Die Strozzi
in der Nähe von Siena auf die Erlaubnis wartete, florentinisches Gebiet betreten zu dürfen, gab seine Mutter Filippo Instruktionen, welche Schritte er in Neapel unternehmen sollte. Sie hielt die politische Konstellation für außerordentlich günstig. Florenz war dabei, Gesandte nach Neapel zu schicken, um die Unterstützung des Königs in einer außenpolitischen Frage zu erreichen. Da die Florentiner Gesandten als Bittsteller kamen, war Alessandra der Ansicht, dass der König ihnen seinerseits Bitten vortragen könne, welche die Gesandten dann nach Florenz weiterleiten sollten. Filippo solle mit den Gesandten darüber sprechen und sie günstig stimmen, indem er für ihre Unterkunft sorgte und ihnen eventuell auch Geschenke machte. Ebenfalls sollten die beiden Gesandten, die in gleicher Sache nach Mailand gingen – einer war Dietisalvi di Nerone –, den Herzog von Mailand, Francesco Sforza, dazu bringen, ein gutes Wort für sie bei der florentinischen Regierung einzulegen. Das Anliegen der Strozzi begann sich mit der großen Politik zu verschränken.
Gleichzeitig wurden auch Annäherungen an die Medici versucht. Schon die Tatsache, dass Bernardo de’ Medici, ein Angehöriger der Familie aus einer Nebenlinie, 1459 seinen Sohn Antonio zu Filippo nach Neapel in die Lehre geschickt hatte, war als Vertrauensbeweis und ein gutes Zeichen angesehen worden. Als Antonio dann 1461nach Brügge ging, um in der dortigen Medici-Niederlassung zu arbeiten, pries Alessandra ihrem Sohn Lorenzo, der sich damals noch dort befand, Antonios Vater in höchsten Tönen: «Du weißt, wie sehr wir alle Bernardo verpflichtet sind», schrieb sie ihm. «Wir sollten die Erde küssen, auf die er seinen Fuß setzt, in Anbetracht der großen Liebe, die er uns entgegenbringt, und wegen allem, was er für uns getan hat und fortgesetzt noch tut. Er nimmt großen Anteil an unserem Ergehen.»
Mit Interesse verfolgte Alessandra Macigni dann auch eine Affäre, die sich unter ihren Augen abspielte und ebenfalls eine Brücke zu den Medici herstellen konnte. Der junge Lorenzo de’ Medici, Pieros Sohn, machte Lucrezia Donati, der anverlobten Braut von Niccolò Ardinghelli, sehr heftig den Hof. Er hatte sie zur Dame seines Herzens erkoren und besuchte sie oft. Niccolò Ardinghelli war wie Filippo, Lorenzo und Matteo Strozzi 1458 unter den Bann gefallen, weil sein Vater Piero zu den Gegnern Cosimo de’ Medicis gehört hatte, die 1434 exiliert wurden. Er war aber auch verwandtschaftlich mit den Strozzi verbunden, denn seine Mutter war Palla Strozzis Nichte Caterina Strozzi, die Gleiche, die einst mit Alessandra auf die Ämter gezogen war, um die Rechte der Kinder zu verfechten; sie wohnte zudem gleich neben Alessandra. Auch Caterina hatte 1459 angefangen, Besitzungen in Florenz zu verkaufen, um zu ihren Söhnen zu ziehen. Doch diese suchten vorerst in der Levante ihr geschäftliches Glück, sodass sie einstweilen in Florenz bleiben musste. Im Frühjahr 1465, als die Affäre schon in vollem Gang war, schickte sich Niccolò Ardinghelli nach mehr als zwei Jahren Verlöbnis endlich an, Hochzeit zu feiern und die Ehe zu vollziehen. Die Erlaubnis, zu diesem Zweck kurz nach Florenz zu kommen, verdankte sich, wie Alessandra etwas spitz vermerkte, wahrscheinlich auch der Fürsprache Lorenzo de’ Medicis bei seinem Vater. Die Ardinghelli sahen das höfische Techtelmechtel durchaus positiv. Sie hofften, dass es helfen würde, die Aufhebung des Banns zu erreichen – vergeblich allerdings, wenigstens vorläufig. Niccolò Ardinghelli reiste nach Ablauf der ihm für die Hochzeit gewährten Frist von zwölf Tagen sofort wieder in die Levante zurück und ließ seine schöne, junge Frau bei seiner Mutter in Florenz, wo sie weiterhin von ihrem Ritter mit Festen und Liebesgedichten, die sie wohl kaum je zu lesen bekam, gefeiert wurde. Alessandrabemerkte ironisch zu diesem Treiben, dass es vielleicht besser sei, eine schöne Frau zu haben als die Empfehlungen des Königs von Neapel.
Filippo Strozzi bot sich zur selben Zeit eine etwas banalere Gelegenheit, mit den Medici näher in Verbindung zu treten. Lucrezia Tornabuoni, Piero de’ Medicis Gemahlin, hatte Filippo Strozzi darum ersucht, ihr etwas von dem begehrten süditalienischen Flachs zu besorgen. Filippo ließ sich nicht zweimal bitten und schickte ihr mehrere Ballen zum Geschenk. Die Empfängerin, begeistert von der vorzüglichen Qualität des Flachses, dankte ihm dafür am 18. März 1465 ganz überschwänglich:
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