit.
    Der Zweite Prophet ignorierte es. Er klopfte sich den feinen Staub von seinem Schurz und ging, gefolgt von den höheren Priestern, zurück in den Tempel des Totengottes, um für Osiris Ramses, Hekaib, Meritusir, Amunhotep und Usirhotep zu beten.

ACHTUNDZWANZIG
     
     
     
     
     
     
     
    Der Vierte Prophet des Amun-Re erfuhr vom Hohepriester persönlich die Nachricht über das Ableben des Königs.
    »Majestät«, hob Nesamun an, und erstaunt sah Chaemwaset ihn an, »der Falke ist gen Himmel geflogen.«
    »Ramses-Sethherchepeschef ist tot?« Chaemwaset war sichtlich überrascht. »Wie ist das geschehen?«
    »Ja, er ist tot, Majestät, und mit ihm die Große Königliche Gemahlin, der Wesir, die Hohepriester des Ptah und des Re, der Zweite Prophet des Re sowie der Oberst seiner Leibwache und ein paar Getreue. Sie wurden unter den Trümmern des Tempels der Millionen Jahre deines Bruders begraben, als sie es wagten, die Halle des Osiris zu entweihen.« Nesamun holte Atem. »Dem Pharao war zu Ohren gekommen, dass wir meinen Sohn und meinen Enkel im geheimsten Teil zur letzten Ruhe gebettet haben. Er wollte sich ihrer Leiber bemächtigen, um sie zu zerstören.«
    »Und der Große Gott Seth hat den Tempel über ihnen zusammenbrechen lassen und die Sünder bestraft«, fügte Chaemwaset hinzu, der sich wieder gefasst hatte.
    »So sieht es zumindest aus, Majestät. Netnebu teilte mir mit, dass sich die Sonnenbarke verdunkelte, Blitze am Himmel zuckten und die Erde zu beben begann. Das gesamte Heiligtum von Osiris Ramses ist zerstört. Der Zweite Prophet hat befohlen, in den Trümmern nach den sterblichen Überresten des Königs und seines Gefolges zu suchen. Er erwartet deinen Befehl, Majestät, wohin er sie überführen lassen soll, damit die Priester des Anubis sich ihrer annehmen können.«
    »Sind sie es überhaupt wert, dass man ihre Leiber für die letzte Reise mumifiziert?«, wollte der Nomarch von Theben wissen und sah mit gerunzelter Stirn zu Nesamun. »Sagtest du nicht selbst, dass sie die Halle des Osiris entweihen wollten?«
    Verlegen senkte der Hohepriester den Blick. »Verzeih, Majestät. Es steht mir nicht zu, mir darüber ein Urteil zu erlauben.«
    »Ich werde darüber nachdenken und Netnebu meine Entscheidung wissen lassen.« Chaemwaset wollte gehen, doch Nesamun hielt ihn zurück.
    »Majestät, ich möchte dich noch um etwas bitten.« Er nahm die Rolle, die er schon die ganze Zeit in den Händen gehalten hatte, und reichte sie Chaemwaset.
    »Was ist das?«
    »Ich hatte dir vor einiger Zeit bereits gesagt, dass ich mein Amt niederzulegen gedenke. Damals hast du mich gebeten, dir zu helfen, die Maat wieder über das Chaos zu setzen. Nun ist das geschehen, was Seth dir in deinem Traum befahl. Ich bitte dich, Majestät, mich von meinen Aufgaben zu entbinden. Mein Bruder Amenophis ist ein würdevoller Nachfolger, wenn es Deiner Majestät beliebt, ihn als neuen Ersten Propheten des Amun-Re einzusetzen, doch bitte, lass mich gehen.«
    Nachdenklich betrachtete Chaemwaset die Schriftrolle. »Seth befahl mir, die Maat wieder über das Chaos zu setzen, Nesamun. Nun ist Ramses-Sethherchepeschef gerichtet, doch damit regiert noch lange nicht wieder die Maat in den Beiden Ländern.«
    »Ich weiß, Majestät, doch in meiner jetzigen Verfassung bin ich dir sicher keine große Hilfe.«
    Chaemwaset seufzte. »Ich werde auch darüber nachdenken und dich meine Entscheidung wissen lassen.«
    Nesamun verneigte sich und ließ den Prinzen in Gedanken versunken zurück.
    Sein Onkel, der Pharao, war tot und mit ihm all jene, die sich an seinem Bruder und der göttlichen Ordnung vergangen hatten, durchfuhr es Chaemwaset. Nun war Kemi erneut ohne Herrscher, doch dieses Mal würde er nicht zögern und den Thron der Beiden Länder besteigen.
    Er war sich nicht schlüssig, ob er die siebzigtägige Trauerzeit einhalten sollte oder nicht. In seinen Augen war sein Onkel ein Thronräuber gewesen, dem er sich nicht in den Weg gestellt hatte. Ramses-Sethherchepeschef hatte sich mit Verrat und List den Thron der Lebenden angeeignet, und seine obersten Beamten, allesamt wegen schwerwiegender Verbrechen zum Tode verurteilt und durch seinen Onkel nach dessen Machtübernahme begnadigt, hatten ihm dabei geholfen. Sie alle hatten die Maat mit Füßen getreten. Sollte er nun um sie trauern?
    »Nein!«, murmelte er vor sich hin.
    Er umfasste die Schriftrolle in seiner Hand mit festem Griff und eilte nach Hause, um seine Gemahlin über alles in

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