Die Strafe - The Memory Collector
Porsche fuhr und ein Haus mit Dienstmädchen, Koch, Wachhunden und Überwachungskameras auf den stacheldrahtgeschützten Mauern um seinen üppigen Garten hatte. Natürlich, er hatte gut verdient, einen Haufen Kohle im Vergleich zu dem, was ein Werkstofftechniker in den USA bekam. Bis der Chef den Stecker zog.
Das Boot beschleunigte in der dunstigen Luft. Über dem Wasser hing fett und rot die Sonne. Lesniak öffnete sein Castle Lager, legte den Kopf zurück und trank.
Das Bier war eiskalt. Ja, das hatte er sich verdient. Diese Erfrischung, diesen Deal. Die Flasche in seiner Tasche fühlte sich warm an.
Warum hatte der Chef das Projekt eingestellt? Darauf gab es nur eine sinnvolle Antwort: Er wollte sich damit eine goldene Nase verdienen. Scheiß auf die Angestellten, die dafür geschuftet hatten. Die konnte man rausschmeißen. Und die fetten Bonzen schoben die Kohle ein.
Genau, Alec Shepard hatte sich das Produkt und die Technologie unter den Nagel gerissen, um sie an irgendjemanden zu verhökern. So lief das eben bei den Reichen.
Der Fluss war riesig - gewunden, angeschwollen, fast einen Kilometer breit. Jetzt, während die Sonne immer tiefer sank, wirkte das Wasser fast violett. Er blickte auf die Uhr. Zehn Minuten bis zum Treffen.
Er war erst seit einem knappen Tag hier, nachdem er von
Jo’burg nach Lusaka geflogen und von dort mit dem Bus ins Touristenzentrum Livingstone gefahren war. Die Nacht hatte er in einer Fünfsternelodge am Fluss verbracht, ohne die angebotenen Freizeitaktivitäten zu beachten: Safaris, afrikanische Tanzdarbietungen, Wildwasserrafting unter den Victoriafällen. Er hatte nur in seinem klimatisierten Zimmer gesessen und sich auf dem Sportsender ESPN das Basketballspiel zwischen Kentucky und UCLA angeguckt. Bei geschlossenen Jalousien. Selbst fünfzehntausend Kilometer von Kalifornien entfernt, mitten im südlichen Afrika, konnte er die Paranoia nicht ablegen.
Wenn man bei einem Deal den Vermittler ausbooten will, hat man am besten Augen im Hinterkopf.
Seine Kontaktleute hatten diesen Ort aus zwei Gründen ausgewählt. Erstens waren der Livingstone- und der Mosi-oa-Tunya-Nationalpark voller europäischer Touristen, da fielen zwei weitere weiße Gesichter nicht auf. Zweitens war der Ort hervorragend geeignet, um etwas über die Grenze zu schmuggeln.
Er hatte es doch schon fast geschafft. Hatte die Flasche aus dem Labor und dann aus Südafrika herausgebracht. Fehlte nur noch die Übergabe. Und die durfte er auf keinen Fall vermasseln.
Plötzlich brach ihm der Schweiß aus. Er war massig gebaut, und die Hitze setzte ihm ziemlich zu. Er wischte sich mit dem Taschentuch über die Stirn und trank das Castle in einem Zug leer. Entspann dich. Wenn es so weit war, durfte er nicht aussehen wie halb durchgeknallt. Damit würde er sich nicht nur als Amateur präsentieren, sondern auch als leichtes Opfer.
Der Fluss kräuselte sich silbern im Wind. Er setzte das Fernglas an und suchte das südliche Ufer ab. Dort, vor dem Schilf, schaukelte ein Kanu im Wasser. Einheimische beim Angeln. Flussaufwärts ein Pontonboot auf einer abendlichen Sauftour mit sonnenverbrannten Holländern und Japanern. Reiche Leute, die wahrscheinlich im Victoria Falls Hotel drüben in Simbabwe wohnten. Das schöne, das gruslige Simbabwe, zerstört durch Gier und egoistische Grausamkeit. Kaputtgemacht durch - wie hieß es so schön? Intrigen.
Auch seine Zukunft wäre um ein Haar von Intrigen ruiniert worden. Er war schlau, das sagten alle. Jeden Morgen vor dem Spiegel hatte er sich eingehämmert: Du bist schlau, du bist wichtig. Das Projekt war wichtig. Es abzuwürgen war kriminell.
Aber nicht mit ihm. Die Arbeit der Firma durfte nicht einfach in einem schwarzen Loch verschwinden. Er würde dafür sorgen, dass sie in die Hände von Leuten gelangte, die etwas damit anfangen konnten. Seine Bezahlung war ein angemessenes Dankeschön für gute Dienste.
Und die Übergabe in einem zerstörten Land war die Gewähr dafür, dass niemand in der industrialisierten Welt etwas davon mitbekam.
Die Sonne glitzerte auf dem Wasser. Der Fluss schimmerte wie eine Quecksilberbahn, die sich durch die weite grüne Ebene ergoss. Was stand in dem Hotelprospekt? Wenn der Fluss Hochwasser führte so wie jetzt, rauschten jede Minute sechshundert Millionen Liter über die Victoriafälle. Unglaublich.
Lesniak zog noch ein Bier aus der Kühlbox. Er musste ruhig bleiben und zeigen, dass er den Mumm hatte, das hier
durchzuziehen. Als er das Bier
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