Die Strozzi
der großen Bürger.
Filippo Strozzi berichtete seinem Bruder Lorenzo, der ihn allein im Haus zurückgelassen hatte (ein leichter Vorwurf schwingt in seinen Worten mit), brieflich über die Ereignisse dieser Tage. Er selbst war mit seinen Mitgefangenen aus dem Palazzo della Signoria von den Anhängern der Medici befreit worden, kurz bevor Piero Soderini mit etwas rüden Mitteln zur Flucht gezwungen wurde. «Der Gonfaloniere verließ den Palast mehr tot als lebendig», kommentierte er seinem Bruder die Lage. Danach war es zu Tumulten in der Stadt gekommen. Filippo hatte die florentinischen Gesandten nach Prato begleitet, den Ausgang der Verhandlungen aber nicht abgewartet.Lorenzo Strozzi schreibt in der Vita seines Bruders, dass Filippo sich in Prato beim Kardinal nach den Absichten der Medici erkundigt und ihn gefragt habe, ob sie die Republik erhalten wollten, er habe aber nur ausweichende Antworten bekommen. Von Giuliano de’ Medici berichtete er, dass er in Florenz bei Verwandten wohnte, da der Medici-Palast noch hergerichtet werden musste: «Wie Du weißt, gibt es da außer den Wänden nichts mehr.» Giuliano de’ Medici war, wie andere Chronisten bezeugen, in Florentiner Tracht, mit dem «lucco» der großen Bürger, inmitten seiner Anhänger durch die Stadt spaziert. Zugleich gab es im Regierungspalast Beratungen über die Neuordnung der Verfassung. Filippo glaubte, dass ein ständiger Rat nach venezianischem Vorbild geschaffen werden sollte. Zum Schluss ist noch von der Steuer die Rede, die allen Bürgern auferlegt worden war, um Cardona die geforderte Summe für den Abzug zu bezahlen. Ein Lösegeld für Marcello Strozzi, der in die Hände der Spanier gefallen war, wollten die Strozzi gemeinsam aufbringen. Dies alles meldete Filippo am 2. September 1512 seinem Bruder nach Lucca.
Zwei Tage später berichtet ein weiterer Brief über die Entwicklung der Lage: Die Cardona zu zahlende Summe stand nun fest, und der jeweilige Anteil war sofort zu bezahlen, die Steuereintreiber hatten schon angeklopft. Auch hatte die Regierung beschlossen, alle Sanktionen gegen die Medici aufzuheben und ihnen ihre Güter zurückzugeben. Die Beratungen über die neue Verfassung kamen indes nicht voran, sodass die Anhänger der Medici ein Parlament einberufen wollten, um das Problem unter dem Druck der Menge in ihrem Sinn zu lösen. Filippo selbst hatte sich in diesen unruhigen Tagen aus der Öffentlichkeit ferngehalten und es auch abgelehnt, bewaffnet auf der Piazza zu erscheinen, um die Zugänge zum Regierungspalast abzuriegeln, was ihm viele Vorwürfe vonseiten der Medici-Partei einbrachte. Aber er hatte sich nicht exponieren, sondern den Verlauf der Dinge abwarten wollen. Zwischen den politischen Nachrichten auch eine, die Filippo privat betraf: «Heute Abend», meldete er seinem Bruder, «ist mein Schwager hier eingetroffen.» Gemeint war Lorenzo de’ Medici, der Bruder seiner Frau, dessen zudringlicher Freundschaft er sich in den kommenden Jahren nicht mehr entziehen konnte und wollte.
Es kam, wie es kommen musste. Eine kurz darauf beschlossene Verfassungsänderung im Sinn der großen Bürger, die das Amt des Gonfaloniere auf Lebenszeit abschaffte und mit dem Rat der Achtzig eine Art Senat einrichtete, den Großen Rat aber bestehen ließ, wurde schon nach wenigen Tagen hinweggefegt, nachdem Kardinal Giovanni de’ Medici am 14. September in die Stadt eingezogen war. Zwei Tage danach besetzten seine Anhänger, geführt von Giuliano de’ Medici, den Palazzo della Signoria und versammelten ein Parlament. Diesmal ging auch Filippo mit Waffen, die er allerdings unter dem Gewand versteckte, auf den Platz. Der Große Rat und der Rat der Achtzig wurden abgeschafft und ein außerordentlicher Rat, eine Balìa, eingesetzt, deren Wahl die Medici sorgfältig kontrollierten. Diese bestimmte die Accoppiatori, deren Aufgabe es war, die Wahlbeutel mit neuen Namen zu füllen. Die alten Räte der Hundert und der Siebzig blieben zwar bestehen, aber die Balìa, die über diesen stand, wurde zunächst nicht aufgelöst. Formell bestand die Republik weiter, und in dieser waren die Medici offiziell nur Bürger unter Bürgern, aber sie kontrollierten alle Zugänge zur Regierungsmacht. Filippo Strozzi suchte in diesen Tagen die Nähe von Giulio de’ Medici, mit dem er seit den Tagen seiner Heirat in Rom vertrauter war als mit dem Kardinal und dessen Bruder Giuliano.
Am 17. September berichtete Filippo Strozzi seinem Bruder noch einmal kurz
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