Die Strozzi
Ihre Finanzen waren ungleich solider als die Lorenzo de’ Medicis, Cosimos Enkels, der 1469 in Florenz das politische und wirtschaftliche Erbe seines Vaters Piero antrat. Der Weg dahin war für die Strozzi voller Mühen und Schwierigkeiten gewesen. Wir haben Filippo und Lorenzo verlassen, als der eine bei Niccolò Strozzi in Neapel, der andere bei Jacopo Strozzi in Brügge arbeitete. Während Lorenzo wegen seines Betragens und mehrerer Krankheiten seiner Mutter oft viele Sorgen machte, entwickelte Filippo schon früh ein ausgesprochenes Talent für die Geschäfte. Niccolò Strozzi gründete, als zwischen 1451 und 1454 den florentinischen Kaufleuten und Bankiers in Neapel die Tätigkeit verboten wurde, eine Niederlassung in Rom und hielt sich fortan meist dort auf. Filippo blieb dagegen in Neapel, wo Niccolò ihm immer mehr die Geschäftsleitung überließ. Er beteiligte sich nun auch mit dem Geld, das seine Mutter ihm und seinen Brüdern mehrmals lieh, an der Firma. Schon 1455 vertrat er auch die Medici-Bank in Neapel mit der Erlaubnis, Wechsel auf deren Bank auszustellen. Niccolò Strozzi gab 1458 gegenüber der Florentiner Steuerbehörde an, er habe sein Kapital von Neapel abgezogen, was nicht ganz zu stimmen scheint. Er kam jedenfalls öfter nach Neapel, um Filippo zu kontrollieren, wobei er zu dessen Ärger viel Misstrauen an den Tag legte.
1456 wurde Filippo Zeuge des großen Erdbebens, das die Stadt traf. Ein Brief an die Mutter zeugt vom Schrecken und von der Gefahr, die er durchgestanden hatte. Das Dach seines Hauses stürzte ein, er flüchtete unter das Bett und blieb dort, bis das Beben aufzuhören schien; aber zwei Nächte musste er noch auf einem Schiff verbringen,da die Erde nicht zur Ruhe kam. Er zählte sechzig bis auf den Grund zerstörte Häuser und weitere vierhundert mit so schweren Schäden, dass sie nicht mehr bewohnbar waren, ganz zu schweigen von den eingestürzten Kirchen und Klöstern.
Nie aber hatte die Mutter in der ganzen Zeit die Hoffnung aufgegeben, dass ihre Söhne eines Tages nach Florenz zurückkommen würden, um in der Heimat eine eigene Firma zu gründen. Die Trennung lastete sehr schwer auf ihr. 1450 wollte sie sogar zum Heiligen Jahr nach Rom pilgern, um sich dort mit Filippo zu treffen, was die Verwandten ihr aber ausredeten. Ihre Söhne kamen zwar zuweilen nach Florenz, aber von einer endgültigen Heimkehr war nicht die Rede. Doch dann verhängte die Florentiner Regierung 1458 jenen neuen Bann über die Exilierten von 1434, der auch auf die Nachkommen ausgedehnt wurde. Er begrub nicht nur die Hoffnungen des greisen Palla Strozzi, sondern machte auch die Heimkehr von Alessandras Söhnen unmöglich. Filippo, Lorenzo und Matteo, der damals noch am Leben war, würden auf unabsehbare Zeit im Exil leben müssen. Nur ein politischer Umschwung konnte die Lage ändern. Der aber war nicht in Sicht, die Stellung der Medici war stärker denn je. Alle Lebenspläne mussten jetzt neu überdacht werden.
Filippo kommentierte seiner Mutter die neue Situation mit erstaunlich gelassenen Worten: «Liebste unglückselige Mutter», begann er den Brief, den er ihr am 18. November 1458 aus Rom schrieb. Er habe zunächst nicht geglaubt, dass die Maßnahmen auch ihn beträfen, aber dann durch Briefe von Verwandten Gewissheit erlangt. Es tue ihm vor allem ihretwegen leid, er selbst sei zur Überzeugung gelangt, dass sich nichts dagegen ausrichten lasse: «Dies sind eben die Früchte dieser Welt, und wer von ihnen so häufig wie wir zu kosten bekam, die wir schon in frühester Jugend damit begonnen haben, der macht nicht mehr so viel Aufhebens davon.» Er glaube aber fest, dass die Regierenden nur zum Wohl und für den Frieden der Stadt gehandelt hätten. Er wolle deswegen auch weiterhin den großen Bürgern, die in Florenz das Sagen hatten, freundlich gesinnt bleiben und sein Vaterland lieben. Dies war eine Loyalitätserklärung gegenüber der florentinischen Regierung, die zweifellos auch über den familiären Kreis hinaus bekannt werden sollte.
Vereinbart wurde jetzt, dass Alessandra Florenz verlassen und zu ihren Söhnen ziehen sollte. Die Brüder wollten so bald wie möglich eine eigene Firma gründen, wussten aber noch nicht, wo und mit welchem Geld. Niccolò Strozzi riet zu Avignon, wo er selbst erst eine Niederlassung aufmachen wollte, die Filippo und Lorenzo einstweilen führen sollten. Dann würde man weitersehen. Aber Filippo, fest davon überzeugt, dass seine Mutter nie ins Ausland gehen
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