Die Strozzi
der Ursachen eine Autopsie durchführen ließ. Man fand ihr Inneres voll von «verdorbenem» Blut und die Lunge in schlimmem Zustand. Sie wäre auch sonst bald an ihrer Lungenkrankheit gestorben, erklärten die Ärzte dem verstörten Witwer.Dieser schrieb in den
Ricordi
, er sei wegen ihrer guten Eigenschaften sehr glücklich mit ihr gewesen.
Benedetto da Maiano, Tonbüste des Filippo Strozzi
Dies hinderte ihn nicht, sich so bald wie möglich eine neue Frau zu suchen, die seinem Hausstand vorstehen und ihm weitere Kinder, vor allem Söhne, schenken konnte. Die Wahl fiel auf ein junges Mädchen aus der alten und adligen Familie der Gianfigliazzi. Selvaggia, die Braut, war 18 Jahre alt, während Filippo schon auf die fünfzig zuging. Die Heirat wurde von Tommaso Soderini, dem Florentiner Botschafter in Mailand, wo der Vater Selvaggias als Podestà amtierte, arrangiert, die Hochzeit im September 1477 auf dem Landgut der Gianfigliazzi «Il Corno» gefeiert. Während der Eheverhandlungen beschrieb ein Verwandter Filippos Selvaggia als ein hochgewachsenes, wohlgeformtes Mädchen mit besten Manieren, wenn auch vielleicht ein bisschen zu füllig und nicht eigentlich schön, aber doch mit angenehmen Zügen. Filippo musste die Wahl nicht bereuen. Selvaggia wurde eine tüchtige, energische Hausfrau mit ausgesprochenem Geschäftssinn, die ihm im Laufe der Ehe sechs Kinder gebar, davonzwei Knaben, sodass das physische Überleben der Familie gesichert war. Zusammen mit ihrem Stiefbruder Alfonso führten Lorenzo und Giovanbattista, der nach Filippos Tod den Namen seines Vater erhielt, die Familie ins 16. Jahrhundert hinein.
Konsolen mit den Emblemen des Lamms und des Falken aus dem Strozzi-Palast in Florenz
In der Mitte der siebziger Jahre ließ sich Filippo Strozzi, wie es unter vornehmen Florentinern Mode war und es auch Niccolò Strozzi gehalten hatte, eine Porträtbüste arbeiten, die wie üblich in seinem Haus aufgestellt werden sollte. Er beauftragte damit den erprobten Benedetto da Maiano. Von dieser Büste sind zwei Versionen überliefert, eine, die endgültige, in Marmor und eine andere, die wohl die Vorstufe zu jener bildete, in Ton. Während die Marmorfassung (heute im Musée du Louvre in Paris) etwas glatt und wenig ausdrucksvoll wirkt – die Zeiten eines Mino da Fiesole oder eines Desiderio Settignano waren vorbei –, zeigt die Tonbüste, die wahrscheinlich das Modell für jene war (sie befindet sich heute im Bode-Museum in Berlin), den fast fünfzigjährigen Filippo mit erstaunlicher Authentizität (siehe Abb. Seite 124). Der schöne Kopf mit dem kurz geschorenen Haar ist fast unmerklich nach links gedreht. Querfalten furchen die Stirn, und eine tiefe senkrechte Kerbe tut sich über der Nasenwurzel auf, tiefe Falten umrahmen auch den Mund. Sie zeugen von den Entbehrungen und Mühen eines anstrengenden Lebens, verunstalten aber nicht das wohlgeschnittene Gesicht mit dem energischen Mund, dem festen Kinn und der ausgeprägten Nase. Die nach unten schauenden Augen drücken Nachdenklichkeit und auch ein wenigMüdigkeit aus. Filippo hatte viel erreicht, aber sein Leben war ein Kampf mit der launischen Fortuna gewesen, die ihn wie ein Schiff auf den stürmischen Wogen des Lebens herumgeworfen hatte: «Fortuna hat es immer noch nicht satt, uns zu verfolgen», schrieb er einmal in einem Brief, «aber wir müssen Geduld haben.»
Geduld hatte Filippo in seinem Leben viel aufbringen müssen, um zum Ziel zu kommen, und nicht von ungefähr wählte er sich zum Emblem ein Lamm mit dem Motto «Esto mitis» – Sei sanft! Sein zweites Emblem zeigte den Falken, den Wappenvogel der Strozzi, mit dem schon Palla Strozzi sich hatte darstellen lassen, und das Motto «Expectabo» – Ich werde warten. Als geduldiges Lamm und schnellen Falken, der flugbereit auf seine Beute wartet, so mochte sich Filippo Strozzi sehen. Als dekorative Motive finden sich Lamm und Falke viele Male auf den Möbeln, Friesen und Konsolen seiner Häuser und in den von ihm gestifteten Kirchen (siehe Abbildungen Seite 125). Die Krönung seines Lebenswerks stand aber noch aus: der Bau des großen Palastes, der den Namen der Strozzi auch in den kommenden Jahrhunderten bewahren sollte, jenes Hauses, das der junge Filippo einst seiner Mutter versprochen hatte.
DER PALAST
F ilippo Strozzi war einer der letzten großen privaten Bauherren in einem Florenz, das im 15. Jahrhundert einen riesigen Bauboom erlebt hatte. Der von den Bürgern angehäufte Reichtum und
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