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Die Strasse der Oelsardinen

Titel: Die Strasse der Oelsardinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Steinbeck
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fragte Eddie.
»Aber natürlich! Alles wieder in schönster Ordnung.«
Mack traf Doc im rückwärtigen Teil seines Laboratoriums zu ebener Erde. Er trug eine lange Gummischürze, an den Händen Gummihandschuhe zum Schutz gegen Methanol und war gerade dabei, in Arterien und Venen von kleinen Katzenhaien Farbstoffe zu spritzen. Die blaue Masse befand sich noch in der elektrischen Kugelmühle zum Mischen, die rote bereits in der Spritze. Genau, rasch und sicher führten Docs zarte Hände die Nadel an der richtigen Stelle ein und spritzten den Farbstoff in die Blutgefäße. Die präparierten Objekte legte er sauber nebeneinander, um sie für die blaue Einspritzung gleich bei der Hand zu haben. Kleine Haifische eignen sich gut zu anatomischen Präparaten.
»Na, Doc«, begann Mack, »viel zu tun?«
»Bin zufrieden. Wie geht's dem Hündchen?«
»Famos. Aber ohne dich wäre es tot.«
Komplimente pflegten Doc mißtrauisch zu machen, besonders bei Mack; er kannte ihn zu genau. Vorsicht! wallte es in ihm auf, ebbte jedoch sogleich wieder ab, denn aus Macks Ton klang nichts als reinste Dankbarkeit. Auch wußte Doc, wie sehr der Bursche an Darling hing. »Wie geht es oben bei euch im Palace?«
»Fein, Doc, fein! Wir haben zwei neue Stühle; die solltest du dir einmal ansehen kommen! Es ist jetzt bei uns wirklich nett.«
»Gern«, nahm Doc die Aufforderung an. »Bringt Eddie noch immer den Krug?«
»Gewiß. Er schüttet aber kein Bier mehr hinein; seitdem schmeckt der Stoff bedeutend besser; er ist auch viel kräftiger!«
»Er war vorher schon kräftig genug«, fand Doc.
Mack wartete geduldig. Doc sollte den Gegenstand, auf den es ankam, selber von ungefähr streifen; dann konnte er keinen Verdacht schöpfen. Das war Macks Methode.
»Ich habe Hazel schon lange nicht mehr gesehen. Fehlt ihm etwas?«
»Nein«, sagte Mack. Nun konnte er loslegen. »Hazel ist soweit in Ordnung, bloß daß Hughie und er sich immerzu in den Haaren liegen; das geht jetzt schon seit einer Woche«, grinste er überlegen, »es ist zum Totlachen, sie streiten sich über etwas, wovon sie beide nicht die Bohne verstehen. Ich misch' mich nicht ein, weil ich auch nichts davon verstehe, aber die zwei sind rein verrückt. Wie die aufeinander loshacken!«
»Worum handelt es sich denn?«
»Ach, um - Hazel kauft doch immerzu solche - wie sagt man nur? Glückskarten, weißt du, mit Sternen und Schicksal und Glücksdatum, und Hughie behauptet, das ist alles Mist, und dann schreit Hazel: Hughie, du mußt bloß wissen, wann einer geboren ist, dann weißt du alles , und Hughie schreit: Quatsch, die wollen dir bloß für dein sauer verdientes Geld die Glückskarten aufhängen. Ich versteh' ja nichts von dem Zeug, hältst du was davon, Doc?«
»Ich bin auf Hughies Seite«, antwortete dieser, hielt die Kugelmühle an, wusch das Rot aus der Farbspritze und füllte sie mit Blau.
»Gestern abend«, fuhr Mack fort, »sind sie wie die Wilden aufeinander los, und dann wollten sie es an mir probieren, wer recht hat. Wann ich Geburtstag hätte, wollten sie wissen. Am 12. April. Kaum habe ich das gesagt, da rennt Hazel los und kauft für sein gutes Geld so eine Schicksalstabelle oder wie man es nennt. Na, ich muß sagen: ungefähr hat's gestimmt. Aber das ist weiter kein Kunststück, es stand lauter Gutes über mich drin, und von sich selbst glaubt man das Gute natürlich gern. Da stand, ich wär' tapfer und wäre gerissen und ein guter Freund! Aber Hazel behauptete: da stimmt jedes Wort; das Kärtchen hat recht, und er hat recht. Wann hast du zum Beispiel Geburtstag?«
Das kam ganz natürlich heraus; es ergab sich so zwanglos aus dem Zusammenhang, daß kein Mensch etwas dabei hätte finden können. Aber Doc kannte, wie gesagt, Mack zu genau. Sonst hätte er jetzt »Am 18. Dezember« geantwortet, was sein Geburtstag war, und nicht den 27. Oktober genannt, an dem nicht einmal eine Tante von ihm geboren war. »Am 27. Oktober«, antwortete er, »du kannst ja Hazel fragen, wie dann mein Charakter sein muß und meine Zukunft.«
»Ist ja wahrscheinlich alles Unsinn«, winkte Mack ab, »aber Hazel nimmt alles für bare Münze. Na, lassen wir ihm sein Vergnügen; er kann ja nachsehen, was über dich drinsteht!«
Was mag da nur dahinterstecken? fragte sich Doc, als Mack draußen war. Eine Absicht bestimmt! Er kannte Macks Technik, Methode und Stil. Aber zu welchem Zweck brauchte der Bursche die Information?
Erst viel später, als um ihn herum ein Getuschel begann, reimte sich Doc die

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