Die Strasse des Horus
geworden war, das noch immer in Ramose brannte, und wie Apophis nach Seqenenres Niederlage bei Qes nach Waset gekommen war und die Familie hatte auseinander reißen, jeden an einen anderen Verbannungsort hatte schicken wollen und Tani als Geisel mitgenommen hatte. Ahmose-onch war ganz Ohr und schob sein Lieblingsgemüse an den Tellerrand, damit er es als Letztes verspeisen konnte. »Aber mein Onkel Kamose Osiris hat nicht getan, was der Thronräuber wollte«, unterbrach er Ahmose. »Er hat Krieg gemacht. Was ist jetzt mit meiner Tante? Hat Apophis sie in Auaris umgebracht?« Ahmose schüttelte den Kopf.
»Nein«, antwortete er ernst. »Er mag ein Thronräuber sein, Ahmose-onch, aber er ist kein grausamer Mensch. Sie lebt noch immer dort.«
»Ach.« Der Junge steckte sich den Berg Radieschen jetzt eins nach dem anderen genüsslich in den Mund. »Dann rettest du sie, wenn du die Stadt einnimmst, und sie lebt dann zusammen mit Ramose.«
»Vielleicht.«
»Hoffentlich.« Seine Neugier war befriedigt, und er verlor das Interesse, reichte seinen leeren Teller einem Diener, rollte sich auf den Bauch und suchte im Gras nach Insekten, damit er die Frösche im Teich füttern konnte.
Vermutlich war das gerade seine erste Geschichtslektion, dachte Aahmes-nofretari. Tanis Schicksal kommt mir schon wie Geschichte vor, eine uralte Geschichte, die in eine andere Zeit gehört. Ahmose hat sie nicht vollständig erzählt, nicht wie Kamose Ramose in jene Stadt geschickt hat, damit er Apophis und seinen Generälen Falschinformationen zuspielt, wie Apophis Ramose im Austausch für diese Informationen ein Treffen mit Tani gewährt hat und wie Ramose herausgefunden hat, dass Tani Apophis geheiratet hatte und sie bei den Setius Königin Tautha hieß. »Zeit zum Mittagsschlaf, Ahmose-onch«, sagte sie. »Raa wartet schon.« Er seufzte abgrundtief, stand aber sofort auf.
»Darf ich nach dem Aufwachen schwimmen?«, fragte er. Ahmose zupfte sacht an seiner Kinderlocke.
»Wenn du willst, fahren wir zu den kleinen Nilpferden«, sagte er. »Ein, zwei Stunden mit dir auf dem Fluss sind genau das, was ich brauche.« Ahmose-onch strahlte.
»Danke, Vater«, krähte er. »Und darf ich dabei mit meinem Wurfstock üben?«
»Aber nach Enten werfen, nicht nach Nilpferden«, sagte Ahmose belustigt. »Er hat einen Wurfstock?«, fragte er seine Frau. Aahmes-nofretari tauchte die Finger in ihre Wasserschale und trocknete sie in dem dargebotenen Handtuch ab, ehe sie antwortete.
»Emchu hat ihm einen kleinen anfertigen lassen«, sagte sie. »Noch trifft er nichts damit. Emchu sagt, dass die Enten noch ein paar Jährchen vor ihm sicher sind.« Ahmose lächelte nicht.
»Er ist fast fünf«, meinte er. »Von jetzt an wird er sehr schnell wachsen und sich verändern. Wir müssen weitere Kinder haben, Aahmes-nofretari, noch einen Sohn, eine Tochter, die Ahmose-onchs Nachfolge als Gott legitimieren kann. Nur er steht zwischen Ägyptens Sicherheit und dem Rückfall ins Chaos. Wenn ich könnte, ich würde ihn am liebsten einsperren, damit ihm nichts zustößt.« So direkt hatte er noch nie von der Furcht gesprochen, die ihn allmählich völlig beherrschte, und auf einmal hatte sie das Gefühl, sie wäre gescheitert.
»Ich weiß«, murmelte sie. »Es tut mir Leid, Ahmose. Aber wenn du vielleicht einmal mehr als ein, zwei Tage daheim bleiben würdest, könnten wir diese neuen Gemächer, von denen Sobek-nacht gesprochen hat, tatsächlich füllen.« Ihr Bemühen, es witzig zu nehmen, hatte Erfolg. Er lachte und küsste sie auf den Hals.
»Das könnten wir«, bestätigte er mit einem Funkeln in den Augen. »Wir müssen uns sehr anstrengen, meine schöne Kriegerin, ja, wie wäre es heute Nacht…« Er brach ab, als er seine Mutter aus dem Schatten hinten am Haus treten und auf den Teich zukommen sah. »Aahotep!«, rief er. »Du hast ein herrliches Mahl verpasst!« Sie winkte und blieb dann im Schutz des Sonnensegels stehen. Sie hatte Schweißtropfen auf der Stirn, und eine dunkle Haarsträhne klebte ihr am Hals.
»Für Frühling ist der Tag zu warm«, sagte sie. »Ich habe keinen Hunger gehabt, Ahmose. Ich bin mit Tetischeri im Gemüsegarten gewesen. Den habe ich dieses Jahr vergrößern lassen, weil wir mehr zu essen brauchen. Schlickladungen vom Hochwasser mussten herangeschafft und mit Sand gemischt werden, und das Bewässern ist zum Problem geworden, so groß ist der Garten jetzt. Ich möchte ihn ganz verlegen, einen der Äcker im Norden von Getreide auf
Weitere Kostenlose Bücher