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Die Straße nach Eden - The Other Eden

Titel: Die Straße nach Eden - The Other Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Bryant
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aus, nahm sein rotes Halstuch ab und breitete es über seine Faust. »Hauch einen Kuss darauf, um die Samen zu wärmen.« Er beobachtete, wie die Unsicherheit des Kindes zaghafter Neugier wich. »Keine Angst. Probier es einmal und schau, was passiert.«
    Widerstrebend beugte sich Tascha vor und drückte die Lippen auf das rote Tuch. Dorian zog es weg. In der Hand hielt er ein Sträußchen elfenbeinfarbener Rosen. Taschas Gesicht verzog sich zu einem schüchternen Lächeln, als sie es entgegennahm. Dorian lachte, auch Mary und ich konnten uns ein Schmunzeln nicht verbeißen. Tascha, die sich plötzlich bewusst wurde, dass aller Augen auf ihr ruhten, rannte zu Alexander und schob ihre Hand in die seine. Er sah liebevoll auf sie hinab.
    »Zeit, nach Hause zu gehen, Taschenka«, sagte er. »Du musst dich ausruhen.«
    »Sie wollen doch nicht wirklich schon gehen?«, protestierte Mary.
    »Ich fürchte doch.«
    »Kommen Sie denn zum Abendessen wieder?«, fragte ich, dabei forschte ich in seinem Gesicht nach einem Grund für diese plötzliche merkwürdige Reserviertheit.
    »Vielen Dank für die Einladung«, erwiderte er. Die kalte Formalität in seiner Stimme war unüberhörbar. »Aber ich habe heute Abend noch zu arbeiten.«

    »Nun gut«, meinte ich, »wenn Sie unbedingt gehen müssen, dann bringe ich Sie noch zur Tür. Mary, versuch doch, Mr Ducoeur zu überreden, eine Tasse Tee mit uns zu trinken.« Mit diesen Worten wandte ich mich ab und folgte Alexander aus dem Raum.
    Auf der Schwelle blieben wir stehen und sahen uns über die unsichtbare Barriere hinweg an, die Dorian Ducoeur zwischen uns errichtet hatte.
    »Hast du Lust, draußen noch ein paar Blumen zu pflücken, Tascha?«, fragte Alexander. Tascha nickte und lief, ihre Rosen noch immer fest an sich gepresst, in das hohe Gras neben der Auffahrt. Ihr Haar schimmerte im Sonnenlicht. Wir sahen ihr einen Moment lang nach; ich von ihrer zerbrechlichen Lieblichkeit gefesselt, Alexander unübersehbar von ganz anders gearteten Gefühlen erfüllt.
    »Er sieht dem Mann aus dem Traum so ähnlich«, begann ich leise.
    Alexander antwortete nicht gleich darauf. Das Schweigen zwischen uns hielt an, bis er auf einmal scharf fragte: »Warum haben Sie mir nicht von diesem Brief erzählt?«
    Es war ein unmissverständlicher Tadel, und in mir rangen der Zorn einer Frau und der verletzte Stolz eines Kindes miteinander. Als mir meine Stimme wieder gehorchte, schwang etwas von beidem darin mit. »Ich … ich habe gar nicht mehr daran gedacht.«
    Sein Gesicht war ernst geworden, und in der Linie seiner zusammengekniffenen Lippen erkannte ich den Hauch von Grausamkeit wieder, den ich schon einmal bei ihm gesehen hatte. »Würden Sie mir sagen, was darin stand?«
    Ich nickte verzagt. Seine grimmige Miene machte mich immer nervöser. »Nichts Wichtiges. Er hat sich in dem Brief nur als unser neuer Nachbar vorgestellt. Anscheinend hat er als Kind einen Sommer auf Joyous Garde verbracht. Er erinnert sich noch gut an die Zwillinge.«

    Alexanders Mund wurde noch schmaler. »Ich würde ihm nicht vorschnell zu großes Vertrauen schenken.«
    »Wer sagt denn, dass ich das tue? Und selbst wenn - man kann einen Mann, den man gerade erst kennen gelernt hat, doch nicht dafür verurteilen, dass er einen an jemanden erinnert, von dem man geträumt hat.«
    Er sah mich nur stumm an, doch in seinen Augen stand eine Anklage zu lesen, angesichts derer ich den Blick senkte.
    »Sie glauben doch nicht wirklich, dass er der Mann aus dem Traum ist?«, hakte ich nach.
    »Im Moment glaube ich nur, dass man ihm nicht trauen kann«, wiederholte er.
    Ich ärgerte mich über sein rätselhaftes Verhalten. »Was hätte ich denn tun sollen? Ich konnte ihn ja schwerlich ohne triftigen Grund aus dem Haus weisen.«
    Alexander seufzte. Sein Blick wanderte wieder zu der im Gras spielenden Tascha. »Sie hätten ihn aber nicht unbedingt zum Bleiben auffordern müssen.« Ehe ich etwas darauf erwidern konnte, fügte er hinzu: »Seien Sie vorsichtig, Eleanor.«
    Die Worte klangen so beschwörend, dass ich meinte, eine eisige Hand würde sich um mein Herz schließen. Mein Zorn verrauchte so schnell, wie er in mir aufgewallt war. Ich nickte langsam. Alexander nahm meine Hand und drückte sie kurz, ehe er sich abwandte und nach Tascha rief.
    Ich sah den beiden Trewoschows nach, bis sie um die Hausecke verschwanden, dann machte ich mich auf die Suche nach Mary und Mr Ducoeur. Ich fand sie auf der zum Rosengarten hin gelegenen Terrasse,

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