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Die Strasse des Horus

Die Strasse des Horus

Titel: Die Strasse des Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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bereit, für die Treue jedes Mannes, den ich ausgewählt habe, die Hand ins Feuer zu legen.«
    »Wirklich?«, verwunderte er sich. »Dann musst du außerordentlich gründlich geprüft haben und sehr überzeugt von deiner Arbeit sein.« Er raschelte mit dem Papyrus, und seine Miene heiterte sich auf. »Wie ich sehe, hast du nicht nur eine Liste von Namen aufgestellt, sondern auch aufgeschrieben, wer sich am besten für welche Nomarche eignet. Ich kenne nur wenige davon.« Er war sichtlich erleichtert und machte sich kaum die Mühe, die Liste zu überfliegen. »Ehrlich gesagt, mir fällt ein Stein vom Herzen, wenn sie erst allesamt vor Ort sind und mir regelmäßig Bericht erstatten. Vermutlich hast du mit Mutter auch dafür schon gesorgt?«
    »Natürlich«, sagte sie prompt. »Ich habe neue Herolde eingestellt, die nur auf deinen Befehl warten, diese Männer nach Waset einzubestellen, damit sie dir Treue schwören, ehe sie sich auf ihre Posten verteilen.« Sie zögerte. »Ahmose, vielleicht wäre es von Vorteil, wenn wir uns einen Titel für sie ausdenken würden. Nach außen hin sind sie Berater des Nomarchen und Fürsten, aber möglicherweise ist es ihnen zuwider, dass sie kaum mehr als Spitzel sind. Schließlich habe ich sie wegen ihrer Ehrlichkeit und Verlässlichkeit ausgesucht.«
    »Ich habe dir schon vor Monaten gesagt, dass sich in meiner Regierungszeit der Kopf eines Edelmannes nie wieder höher erheben darf, als ich bestimme«, sagte er, »und dass ich sie gern mit Titeln überhäufe. Titel bedeuten gar nichts, es sei denn, man hat dazu auch Macht, und die bekommen sie von mir nicht! Darum bin ich deiner Meinung.« Er blickte zur Decke. »Wie sollen wir sie nennen? Lass sehen. Wie wäre es mit ›Herold seines Gebieters und des Amun-sohnes‹? Der Beiname ›Herold‹ nimmt ihren Berichten an mich den Beigeschmack der Heimlichkeit, zumindest für sie, und ›Amun-sohn‹ sorgt dafür, dass sie nur mir allein verantwortlich sind. Ja?«
    »Du bist ein schlauer und verschlagener Gott!«, sagte sie lachend. »Ja, du hast gut gewählt. Bekommen sie denn überhaupt keine Macht, Ahmose?«
    »Von Befehlsgewalt reden wir erst, wenn sie vor mir knien«, antwortete er nachdenklich. »Aber ich bin gewillt, ihnen jede Nomarche zu übertragen, deren Nomarch Misswirtschaft treibt oder zum Aufruhr anstiftet.«
    »Mit Ausnahme von Ramose natürlich«, stellte sie klar. »Dem hast du die Nomarche Un und völlige Herrschaft über Chemmenu, Neferusi, Hor und Daschlut gegeben. Ihm habe ich keinen zweiten Mann zugeteilt.«
    »Nein. Ramose muss ich nicht überwachen. Dem vertraue ich wirklich.«
    »Du wirst unvorsichtig«, meinte sie.
    »Nicht ganz«, sagte er. »Bisweilen träume ich von dem Aufstand der Fürsten. Ich war ja bewusstlos und verwundet und habe nichts mitbekommen, weder deine Tapferkeit noch die unserer Mutter bei der Niederschlagung, aber der Albtraum sucht mich dennoch heim. Ich möchte kein Messer in den Rücken bekommen, wenn ich es am wenigsten erwarte. Und ich möchte auch nicht während meiner ganzen Regierungszeit mit meinen Divisionen durchs Land ziehen und Aufstände niederschlagen.«
    »Es ist nicht mehr wirklich Misstrauen, nicht wahr?« Ihre Blicke kreuzten sich, und er las in ihrem Zuneigung.
    »Nein«, sagte er schlicht. »Du hast das Vertrauen, das ich in dich, meine liebste Schwester, gesetzt hatte, völlig gerechtfertigt, und das hat mich ermutigt, Vertrauen in die Männer zu setzen, die du während meiner Abwesenheit um dich geschart hast.«
    »Danke, Ahmose«, sagte sie gerührt. »Das habe ich hören wollen. Dann bist du also nicht mehr eifersüchtig?« Er suchte nach Humor in ihrer Miene, hätte ihn gern gesehen, doch sie meinte es vollkommen ernst, und er musste ihr gleichermaßen ehrlich antworten. Sie hatten miteinander geredet wie früher, als sie ihre Beschlüsse noch in völliger Übereinstimmung getroffen hatten.
    »Manchmal überkommt es mich noch, wenn ich mich ärgere«, gestand er. »Aber ich liebe dich, Aahmes-nofretari. Ich liebe dich wie in früheren Zeiten.« Ihm wurde unbehaglich zumute, als er die Tränen in ihren Augen sah.
    »Ich liebe dich auch, mein Bruder«, sagte sie. Ahmose erhob sich.
    »Von Mutter und Großmutter sind längere Zeit keine Rollen gekommen«, meinte er. Gehorsam war auch Aahmes-nofretari aufgestanden, doch dann hob sie abrupt und unerwartet die Arme, reckte sich langsam, gähnte und entblößte dabei ihre lange, goldumschlungene Kehle. Das war so

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