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Die Straße nach Eden - The Other Eden

Titel: Die Straße nach Eden - The Other Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Bryant
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du erinnerst dich doch bestimmt an sie…«
    »Wir haben letztes Jahr bei ihr ein Streichquartett gehört. Sie hat unaufhörlich über ein Flugzeug geredet, das ihr Mann gerade gekauft hat.«
    »Ich weiß, sie ist eine von diesen Neureichen, aber zumindest verfolgt sie gute Absichten. Zu ihren liebsten Freizeitbeschäftigungen gehört es, junge Künstler zu fördern, ihren letzten Schützling hat sie besonders ins Herz geschlossen. Ich weiß nicht viel über ihn, nur dass er ein Komponist aus New York ist, der sich um eine kranke kleine Nichte kümmern muss. Er sucht eine kostengünstige Unterkunft in einer warmen Gegend, wo er in Ruhe arbeiten kann und das Kind viel Platz zum Spielen hat.«
    Ich lächelte. »Und du meinst, er könnte mir vielleicht auch guttun?«
    Mary hob die Brauen. »Du bist jung, Eleanor, und junge Menschen brauchen die Gesellschaft anderer junger Menschen.«
    Meine Lippen krümmten sich spöttisch. »Du versuchst doch hoffentlich nicht, mich zu verkuppeln, Mary? Dann muss ich dich enttäuschen - ich habe mir geschworen, niemals zu heiraten.«

    »Warum sollte ich etwas so Unsinniges tun?«
    Ich hob die Schultern. »Ich will nicht heiraten, weil ich auf keinen Fall von einem Mann abhängig sein möchte.«
    »Hörst du eigentlich nie zu, Eleanor? Du wirst nie wieder finanziell von jemandem abhängig sein.«
    »Das habe ich doch gar nicht gemeint.« Ich ärgerte mich über mich selbst, weil ich spürte, wie ich rot anlief. »Au ßerdem erübrigt es sich, über solche Dinge zu reden, ich habe den Mann ja noch nie gesehen. Oder überhaupt eingewilligt, einen Untermieter aufzunehmen.« Jetzt hob ich die Brauen und maß sie mit einem - wie ich hoffte - tadelnden Blick.
    »Du könntest dich doch wenigstens bereit erklären, ihn kennen zu lernen. Ich habe es Mrs Kelly versprochen.«
    »Na schön, ich sehe ihn mir an. Aber warn mich vor, ehe du ihn herbringst.«
    »Natürlich«, versprach Mary, als ich aufstand, um in das Musikzimmer hinüberzugehen.

3. Kapitel
    C hopin komponierte seine Etüden aus dem Grund, den schon ihr Name beinhaltet, nämlich um zu üben, um das Geschick eines Klaviervirtuosen zu verfeinern. Er verfasste sie hauptsächlich, wenn nicht einzig und allein zu Praxiszwecken.
    Aber wie es ab und an vorkommt, wenn die geniale Schöpferkraft eines Künstlers groß genug ist, so nahm auch Chopins Idee ein Eigenleben an und wuchs über ihre Grenzen hinaus. Die Etüden sind auf einer präzisen Basis klassischer Komposition aufgebaut und mit einem hauchzarten, wasserglatten Überzug versehen; unverkennbar ein Produkt aus Chopins Ära der frühen Romantik. Die Resultate sind so schön und von einem so hohen Schwierigkeitsgrad, dass das Publikum der damaligen Zeit die Stücke weniger als Übungen, sondern vielmehr als äußerst anspruchsvolle Spieltechnikprüfung ansah. Klaviervirtuosen verdienten sich ihr Ansehen weniger durch das Spielen der Etüden als vielmehr durch die Mühe, die sie aufwenden mussten, um sie zu beherrschen.
    In diesem Sommer schlug ich mich in Eden’s Meadow mit den Etüden herum. Im letzten Jahr nach dem Tod meines Großvaters hatte ich nicht so viel geübt, wie nötig gewesen wäre. Ich beabsichtigte, mich im nächsten Herbst um Konzertauftritte zu bewerben und wusste, dass ich dann ein umfangreicheres Repertoire benötigen würde als das, über das ich zur Zeit verfügte.
    Ich dachte an die Etüden, als ich mich über das weiße Geländer lehnte, das sich um den See unterhalb des Hügelgartens
herumzog. Dabei warf ich Steinchen vom Weg in das Wasser, sah zu, wie sich auf der Oberfläche rasch grö ßer werdende Kreise bildeten und schielte immer wieder verstohlen zu dem Haus auf dem Hügel hinüber. Mehr als eine Woche war verstrichen, seit ich es zum ersten Mal gesehen hatte, und das Geheimnis, das es umgab, ließ mir keine Ruhe. Ich wusste, dass es nur noch eine Frage der Zeit war, bis meine Neugier die Oberhand gewinnen und ich es mir ansehen würde. Seufzend warf ich den Rest meiner Hand voll Steine in den See, wo sie glitzernd in den teefarbenen Tiefen versanken.
    Ich hatte im Rosengarten gearbeitet und trug noch immer ein Paar alte, geflickte Hosen, einen Strohhut und Sandalen. Mary hatte mich angewiesen, mich zum Mittagessen umzukleiden, und da es schon später Morgen war, begann ich durch den Garten zum Haus hochzugehen, um meine Kleider zu wechseln. Ich blickte auf meine Füße hinab und dachte so intensiv über Häuser, Geister und Musik nach, dass ich den

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