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Die Straße nach Eden - The Other Eden

Titel: Die Straße nach Eden - The Other Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Bryant
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Schloss, fürchte ich.«
    »O doch, es ist ein Schloss! Ein wunderschönes Schloss mit Einhörnern in den Ställen und Schmetterlingen in silbernen Käfigen, die an der Decke hängen … und du musst die Prinzessin sein. Sind deine Mama und dein Papa die Königin und der König? Tanzen sie jeden Abend in dem großen Ballsaal?«
    »Leider nein. Zur Zeit leben nur Mary und ich dort, zusammen mit ein paar Frauen und Männern, die uns helfen, alles in Ordnung zu halten. Meine Mutter und mein Vater waren kein Königspaar, außerdem sind sie schon lange tot.«

    »Oh.« Tascha wirkte sichtlich enttäuscht. »Für ein kleines Mädchen, das noch nicht lange in Amerika lebt, sprichst du ausgezeichnet Englisch«, versuchte ich sie abzulenken.
    »Sie hatte eine englische Kinderfrau, seit sie ein Baby war«, erklärte Alexander. Er setzte das Kind behutsam ab. »Komm, Tascha. Ich glaube, Mrs Bishop wird allmählich ungeduldig. Und Miss Rose wahrscheinlich auch.« Wieder lächelte er, doch der darunter durchschimmernde tiefe Ernst flößte mir Unbehagen ein; ein Gefühl, das dem, welches mich vor sechs Monaten bei jenem Konzert beschlichen hatte, nicht unähnlich war.
    »Geht es Ihnen nicht gut?«, erkundigte sich Alexander besorgt.
    »Nein, nein … alles in Ordnung«, versicherte ich ihm hastig, konnte ihm dabei jedoch nicht in die Augen sehen.
    Ich merkte ihm an, dass er mir nicht glaubte. »Sie haben eben ausgesehen, als hätten Sie einen Geist gesehen. Sie sind totenblass. Sind Sie sicher, dass Ihnen nichts fehlt?«
    Ich rang mir ein Lächeln ab. »Mir geht es gut. Wirklich. Ich … ich habe mich nur gerade an etwas erinnert.«
    Er musterte mich einen Moment lang, dann zuckte er die Achseln und wandte sich ab, um den Hügel emporzusteigen. Als er sich von mir entfernte, stieg die Furcht erneut in mir auf, die Erkenntnis, wie vernunftwidrig ich mich verhielt, löste fast einen Anflug von Panik in mir aus. Um mir zu beweisen, dass ich alles unter Kontrolle hatte, rief ich ihm nach, er möchte bitte auf mich warten, und hatte ihn im nächsten Moment auch schon eingeholt.
    »Sie können das Cottage haben«, sagte ich. »Das heißt, Sie können sich eines aussuchen, aber ich würde Ihnen das kleine im Tudorstil am Ende dieses Pfades empfehlen, es liegt direkt am Waldrand. Dort haben Sie Ihre Ruhe, Tascha
genug Platz zum Spielen, und die Miete bewegt sich innerhalb vernünftiger Grenzen.«
    Alexander wandte sich an Tascha. »Was hältst du von der Idee, Liebes?«
    Sie blickte von den Wildblumen auf, die sie eifrig pflückte, und legte wie ein kleiner Vogel den Kopf schief.
    »Von was für einer Idee?«, piepste sie.
    »Würdest du gern hier wohnen?«
    Tascha nickte feierlich. »Ich glaube schon.«
    Alexander sah mich wieder an. »Mir geht es vor allem darum, dass Natalja glücklich ist. Alles andere ist zweitrangig.«
    »Dann nehmen Sie das Haus also?« Ich bemühte mich, meine eigene Aufregung zu verbergen.
    Er schwieg eine Weile. Dann sagte er: »Es ist schön, eine Musikerin in unmittelbarer Nachbarschaft wohnen zu haben. Welcher Vermieter kann das schon bieten?«
    Dann bedachte er mich mit einem rätselhaften Lächeln, und wir reichten uns die Hände.
     
    Nach dem Essen gingen wir alle gemeinsam zu dem Cottage hinüber. Es lag auf einer Lichtung, die von mit Efeu, Geißblatt und dem allgegenwärtigen Spanischen Moos behangenen Bäumen umgeben war. Vom Baustil her passte es nicht zu den anderen Gebäuden auf der Plantage, mit seinen cremefarbenen Mauern, dem dunklen Gebälk, dem Spitzdach und den rautenförmigen Fensterscheiben sah es aus wie ein Haus aus einem Märchen.
    »Sehr alt ist es nicht«, erklärte ich. »Meine Großmutter hat es als Gästehaus bauen lassen, aber es steht wie die anderen Nebengebäude dieser Plantage schon seit Jahren leer.«
    »Schau nur, Djadja!«, rief Tascha entzückt. »Rosen!«
    Sie wuchsen überall. Edens blasse, rosa geäderte Teerosen
überwucherten die Front des Hauses, zogen sich an dem verfallenen Jägerzaun entlang und rankten sich sogar an einigen Bäumen hoch.
    »Sind sie nicht wunderschön?«, fragte Mary.
    Ich schloss die Tür auf. »Das Cottage wird möbliert vermietet«, erläuterte ich. »Ich hoffe, das stört Sie nicht. Die Möbel, die Sie nicht haben wollen, können wir irgendwo lagern.«
    Alexander zog den Schutzbezug von dem Rosenholztisch in der Halle. Er war weder übertrieben verziert noch zu schlicht und passte perfekt zu dem Hartholzboden und den cremefarbenen Wänden.

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