Die Strozzi
Piero de’ Medici mit einem Geschenk von 450 Orangen auf die Sprünge zu helfen. Dieser tat ihm dann im Juli die Absicht kund, seinen Sohn Lorenzo zu König Ferrante nach Neapel zu schicken, und bat um Filippos Fürsorge für ihn. Doch Lorenzo de’ Medici ging erst im Frühjahr 1466 nach Neapel. Die Hoffnungen auf Erfolg wurden im Laufe der Monate immer schwächer, denn die inneren Konflikte spitzten sich auf dramatische Weise zu.
Die Vorbereitungen für die Übersiedlung Alessandra Macignis nach Neapel gingen also weiter, wobei weder sie noch ihre Söhne größere Eile zeigten. Für Filippo und Lorenzo Strozzi verbesserten sich die geschäftlichen Aussichten in Neapel noch mehr, nachdem Ferrante d’Aragona am 7. Juli 1465 in einer Seeschlacht im Golf von Neapel die provenzalische Flotte des französischen Thronprätendenten besiegt und damit die volle Kontrolle über sein Reich zurückgewonnen hatte. Die Brüder teilten sich nun die Aufgaben: Filippo war für die Bank zuständig, während sich Lorenzo um den Fondaco, das Warenlager, kümmerte. Dennoch war Alessandra nicht glücklich über die Aussicht, ihre Heimatstadt verlassen zu sollen. Auf jeden Fall wollte sie, das war ihre Bedingung, nur in Begleitung einer Schwiegertochter die Reise nach Neapel antreten, doch Schwiegertöchter waren immer noch nicht gefunden.
So ging auch die Suche nach den Bräuten weiter. Alessandra schickte ihre Schwiegersöhne aus, zog selbst viele Erkundigungen ein und lauerte den Mädchen, die in die engere Wahl kamen, sogar in der Kirche auf, um sich selbst ein Bild von ihrem Äußeren zu machen. Besonders eine gefiel ihr sehr gut, sie beschrieb sie Filippo in höchsten Tönen. Es handelte sich um eine Tochter des Francesco Tanagli. Marco Parenti fühlte bei ihrem Vater vor, der unter den gegebenen Bedingungen aber eine so geringe Mitgift wie nur möglich bezahlen wollte. Die Tanagli waren zwar eine angesehene Familie, aber wirtschaftlich etwas in der Klemme, wozu noch kam, dass Francesco viele Kinder hatte. Mit einer kleinen Mitgift könne man sich abfindenangesichts der vielen Qualitäten des jungen Mädchens, meinte Alessandra. Doch Filippo konnte sich nicht entscheiden, während Lorenzo sogar noch zwei Jahre warten wollte, um zu heiraten. Die Verhandlungen verliefen schließlich im Sand, und Tanagli fand eine andere Partie für seine Tochter. Die schöne Caterina wurde mit Agnolo Tani, einem Angestellten und Minderheitsgesellschafter der Medici, verlobt, der in Brügge lebte, wo er lange die Medici-Niederlassung geleitet hatte. So kam das Mädchen trotzdem ins Ausland, zu billigem Preis für ihren Vater, darf man vermuten.
Hans Memling, «Das Jüngste Gericht», Flügelaltar. Auf der Außenseite der Flügel die Bildnisse der Stifter Agnolo Tani und Caterina Tanagli. Die geplante Ehe von Caterina mit Filippo Strozzi war nicht zustande gekommen.
In Brügge porträtierte sie wenige Jahre später Hans Memling, von dem sich Agnolo Tani einen grandiosen Flügelaltar mit der Darstellung des Jüngsten Gerichts malen ließ (siehe Abb. Seite 96). Hier kniet die junge Frau betend, als Pendant zu ihrem Gatten, als Stifterfigur auf der Außenseite der Seitenflügel vor einer Skulptur des Erzengels Michael. Die Bilder der beiden Stifter blieben also sichtbar, wenn die Flügel geschlossen waren. Die Identifizierung der knienden weiblichen Gestalt mit jener Caterina Tanagli, die als Braut für Filippo Strozzi im Gespräch gewesen war, verdanken wir Aby Warburg, der auch das kuriose Schicksal des Gemäldes rekonstruiert hat. Tani wollte das Gemälde 1473 nach Florenz schicken, um es in einer florentinischen Kirche aufzustellen. Doch wurde das Schiff, das es nach Italien bringen sollte, auf der Fahrt nach London von einem Kapitän (oder besser Piraten) der Hanse gekapert, der es mit seiner Ladung nach Danzig brachte und Memlings Gemälde der Marienkirche dort vermachte. Die Danziger gaben es trotz aller Proteste des Herzogs von Burgund, unter dessen Flagge das Schiff segelte, und der Androhungen Papst Sixtus’ IV. nicht wieder heraus. In Danzig blieb es, und hier befindet es sich noch heute im Muzeum Narodowe.
HEIMKEHR NACH FLORENZ
I n all dieser Zeit hatte Alessandra Macigni nie ganz die Hoffnung aufgegeben, dass der Bann am Ende aufgehoben werden und die Söhne zu ihr nach Florenz zurückkehren würden. Dieser heiße Wunsch erfüllte sich im Spätsommer 1466. Die Briefe aus den Jahren 1465, oft in Chiffre geschrieben, denn in der
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