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Die Strasse der Oelsardinen

Titel: Die Strasse der Oelsardinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Steinbeck
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fing wieder von vorne an: »Er hat sicher gemeint, er ist eine Ratte.« Aber der Witz wirkte nicht mehr, nicht einmal auf ihn selbst.
Joey stand auf, die Hände in den Hosentaschen, die Augen zu Boden geschlagen, wobei er eine Kupfermünze entdeckte, die sich in den Rinnstein verirrt hatte. Er bückte sich danach, aber ehe er sie noch hatte, stieß ihn Willard zurück und nahm den Penny. »Ich hab' ihn zuerst gesehen, er gehört mir!« schrie Joey.
»Da hol ihn dir doch!« höhnte Willard. »Probier es doch mal, los, oder nimm Rattengift!«

27. Kapitel
    Mack und die Jungens - Glückseligkeiten und Schönheit und Tugenden. Sie saßen im Palace Hotel und waren der hingeschleuderte Stein, der seine Kreise im Wasser zog und seine Wellen entsandte zur Cannery Row und darüber hinaus nach Pacific Grove, nach Monterey und bis hinauf zum Carmel.
»Diesmal«, versicherte Mack, »muß er unter allen Umständen seine Party bekommen. Wenn er nicht dabei ist, findet die Feier nicht statt.«
»Wo soll sie sein?« fragte Jones.
Mack kippte seinen Stuhl gegen die Wand und schlang die Füße um seine Vorderbeine. »Darüber hab' ich schon nachgedacht. Wir könnten sie ihm natürlich hier geben, aber wie soll es dann eine Überraschung werden? Er ist auch lieber bei sich zu Hause; da hat er seine Musik.« Er rollte die Augen. »Wenn ich bloß wüßte, wer ihm letztes Mal den Plattenspieler kaputtgemacht hat!« drohte er. »Aber das kann ich euch sagen: Wenn ich sehe, daß einer den Apparat auch nur mit einem Finger berührt, hau' ich ihn zu Birnenmus!«
»Ich bin dafür«, kam Hughie zur Sache, »wir geben die Party bei Doc.«
Es wurden keinerlei Nachrichten über die Feier lanciert, aber ganz Cannery Row wußte Bescheid. Keine Einladungen ergingen, und doch würde niemand fehlen. In aller Bewußtsein war der 27. Oktober rot angestrichen, und da es eine Geburtstagsfeier sein sollte, dachten alle über Geburtstagsgeschenke nach.
Da waren zunächst Doras Mädchen. Alle waren sie schon im Western Laboratory gewesen, sei es, um einen Rat, eine Arznei oder eine freundliche Aussprache dort zu finden. Bei dieser Gelegenheit war ihnen aufgefallen, daß auf dem Bett nur eine strapazierte, zerschlissene Decke voll Flecken, Sand, Haaren, Spelzen und Grannen lag, was daher kam, daß Doc sie oft auf Streifzüge mitnahm. Eine neue zu kaufen, kam ihm nicht in den Sinn, denn wenn Geld einging, kaufte er dafür immer wieder Geräte für sein Labor oder neue Platten. Und nun wollten ihm Doras Mädchen aus lauter einzelnen Seidenresten eine neue wunderbare Steppdecke nähen. Da diese Seidenlappen teils von ihrer Unterwäsche, teils aus verschiedenen Morgen- und Abendgewändern herrührten, schillerte das Geburtstagsgeschenk in den verlockendsten Nuancen von Kirschrot, Mauve, Orchidee, Sand-, Sonne- und Fleischfarbe, und die fleißigen Mädchen arbeiteten daran am späten Vor- und frühen Nachmittag, bis die Matrosen und Fischer der Sardinenflotte hereinbrachen. Über ihrem Gemeinschaftswerk schwand alles Gezänk, alles Getratsch, wie es in einem Freudenhause sonst gang und gäbe ist.
Da war ferner Lee Chong. Der wählte aus seinen Beständen eine fünfundzwanzig Fuß lange Feuerwerksschnur und einen Sack chinesische Lilienzwiebeln. Er war überzeugt, etwas Feineres werde kein Gast als Geburtstagsgabe mitbringen können.
Sam Malloy hatte seine eigene Theorie über Antiquitäten. Er wußte: alte Möbel, Glas und Töpfe, die man zu ihrer Zeit für wertlos gehalten hatte, wurden später in einem Maße begehrt und teuer bezahlt, das in keinerlei Verhältnis zu ihrer Schönheit oder Nützlichkeit stand. Er kannte zum Beispiel einen Sessel, der es auf seine alten Tage noch bis zu fünfhundert Dollar gebracht hatte. Darum hatte sich Sam auf das Sammeln von Bestandteilen antiker Automobile verlegt und war fest davon überzeugt, seine Sammlung werde eines Tages, nachdem er daran ein Vermögen verdient, in einem der größten Museen auf schwarzen Velourskissen ruhen. Das Problem des Geburtstagsgeschenks hatte er gründlich durchdacht, sich hierauf zu seinen Schätzen begeben, die er hinter dem Wohnkessel in einer Kiste verschlossen hielt, und der Sammlung ein Prachtstück entnommen: Pleuelstange und Kolben eines Chalmers aus dem Jahr 1916! Er rieb sie blank, daß sie wie Alabaster glänzte, verfertigte eine Schachtel in passender Größe und überzog sie mit schwarzem Stoff.
Mack und die Jungens kamen nach mancherlei Kopfzerbrechen darauf, daß Doc die

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