Die Strasse des Horus
katzenartig, dass Ahmose staunte, aber noch mehr staunte er, dass es ihn geschlechtlich erregte.
»Gewiss sind sie wohlbehalten und bei guter Gesundheit«, antwortete sie. »In ihrem letzten Brief hat Mutter geschrieben, dass das Grabmal ihrer Vorfahrin in Djeb tatsächlich ausgebessert werden muss. Sie wohnen in einem Haus am Fluss und genießen vermutlich den langsamen Gang des Lebens im Süden.« Er kam um den Tisch herum und ließ die Hand unter ihr Haar gleiten. Ihr Nacken war heiß.
»Ich überlasse es dir, die Männer auf der Liste herzubestellen«, murmelte er. »Komm, wir gehen unterdessen in meine Gemächer, Aahmes-nofretari, oder deine, einerlei. Du hast mir im Bett gefehlt. Ich möchte dich lieben.« Mit dieser nackten Bitte hatte er ziemlich viel von seinem Stolz hinuntergeschluckt und wartete jetzt ängstlich auf ihre Reaktion. Sie rührte sich nicht. Er wollte die Hand schon verlegen zurückziehen, da drehte sie sich zu ihm um, und er las erst Argwohn, dann Freude auf ihrer Miene. Ja, dieses Mal bin ich ganz bei dir, sagte er stumm.
»Zu Befehl, Majestät«, flüsterte sie. »Und du, Chunes, kannst den Brief entwerfen, der den vom König gebilligten Männern gebracht werden soll. Ich sehe ihn mir später an.«
Es war der Beginn einer Art Versöhnung, die mit vielen Rückschlägen und Verletzungen verbunden war, denn schließlich musste sich jeder mit den Veränderungen abfinden, die beim anderen stattgefunden hatten. Dabei kamen ihnen die vielschichtige, aber feste Routine des Hoflebens und Aahmes-nofretaris Schwangerschaft zu Hilfe.
Anfang Choiak, gleich nach dem Hathor-Fest, als der Fluss beinahe den Höchststand erreicht hatte und die Luft nicht mehr ganz so brennend heiß war, traf Ahmose Abana ein. Er ging in den Garten, wo Ahmose und seine Frau den Sonnenuntergang genossen. Pa-sche und Ahmose-onch waren auch zugegen. Auf Aahmes-nofretaris klein gewordenem Schoß lagen Tonscherben, denn der Junge hatte ihr stolz die Lektionen gezeigt, die er darauf geschrieben hatte. Ahmose sah beiden erfreut zu. Sie saßen im matten, roten, rasch nachlassenden Licht, und ihre Stimmen, die sanfte seiner Frau und die helle seines Sohnes, hallten ganz eigenartig, wie es oft beim letzten Anblick von Res Scheibe war.
Da löste sich ein Herold aus dem Dämmer und hinter ihm eine andere Gestalt, die sich verbeugte. »Admiral Ahmose Abana, Majestät«, verkündete Ersterer.
»Was?« Ahmose winkte ihn beiseite. »Abana, was tust du hier? Es ist knapp sechs Wochen her, dass du von Necheb ins Delta zurückgekehrt bist. Du siehst furchtbar aus. Achtoi, sorge für Essen und Wein.«
Der junge Mann trat näher und verbeugte sich, der Rücken krumm und die sonst so belebten Züge hölzern, und da bekam es Ahmose mit der Angst zu tun. Die Fürstenmauer ist vom Feind zurückerobert worden, rasten seine Gedanken. Die Setius haben weitere Soldaten bekommen, und die strömen in diesem Augenblick auf der Horusstraße ins Delta. Die Tore von Auaris haben sich geöffnet, mein Heer hat nicht standhalten können, und Apophis marschiert auf Waset. Er holte tief Luft und schnipste mit den Fingern. »Ahmose-onch, Zeit, ins Bett zu gehen«, sagte er. »Keine Widerworte. Sammele deine Scherben ein und tu sie in den Beutel. Gib mir und deiner Mutter einen Kuss.« Ahmose-onch gehorchte schmollend, was er aber gut verbarg.
Ahmose gab sich einen Ruck und blickte sich um. »Ipi, du bleibst«, befahl er. Hekayib entzündete Lampe für Lampe. Ahmose sah zu, wie Abanas Züge im Lampenschein immer deutlicher wurden. Der Mann sah wirklich erschöpft aus, die Augen halb zugeschwollen, die Schultern gebeugt. Hekayib war fertig, verbeugte sich und verschwand in der zunehmenden Dunkelheit.
Ahmose winkte dem Admiral. »Setz dich lieber, ehe du umfällst, Abana«, sagte er. »Bist du allein? Wieso bist du nicht mit der Strahlen in Mennofer gekommen?« Abana sank auf die Matte und seufzte erleichtert.
»Ich bin allein in dem leichtesten Boot gekommen, das ich finden konnte, Majestät«, antwortete er heiser. »Ich musste schnell sein. Es war ein Fehler, keine Hilfe mitzunehmen, denn ich musste bei höchstem Wasserstand gegen den Winterwind anrudern, aber ich wollte dir die Nachricht persönlich überbringen, ehe sie sich in Waset herumspricht. Gegen die Überschwemmung, das ist auch im Boot keine leichte Arbeit.«
Ruhe, Ahmose, sagte sich der König. Wie kommst du darauf, dass es schlechte Nachrichten sind? Wie können sie schlecht sein, wenn meine
Weitere Kostenlose Bücher