Die Strozzi
ein neuer, an der Antike ausgerichteter Geschmack hatten der Stadt ein neues Gesicht gegeben. Nicht dass die mittelalterliche Stadt mit ihren engen Gassen, Plätzen und Märkten verschwunden wäre, aber innerhalb dieses Geflechts war Platz für modernere und größere Bauten geschaffen worden. Das gewaltigste Bauvorhaben des Jahrhunderts war der Neubau des Doms, der von der Bürgerschaft getragen wurde. Filippo Brunelleschi, der geniale Architekt, hatte ihm in den dreißiger Jahren die mächtige Kuppel aufgesetzt, aber die Arbeiten waren damit lange noch nicht abgeschlossen. Brunelleschi entwarf auch das öffentliche Findelhaus, das Ospedale degli Innocenti, mit seiner eleganten Eingangsloggia und für die Medici die Alte Sakristei der Kirche San Lorenzo, die ihnen auch als Grablege dienen sollte. Sein Schüler Michelozzo setzte sein Werk fort und renovierte mit Geldern Cosimo de’ Medicis das Kloster San Marco, für das er auch eine elegante Bibliothek baute. Viele andere Gebäude in öffentlicher und privater Hand wurden im Renaissancestil umgebaut oder verschönert. Daneben entstanden viele neue Familienhäuser oder besser Paläste, die dem neuen Geschmack Rechnung trugen.
Den Anfang machte Cosimo de’ Medici, der Mitte der vierziger Jahre nach Plänen Michelozzos einen grandiosen Palast als sichtbares Zeichen für seine Vormachtstellung in der Stadt zu bauen begann. Dessen strenge Renaissanceformen mit den neuartigen Rundbogenfenstern und der Verkleidung mit Bossenquadern wurden für andere Familienpaläste, nicht nur in Florenz, zum Vorbild. Viele große Florentiner Familien, die über die nötigen Mittel verfügten – die Pazzi,Pitti, Rucellai, Tornabuoni –, errichteten neue Familienresidenzen oder modernisierten die alten im neuen Stil. Diese neuen Bauten beanspruchten viel Platz, und Cosimo gab auch hier das Vorbild. Er riss sein altes Haus nicht ab – es ging in den Besitz seines Neffen Pierfrancesco über. Für das neue Haus aber kaufte er, um den nötigen Baugrund zu gewinnen, zahlreiche kleine Häuser in der Nachbarschaft, die er niederlegen ließ. Das große Terrain an der Kreuzung zweier Straßen erlaubte ihm den Bau eines Palasts von bislang ungewöhnlichen Ausmaßen – ein Zeitgenosse verglich ihn, als er die Baugrube sah, sogar mit dem Kolosseum in Rom. Ähnlich verfuhr auch Filippo Strozzi.
Der von Filippo Strozzi erbaute Palazzo Strozzi in Florenz
Das alte Haus seiner Familie lag, wie gesagt, am engen Corso degli Strozzi in einem dicht bebauten Geviert, das vom Corso bis zur heutigen Via Tornabuoni reichte, die damals Via Larga dei Legnaiuoli (der Tischler und Holzschnitzer) oder nach der Kirche an ihrem südlichen Ende Via Larga di Santa Trinita benannt wurde. Auf den anderen Seiten wurde es begrenzt von der lebhaften, aber engen Via dei Ferravecchi (der Alteisenhändler), die zum Alten Markt führte, und von einer engen Gasse, die es vom nächsten Häuserblock trennte. Auf diesem Areal standen mehrere Wohnhäuser, ein Turm, kleine Läden und Werkstätten von Holzschnitzern, Steinmetzen, Hufschmieden, Bäckern und Fleischern. In seinem Inneren enthielt es ein Gässchen, Höfe und einen kleinen Platz, der der Familiengruppe der Tornaquinci gehörte. Alle diese Gebäude sollten nach Filippos Plänen dem neuen Palast weichen, der auf diese Weise vom Corso bis an die Via dei Legnaiuoli reichenwürde, eine der Hauptstraßen der Stadt, die auch im zeremoniellen Leben eine wichtige Rolle spielte. Hier entlang zog die große Fronleichnamsprozession, wurde in Krisenzeiten das Gnadenbild der Madonna von Impruneta in die Stadt getragen und zogen feierlich die hohen Besucher ein, um sich zum Palazzo della Signoria zu begeben. Am Fest des heiligen Johannes des Täufers, des Stadtheiligen, fand hier auch das Pferderennen statt. Große alte Familien wie die Spini, Gianfigliazzi und Tornabuoni waren Anrainer dieser Straße. Die Lage des geplanten Palastes war deshalb der des Medici-Palastes ähnlich, der ebenfalls an einer «breiten» Straße lag, der Via Larga, der Einfallstraße von Norden her, die von ähnlich großer Bedeutung im zeremoniellen Leben der Stadt war, denn sie führte direkt auf das Baptisterium zu.
Schon 1473 begann Filippo Strozzi mit dem Kauf von Immobilien, um den nötigen Platz für seinen Palast zu gewinnen – er selbst nannte ihn immer nur «mein Haus». Außerdem erwarb er von Verwandten ein paar einfache Gebäude am Corso degli Strozzi jenseits der Gasse neben seinem Haus, um
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