Die Strozzi
würde, verwarf den Plan. Er gedachte in Neapel zu bleiben, aus dem sich Niccolò wegen der schwierigen politischen Verhältnisse endgültig zurückziehen wollte. König Alfonso war am 27. Juni 1458 gestorben, und die Nachfolge gestaltete sich schwierig. Alfonso hatte seinen unehelichen Sohn Ferrante zu seinem Nachfolger bestimmt, aber wie schon nach dem Tod Johannas II. von Anjou, die Alfonso zum Erben bestimmt hatte, machte das französische Haus Anjou, unterstützt von einem Teil des einheimischen Adels, seine Ansprüche auf Neapel geltend. Es kam zum offenen Krieg zwischen den Parteien, der das Königreich ins Chaos stürzte.
Indessen suchte Alessandra in Florenz ihre Besitzungen zu verkaufen und begann den Haushalt aufzulösen. Alle wertvollen Gegenstände, darunter die Bücher Matteos, die Wandteppiche aus Flandern, sogar den «lucco», den eleganten Übermantel der Florentiner Bürger, gab sie weg. Als aber im August 1459 Matteo in Neapel starb, kam der ganze Plan wieder ins Wanken. Alessandra zögerte, nach Neapel zu gehen, sie fürchtete die schlechte Luft dort, die Matteo, wie sie glaubte, getötet hatte. Filippo ließ sich indes nicht beirren und traf Vorbereitungen für das gemeinsame Leben in Neapel. Seinem Bruder Lorenzo, den er aus Brügge erwartete, trug er auf, verschiedene Einrichtungsgegenstände in Flandern für ihn zu erwerben: Decken, Kandelaber, Tafelgeschirr aus Zinn. Aber Anfang 1460 wurde die Lage in Neapel wegen des Kriegs unhaltbar; die Wege waren unterbrochen, und der Handel stockte. Filippo sah sich gezwungen, nach Rom zurückzugehen. Im Sommer dieses Jahres traf sich Alessandra mit ihren Söhnen in San Quirico, auf sienesischem Gebiet, um das Weitere zu besprechen. Immer noch waren sie ungewiss darüber, ob angesichts der Lage im Königreich Neapel nicht besser doch ein anderer Ort für den Geschäftsund Wohnsitz gewählt werden sollte. Ein Problem war auch, dass Jacopo Strozzi Lorenzo nicht aus Brügge fortziehen lassen wollte,während zugleich Filippo immer noch in Rom bei Niccolò Strozzi festsaß.
Alessandra schrieb eigenhändig im März 1461 an Jacopo, um ihn inständig zu bitten, Lorenzo freizugeben. Als der Brief aus Florenz abging, war Jacopo jedoch schon schwer krank. Er starb am 26. März 1461, noch bevor Alessandras Brief in Brügge ankam. Alessandra betrauerte seinen Tod sehr, der zusätzlich viele neue Probleme mit sich brachte. Es ging um Jacopos Nachlass. Sie mahnte Lorenzo, sich keinesfalls darum zu kümmern, sondern so schnell wie möglich sein bisschen Geld abzuziehen und nach Rom zu kommen, sonst würde er sich nur Scherereien aufladen. Sie hatte recht mit ihrer Warnung, die Lorenzo nicht hören wollte. Er stürzte sich vielmehr Hals über Kopf in die Auflösung des Unternehmens, weil er glaubte, dies Jacopo schuldig zu sein, der an ihm den Vater vertreten hatte. Mit Jacopos Geschäft stand es in der Tat nicht zum Besten, er hatte Schulden und Verpflichtungen hinterlassen. Lorenzo rechtfertigte der Mutter sein Verbleiben in Brügge mit der Pflicht, den Bankrott von Jacopos Firma abzuwenden, der die Ehre des ganzen Hauses Strozzi beschädigen könnte. Die Ehre, das heißt die geschäftliche Vertrauenswürdigkeit und Korrektheit, war in der Tat das wichtigste Kapital eines Kaufmanns, und eine Zahlungsunfähigkeit konnte den Ruf einer Firma auf immer ruinieren. Dann kam Lorenzo im Sommer 1461 doch nach Rom, um Niccolò Strozzi, Jacopos testamentarischem Nachlassverwalter, Rechenschaft abzulegen. Hier kamen die Brüder dann endgültig überein, sich zusammen selbstständig zu machen. Ihre Mutter billigte den Entschluss mit Überzeugung und schrieb: «Ihr seid jetzt nicht mehr in einem Alter, jemand über euch zu haben.»
Trotz der Wirren ging Filippo im Frühjahr 1462 nach Neapel zurück, um selbst zu sehen, wie die Lage war. Die Hauptstadt des Königreichs war Ferrante d’Aragona treu geblieben, und auf dessen Sieg setzte Filippo. Er sollte recht behalten. Obwohl über seine Tätigkeit in Neapel in diesen Jahren nur wenig bekannt ist, da Geschäftsbücher erst ab 1466 überliefert sind, so darf man doch schließen, dass er bald einer der wichtigsten Geldgeber von König Ferrante wurde. Sein Sohn Lorenzo, der viele Jahrzehnte später das Leben seines Vaters beschrieb, erzählt, dass dieser während des Kriegs Neapel mit Korn versorgt und dem König viel Geld geliehen habe. Tatsache ist,dass Ferrante d’Aragona ihm am 28. Januar 1463 ein Privileg verlieh, das
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