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Die Strasse des Horus

Die Strasse des Horus

Titel: Die Strasse des Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pauline Gedge
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haben und Sobek-nacht mir erklärt hat, was er gern tun würde.«
    »Sehr gut«, sagte Ahmose. »Dann lass uns durch die Säle meiner Vorfahren gehen, Fürst, und ich höre dir zu. Wie gern uns doch Kamose dabei begleitet hätte!«
    Ja, wirklich, dachte Aahmes-nofretari, als sich die drei durch zerbrochene Ziegel, Werkzeuge, weggeworfene Teile vom Baugerüst und die gebückten Gestalten der Bauern, die ihrerseits die Lasten ablegten und sich bäuchlings auf die staubigen Steine warfen, einen Weg suchten. Ich habe seine Gegenwart genauso stark gefühlt wie Sobek-nacht, als ich durch den Palast gegangen bin, und einmal war ich mir sicher, ich hätte ihn oben auf dem Dach des Frauenflügels sitzen sehen, wo er immer hinging, wenn er allein sein wollte. Vor einer Reihe hoch ragender Säulen, die den Haupteingang zierten, blieb Sobek-nacht stehen.
    »Davon gibt es, wie du weißt, zehn«, sagte er gerade. »Der Palast selbst ist natürlich aus Lehmziegeln, aber die hier sind aus Sandstein.« Er berührte eine. »Sie sind majestätisch und schön, obwohl die Szenen, mit denen sie zweifellos bemalt waren, zum größten Teil zerstört sind. Drei von ihnen stehen etwas schief auf dem Fundament, Majestät. Die müssen herausgenommen und neu aufgestellt werden, und dazu braucht man kundige Maurer. Darf ich aus Mennofer die Handwerker holen lassen, mit denen ich früher gearbeitet habe? Ich verbürge mich für ihr Geschick.« Ahmoses Blick wanderte an den mächtigen Säulen zu dem tiefblauen Himmel darüber.
    »Tu das«, sagte er. »Ich vertraue auf dein Urteil, Fürst.«
    Sie gingen hinein, traten aus dem warmen Sonnenschein in das düstere Dunkel des großen Empfangssaals, gingen vorbei an dem uralten Wachraum links und dem größeren Raum rechts, wo Bittsteller, Ratgeber und alle die gewartet hatten, die dem König vorgestellt werden sollten. Ahmose blieb stehen und holte langsam Luft. Aahmes-nofretari und Sobek-nacht musterten ihn prüfend.
    Der Fußboden, einst ausgetreten und unregelmäßig, war herausgerissen und ersetzt worden. Eben und gleichmäßig erstreckte er sich und wurde nur durch die Säulenreihen unterbrochen, die auf der blanken Fläche standen. Die bröckelnden Wände, in deren Löchern Vögel genistet hatten, erhoben sich jetzt glatt und unversehrt bis zu einer Decke, die sich hoch wölbte und weder gerissen war noch durchhing. Die Thronestrade war vollkommen neu gestaltet. »Das war keine Arbeit für einen Baumeister, Majestät«, bemerkte Sobek-nacht. »Hier waren nur geschickte Fliesenleger und ein erfahrener Vorarbeiter aus Waset erforderlich. Was du siehst, sind natürlich die kahlen Knochen späterer Pracht, die du dir vorstellen musst.«
    »Ich kann sie mir vorstellen«, sagte Ahmose beeindruckt. »Fliesen in dunkelblauem Lapislazuli auf dem Fußboden, in den goldenen Einsprengseln fängt sich der Fackelschein und glitzert wie Sonnenschein auf Wasser. Wände mit Elektrum verkleidet, in das Götterbildnisse gehämmert sind. Und eine Decke voller Silbersterne.« Er zeigte auf die Estrade, und sein Finger zitterte vor Erregung. »Ich kann den Horusthron in der Mitte sehen, Aahmes-nofretari, und daneben den Kasten mit der heiligen Doppelkrone und Krummstab und Geißel. Wo sind die Schatten geblieben, die sonst in den bröckelnden Ecken gelauert haben?«
    »Die Gespenster sind fort, Ahmose«, sagte Aahmes-nofretari ruhig. »Sie sind zufrieden, dass die lange Ära des Trübsinns vorbei ist. Der Palast erwacht wieder zum Leben und wird Heimstatt eines Königs.« Sie meinte in seinen Augen Tränen zu sehen, doch falls das so war, so rannen sie nicht herunter. Lange stand er da wie angewurzelt, blickte hierhin und dorthin und roch statt feuchtem Zerfall Ziegelstaub und Schweiß.
    »Führe mich weiter«, sagte er zum Fürsten. »Es gefällt mir sehr gut.«
    Er wurde durch die kleineren Flure geleitet, in denen Bauschutt vom Umbau lag, Gänge entlang, deren Dächer herausgerissen waren. Währenddessen erläuterte Sobek-nacht ihm sein Konzept des Palastes, der aus der Schmetterlingspuppe des alten entstehen würde, die Räume größer und luftiger, Flure und Treppen breiter. »Zu den Schlafgemächern können wir nicht hoch«, sagte er. »Oben sind viele Fußböden nicht sicher, haben gefährliche Löcher, wo der eine oder andere Windfang nach innen gefallen ist. Ich habe dir die Mauern gezeigt, die ich völlig herausreißen möchte, damit viele der Gemächer größer werden. Doch das begrenzt die Zahl der

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