Die Strasse des Horus
»Aber ich dachte, du möchtest auch wissen, wie wir mit unseren Handelsverträgen vorankommen. Du hast die Gesandten von Keftiu, Asi, Mitanni und sogar ein paar fremdländische und ungehobelte Männer aus Kusch offiziell empfangen.« Ahmose beugte sich interessiert vor.
»Welche Verträge hast du abgeschlossen?«, erkundigte er sich. Sie blätterte den Stapel hellgelber Papyri durch.
»Zunächst natürlich die mit den Keftius. Sie werden uns Bronze, Mohn und Farben im Austausch für Leinen und Papyrus liefern. Sie haben noch andere Dinge, Vasen, Becher und so fort, aber derlei Luxuswaren brauchen wir noch nicht.« Sie reichte Chunes ein Blatt hinunter. »Aus Asi bekommen wir Rohsilber, nicht viel, denn es ist selten. Dafür liefern wir ihnen Leinen, Papyrus und Getreide.« Ein weiteres Blatt wanderte zu Chunes. Ahmose hörte es rascheln, obwohl er den jungen Mann nicht sehen konnte. »Mitanni macht Schwierigkeiten. Es ist weit im Osten hinter Rethennu gelegen, und sein Gesandter weiß nicht recht, ob er in Waset bleiben und sich dieser tiefsten Provinz widmen soll.« Sie lächelte. »Aber mit ihm sind mehrere Kaufleute gekommen, und um die kümmert sich Nofreperet. Kaufleute wollen Gewinn machen, und diese Männer wittern künftigen Reichtum. Sie werden uns Gewürze, kostbare Hölzer, Rotgold und Dolchklingen aus Eisen verschaffen, alles, was wir hier in Ägypten weder herstellen noch anpflanzen können. Aber dafür wollen sie Getreide und Gold haben.«
»Die Speicher sind voll, also ist Getreide kein Problem«, warf Ahmose ein. »Aber aus Kusch und Wawat kommt noch nicht regelmäßig Gold. Wie willst du bezahlen?« Sie hielt einen Finger hoch.
»Ich habe mir die Mühe gemacht, den Männern aus Kusch eine Audienz zu gewähren. Sie sind von ihren Stämmen im Süden nach Waset gekommen und wollen Zusicherungen, dass du sie in Ruhe lässt. Sie fürchten Teti-en und den Stämmebund, aus dem sein kleines Königreich besteht, und sie fürchten dich. Ich habe ihnen gesagt, solange sie uns Gold liefern, versuchen wir, sie vor dem Schönen Teti-en zu schützen, falls sich der entschließen sollte, seinen Einflussbereich auszuweiten.«
»Ach wirklich!«, rutschte es Ahmose heraus. »Dann soll ich also Truppen für Kusch bereitstellen, wann immer sich diese Höhlenbewohner einbilden, dass ihr jämmerliches Leben in Gefahr ist? Hast du dafür gesorgt, dass sich die Mühe lohnt?«
»Ich glaube schon«, erwiderte sie kühl und ungerührt von seinem Ausbruch. »Kusch hält die Goldbergwerke in Schuss und schickt uns außerdem Elfenbein, Ebenholz, Weihrauch, Lapislazuli und exotische Tierfelle.«
»Aha!« Ahmose nickte. »Sehr gut. Eine Menge im Austausch für nichts weiter als das Versprechen, Schutz zu geben. Hoffen wir, dass sich Teti-en mit der sonderbaren Ansammlung von Dörfern zufrieden gibt, die er sein Königreich nennt. Ich wundere mich, dass er keine Abgesandten zu uns geschickt hat, nachdem sein so genannter Bruder Apophis jetzt machtlos ist.« Er seufzte. »Aber, Aahmes-nofretari, ich brauche Zedern aus Rethennu als Masten für meine Schiffe. Wann fällt Auaris?«
Ganz kurz herrschte Schweigen, seine Frau blickte ihn an und wölbte die dunklen Brauen. Sie wartet auf ein Kompliment, ging ihm jählings auf. Sie hat mir zuliebe eine Menge zuwege gebracht, und ich hocke da wie ein selbstsüchtiger Dummkopf. »Ich staune über deine Tüchtigkeit und wie viel Erfolg du mit deinen Bemühungen hast«, sagte er schließlich. »Hoffentlich tragen alle Übereinkünfte Frucht. Was ist jetzt mit der Namensliste?« Sie nickte, als befriedigten sie seine Worte, und dieses Mal las sie nicht aus dem Papyrus vor, sondern schob ihn über den Tisch.
»Um Handelsverträge zu feilschen, ist nichts, verglichen mit den Monaten, die ich über dieser Aufstellung verbracht habe«, sagte sie schroff. »Ich habe die Archive im Haus des Lebens hier in Waset eingesehen und die Abstammung geeigneter Männer überprüft. Nachdem Chunes in meine Dienste getreten war, habe ich ihn in jedes Haus des Lebens geschickt, von Chemmenu bis Swenet im Süden. Nach seiner Rückkehr sind wir alles durchgegangen: Alter, Familiengeschichte und Verbindungen, Begabungen, Erfolg oder Misserfolg im Umgang mit den eigenen Aufsehern und Bauern, Verhalten zur Zeit unseres Vaters und während Kamoses Aufstand.« Sie deutete mit dem Kinn auf die Liste. »Was ich an Urteilsfähigkeit und Einfühlungsgabe habe, ist in der Liste da enthalten«, sagte sie. »Ich bin
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