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Die Strasse des Horus

Die Strasse des Horus

Titel: Die Strasse des Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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»Aber sowie ich den Heiratsvertrag unterzeichnet hatte, ist Apophis rechtmäßiger König von Ägypten geworden. Falls du ihm die vollen Ehren verweigerst, die einem solchen König gebühren, stellst du deine eigene Rechtmäßigkeit in Frage.« Ahmose lehnte sich zurück. Ihm war auf einmal sehr kalt.
    »Du Hure«, flüsterte er. »Deine Folgerungen sind irgendwie schlüssig, aber sie sind schlecht, abartig.«
    Sie verzog das Gesicht, weinte jedoch nicht. »Ich würde alles tun, nur damit sein Ka nicht ausgelöscht wird«, sagte sie heftig. »Er ist ein guter Mensch, Ahmose. Ein gütiger Mensch. Falls die Setius ihn bestatten, können unsere Götter ihn nicht erkennen oder anerkennen, und das ertrage ich nicht! Ich will, dass er zu Osiris kommt und in alle Ewigkeit friedlich unter der Sykomore sitzt! Dieser Wunsch macht mich rücksichtslos!«
    Ganz kurz musste er sie bewundern. Sie mag zwar eine Setiu geworden sein, aber dennoch fließt das Blut ihrer störrischen Großmutter in ihren Adern, dachte er. Und sie hat Recht. Wenn ich Apophis irgendwo auf einen Misthaufen werfe, leugne ich ihren Prinzessinnentitel und meine Gottheit. Sei verflucht, Tani!
    »Er kann nicht einbalsamiert werden«, erinnerte er sie schroff. »Hier gibt es kein Haus des Todes, keine Sem-Priester, nicht genug Natron zum Aufbewahren. Er verfault doch bei lebendigem Leib, und wenn er gestorben ist, wird er schnell verwesen.«
    Sie antwortete ihm beflissen, witterte offensichtlich Sieg. »Er kann in Sand gepackt und rasch nach Auaris geschafft werden«, drängte sie. »Dort gibt es ein Haus des Todes für die Ägypter, die innerhalb der Mauern gelebt haben. Gewiss sind die Sem-Priester noch da! Die schaffen das, und dann könnte ich ihn vor Auaris in dem Grabmal seiner Vorfahren bestatten.«
    Die Ironie entging Ahmose nicht. Einsilbig schenkte er sich Wein nach.
    »Angenommen, ich willige in diese … Posse ein«, sagte er. »Ich erlaube dir, mit ihm zu reisen, aber seiner übrigen Familie nicht. Setiu-Prinzen dürfen sich nie wieder frei in Ägypten bewegen.«
    Sie trank, drehte den Becher in den Händen und hob ihn hoch, dass er wie ein Schutzschild wirkte. »Es ist mir einerlei, ob sie hier bleiben«, sagte sie hölzern. »Es geht mir nur um Apophis. Seine Familie hat mich nie wirklich aufgenommen. Seine Hauptfrau war eifersüchtig, und seine Söhne haben ihre Verachtung kaum verhehlt. Jetzt haben sie mich ganz und gar verstoßen, weil ich mich so tief erniedrigt habe, dich um Hilfe zu bitten. Sie wollten, dass er wie ein Krieger stirbt.«
    »Krieger sterben nicht an einem Sturz von der Treppe«, spottete er. »Meinen Glückwunsch, Tani. Mir scheint, du hast dir die Verachtung von Ägyptern und Setius gleichermaßen zugezogen. Du hast es weit gebracht.«
    Sie errötete. »Ahmose, du bist grausam.« Das war fast geflüstert. »Verachtest du mich auch?«
    Nun tat sie ihm doch ein wenig Leid. »Nein«, sagte er etwas sanfter. »Du hast den Stolz auf dein Blut und Erbe, den du einmal gehabt hast, verkauft, und deshalb kann ich dich nicht länger achten, aber du bist und bleibst meine Schwester. Die Zuneigung zu einem Familienmitglied ist noch vorhanden.«
    »Ein schwacher Trost«, murmelte sie. »Aber das muss mir wohl genügen.«
    »Genügen? Das ist eine ganze Menge, wenn man bedenkt, wie tief du durch deine Selbstsucht und Dummheit gesunken bist!«, fuhr er sie an, und mit dem Anflug von Mitleid war es vorbei. »Und jetzt berichte von Apophis’ Söhnen. Ich muss wissen, wie sie sind.« Er sah die Frage in ihren Augen und die Vorsicht, die ihr verbot, sie laut auszusprechen.
    »Er hat mehrere von seinen Nebenfrauen«, sagte sie, »aber nur zwei von seiner rechtmäßigen Frau Uzet. Apophis der Jüngere und Kypenpen. Kypenpen ist vom Wesen her genau wie sein Vater, ist sanft und klug, aber Apophis der Jüngere ist hochfahrend, voreilig und unüberlegt. Ehe mein Mann gestürzt ist, hat ihm sein Ältester dauernd zugesetzt, er solle die Tore öffnen und kämpfen. Eine absurde Idee, und das hat Apophis auch gewusst, aber er konnte seinen lästigen Sohn nicht zum Schweigen bringen. Ich mag Apophis den Jüngeren nicht, und er hat mich gehasst, weil ich deine Schwester bin.«
    »Warum war die Idee absurd?«, bohrte Ahmose weiter. Etwas an seinem Ton hatte sie aufmerken lassen, und sie machte den Mund zu, richtete den Blick auf die Spitzen ihrer Sandalen unter den Falten ihres gemusterten Gewandes. »Lass mich raten«, fuhr er langsam fort. »Könnte es

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