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Die Strasse der Oelsardinen

Titel: Die Strasse der Oelsardinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Steinbeck
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Verschluß nehmen müsse. Er ahnte, die Party werde ihm teuer zu stehen kommen.
Am folgenden Morgen begann er mit seinen Geburtstagsvorbereitungen. Vor allen Dingen trug er seine wertvollsten Platten und alle zerbrechlichen Instrumente in ein gut verschließbares Hinterzimmer. Da er den Appetit und den Durst seiner Gäste kannte und sich schon dachte, keiner werde etwas zu essen mitbringen, und auch annahm, der Vorrat an mitgebrachten Getränken werde bald erschöpft sein, begab er sich auf den Wochenmarkt, wo er nach Rücksprache mit einem kundigen, mitfühlenden Metzger fünfzehn Pfund Steaks, zehn Pfund Tomaten, zwölf Köpfe Salat, sechs Laib Brot, eine große Büchse Nußbutter, ein Kilo Erdbeergelee, zwanzig Liter Wein und vier Liter Whisky mittlerer Güte zum 27. Oktober bestellte. Noch zwei solche Partys, sagte er sich, und mein Western Laboratory kommt unter den Hammer! Zum kommenden Ersten drohten schon Schwierigkeiten mit seiner Bank!
Inzwischen ging das Pläneschmieden in der Row in einem rasenden Krescendo weiter. Wie Doc richtig vermutet hatte, dachte kein Mensch ans Essen, sondern alle an Alkohol. Die Liste der Geschenke wurde immer länger und die der Einladungen glich fast einem Einwohnerverzeichnis. Die Mädchen der Flotten Flagge diskutierten ununterbrochen die Kleiderfrage. Da sie nicht zu arbeiten gedachten, kamen die blendenden Abendkleider, die ihre Dienstkleidung darstellten, nicht in Frage. Nach endlosem Hin und Her entschied man sich für einfaches Straßenkostüm. Da Dora darauf bestand, daß ein Grundstock von Damen zur Bedienung der Stammgäste zu Hause zu bleiben habe, wurde eine Art Fahrplan entworfen, der pünktliche schichtweise Ablösung des jeweiligen Arbeitskommandos vorsah. Jene, die als erste Schicht die Party besuchen durften, wurden durch das Los bestimmt. Sie hatten den Vorzug, sehen zu können, was für ein Gesicht Doc bei Überreichung der vielfarbigen Steppdecke machen werde. Das Wunderwerk war im Eßzimmer in einen Rahmen gespannt und beinahe fertig. Mrs. Malloy hatte ihre Bettdecke für einige Zeit beiseite gelegt und statt dessen für Docs Biergläser ein halbes Dutzend Untersätzchen gehäkelt.
Die erste Erregung in der Row war einer verhaltenen Spannung gewichen. Im Palace Hotel und Grillroom hausten schon fünfzehn Kater im Käfig. Ihr Gejaule bei Nacht machte Darling ein wenig nervös.

28. Kapitel
    Es war unausbleiblich, daß auch der kleine Frankie von der Party vernahm. Denn Frankie wehte wie ein Wölkchen bald da-, bald dorthin, und wo ein Grüpplein tuschelnd beisammenstand, trieb es ihn in die Nähe. Niemand beachtete ihn; man schien ihn gar nicht zu sehen. Horchte Frankie? Wohl kaum. Aber er hörte etwas von einer Party und von Geschenken. In ihm schwoll und quoll ein krankhaftes Suchen und Sehnen nach Selbsterfüllung.
Im Schaufenster von Jacobs Juweliergeschäft stand der herrlichste Ladenhüter, den die Welt je gesehen: eine dunkle Onyxuhr mit goldenem Zifferblatt, aber die eigentliche Herrlichkeit war obenauf der Sankt Georg, der Drachentöter! Der Drache lag mit aufwärtsgereckten Klauen rücklings da; in seiner Brust stak Sankt Georgs Speer. Der Heilige selbst ritt mit offenem Visier in voller Rüstung auf einem dicken Gaul mit breitem Hinterteil.
Der Speer nagelte den Drachen am Boden fest. Doch das höchste Wunder schien Frankie nicht dies, sondern der Umstand, daß der heilige Kämpe einen Spitzbart trug und Doc ähnlich sah.
Mehrmals in der Woche trieb es den Knaben zur Alvarado Street, wo er sich vor das Schaufenster stellte und die Herrlichkeiten betrachtete. Er kannte sie schon seit einigen Monaten.
Doch seit er von der Party und den Geschenken gehört hatte, träumte er von ihrer Pracht, und im Traum glitt seine Hand über die sanfte, saftige Bronze.
Eine geschlagene Stunde stand Frankie vor der Auslage, ehe er eintrat.
»Und du?« fragte Mr. Jacob. Der flüchtige Blick, den er auf den Jungen geworfen, hatte ihm genug gesagt. Auf keinen Vierteldollar schätzte er ihn.
»Was kost't das?« fragte Frankie heiser.
»Was?«
»Das.«
»Die Uhr? Allein kostet sie fünfzig Dollar, mit Aufbau siebzig.«
Wortlos verließ Frankie den Laden, trollte hinunter zum Strand und kroch unter ein umgestülptes Ruderboot. Sein Blick ging über die kleinen Schaumwellen, aus denen die bronzene Schönheit emporzusteigen schien. So stark lebte sie in ihm.
Und es überkam ihn wie Raserei, er müsse die Schönheit besitzen. In seinen Augen war Todesverachtung und Wut.
Den

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