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Die Strasse des Horus

Die Strasse des Horus

Titel: Die Strasse des Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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unwirklich vor.«
    »Es wird allerhöchste Zeit, dass der König im Palast von Auaris vor dem Horusthron steht und den Befehl erteilt, ihn nach Süden zu bringen«, antwortete Paheri. »Was ist mit der Flotte, Majestät?« Ahmose lächelte abbittend.
    »Viele Schiffe sind beim Entern durch Pezedchus Männer beschädigt worden«, sagte er. »Diese Schiffe müssen ausgebessert werden und zusammen mit ihrer Mannschaft zurück nach Necheb. Kay und du oder Baba Abana, ihr könnt mitfahren. Ihr versteht beide etwas von Schiffsbau. Also fährt einer heim, und der andere bleibt hier. Ich muss den Nebenarm patrouillieren, auch wenn der Fluss Niedrigwasser führt. Kein Bewohner darf die Stadt verlassen oder betreten. Sucht die Männer aus, die ihr nicht braucht, und schickt sie zur Aussaat in ihre Dörfer. Diese Entscheidungen überlasse ich euch beiden.« Die Männer nickten. »Ich selbst muss mit den Medjai nach Waset zurück«, schloss Ahmose, »aber ich bleibe bis Mitte Tybi hier, bekomme eure Abschlussberichte und lasse euch natürlich Herolde da, damit wir auf Papyrus in Verbindung bleiben.«
    In Wahrheit habe ich gar keine große Lust, nach Haus zu fahren, sagte er sich, als er hinter ihnen hersah, wie sie grüppchenweise fortschlenderten. Ich möchte gar nicht rechtzeitig zur Bestattung meiner Tochter zurück sein, ich habe mein ganzes Mitleid und Bedauern beim Tod meiner Soldaten aufgebraucht. Ich möchte Aahmes-nofretaris neuen Schreiber nicht kennen lernen. Ich möchte nicht hören, wie gut Fürst Sobek-nacht und meine Frau zusammengearbeitet haben. Das Leben im Heer ist schlicht und einfach gewesen, und ich fürchte mich vor den Schwierigkeiten in meinem Haus. Oder fürchte ich mich nur vor Aahmes-nofretari, weil ich dann wieder in diesen Tumult von Eifersucht und Besitzstreben gestürzt werde, den ich hier im Griff habe? Ich habe das dunkle Gefühl, dass ich nach sechs Monaten in ein ganz anderes Waset zurückkehre.
    Ramose hatte schweigend neben ihm gestanden und störte jetzt seine Gedankengänge. »Und was wird mit mir, Ahmose?«, fragte er freundlich. »Wenn ich wählen darf, bleibe ich hier, das weißt du.« Ahmose zwang sich, sich zu ihm umzudrehen.
    »Ja«, sagte er. »Aber ich möchte, dass du nach Chemmenu zurückgehst, wohin du gehörst. Übernimm das Anwesen und die Nomarche, die dir gehören. Falls die Belagerung Anfang Thot noch immer nicht aufgehoben ist, bin ich wieder hier, am selben Fleck, und du mit mir. Bis dahin kümmerst du dich um deine Angelegenheiten und vergisst den besudelten Schatz in Auaris!«
    »Ich gehorche natürlich«, sagte Ramose schlicht. »Mir scheint, ich habe dich verärgert. Entschuldigung.«
    »Nein, nicht du«, gestand Ahmose. »Um die Wahrheit zu sagen, Ramose, ich kehre nicht gern zu meinen Pflichten im Süden zurück. Irgendwie habe ich mich in den letzten Monaten verändert. Falls ich mich auf beschauliches Angeln, ein paar Nachmittage mit Schießübungen, ein, zwei Krüge Wein beim Essen und dann angstfreie Nächte freuen könnte, ich würde nicht so … davor zurückschrecken.« Dazu sagte Ramose nichts weiter. Er berührte seinen Freund kurz an der Schulter, verneigte sich und ging.
    Hent-ta-Hent ist nicht mehr, dachte Ahmose. Pezedchu ist tot. Die Feder der Maat zittert, und wieder einmal sind die Farben und Formen im lebendigen Bild meines Lebens und in Ägyptens Schicksal in Bewegung und ordnen sich neu. Und ich muss mich anpassen. Und da thront Auaris, stumm und verdrossen wie ein bezwungenes Tier, das tödlich verwundet ist, jedoch nicht sterben will. Er vertiefte sich in seine Überlegungen, bis das Licht im Zelt hinter ihm heller wurde als die verblassenden Strahlen Res.
     
    Achtes Kapitel
     
    Aahmes-nofretari wachte früh auf und verspürte Vorfreude. Die Rolle, die sie am vergangenen Abend hundertmal gelesen und dann beiseite gelegt hatte, lag noch neben ihr auf dem Nachttisch. Heute kehrt er nach Hause zurück, dachte sie und schwang die Beine aus dem Bett auf die kalten Fliesen des Fußbodens. Vielleicht nicht heute Morgen, aber irgendwann wird ein Herold kommen und melden, dass sein Schiff zur Bootstreppe einschwenkt. Ich werde den Haushalt zusammenrufen. Wir werden uns oberhalb der Bootstreppe aufstellen, allesamt aufgeregt, und dann ist er da, steht im Bug, die Getreuen hinter sich. Unsere Blicke werden sich kreuzen. Er wird lächeln. Ach, ihr Götter, wie herrlich. Ahmose kommt heim. Ich werde nichts mehr erledigen können, bis ich ihn wieder in den

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