Die Strozzi
Balìa» zu übertragen, die für Vergehen gegen die Staatssicherheit zuständig war.
Statt die Stellung des Gonfaloniere zu stärken, hatte der Fall die unterschwellige Opposition gegen ihn ans Licht gelockt und die Stadt in zwei Lager gespalten, hier die Anhänger Soderinis, dort diejenigen, die zwar nicht die Rückkehr der Medici befürworteten, aber doch eine Minderung der Macht des Gonfaloniere wünschten. Selbst Papst Julius II. schickte Schreiben nach Florenz, um die Regierung aufzufordern, die Ehe, die nach in Florenz zirkulierenden Berichten in seinemBeisein abgeschlossen worden war, nicht zu verhindern. Filippo Strozzi wurde am 5. und am 12. Januar 1509 von den «Otto» verhört, bei denen auch viele anonyme Denunziationen eingegangen waren. Lorenzo Strozzi vermutete, dass eine davon aus der Feder Niccolò Machiavellis stammte, der sie im Auftrag Soderinis abgefasst haben sollte. Die Frage war, ob Filippo gegen die Gesetze der Republik die Tochter eines Mannes geheiratet hatte, der als Rebell verurteilt worden war. Nun war Piero de’ Medici zwar schon tot, aber die Sanktionen erstreckten sich auch auf seine Nachkommen. Ob aber auch die Töchter betroffen waren, war umstritten. Die Rechtslage war nicht klar, einige Entscheidungen in der Vergangenheit hatten die Töchter ausgenommen.
Lorenzo Strozzi zeichnet in seiner Vita die Verteidigungslinie Filippos nach, die er ihm in Form einer flammenden Rede in den Mund legt: Clarice de’Medici sei seine rechtmäßige Frau. Er habe ihr den Ring gegeben (was falsch war) und könne die Ehe nicht mehr rückgängig machen. Auch sei er überzeugt gewesen, dass Clarice nicht unter den Bann ihres Vaters falle. An seiner Treue zur Republik und zu deren freiheitlichen Idealen dürfe aber niemand zweifeln, denn als ein Strozzi kenne er nur allzu gut die Verletzungen der Freiheit durch die Medici. Und an dieser Stelle legt ihm sein Bruder im Wissen um den tragischen Ausgang der Geschichte die im Nachhinein geschriebenen, bitteren Worte in den Mund: «Man kann mit gutem Recht sagen, dass wegen des unauslöschlichen Hasses, den die Medici gegen uns hegten, weil wir Förderer und Freunde der Freiheit gewesen sind, das Exil bei uns erblich ist, ja geradezu wie ein Familienvermögen an die Nachkommen weitergegeben wird.»
Die «Otto» fällten am 16. Januar 1509 ein relativ mildes Urteil. Filippo wurde für drei Jahre nach Neapel verbannt und musste eine Strafe von knapp 700 Fiorini bezahlen. Seine Ehe wurde nicht angefochten. Für den Gonfaloniere bedeutete dieser Ausgang eine politische Niederlage. Filippo Strozzi verließ wiederum Florenz, um sein Exil in Neapel anzutreten. Dabei machte er kurz in Rom halt, um Clarice de’ Medici am 3. Februar 1509 endlich den Ring an den Finger zu stecken und zu seiner Frau zu machen. Auf ein Hochzeitsfest wurde verzichtet. Anders als in Florenz kolportiert, war Clarice de’ Medici ein gut aussehendes, wohlgestaltetes Mädchen; dass sie auch stolz undhochmütig war, sollte ihr Gemahl später noch erfahren. In derselben Nacht noch verließ Filippo Strozzi Rom, denn die ihm gesetzte Frist, sein Exil zu erreichen, war knapp bemessen. Seine frisch angetraute Braut blieb einstweilen in Rom.
Es fragt sich, ob Filippo Strozzi und seine Mutter sich über die explosiven politischen Implikationen dieser Ehe klar waren oder doch eher, wie Lorenzo Strozzi behauptet, die Höhe der Mitgift das entscheidende Element für sie war. Sie erhielten in der Tat die für Florenz ganz ungewöhnlich hohe Mitgift von 7200 Fiorini, fast sechsmal so viel, wie Bernardo Rucellai für seine Tochter bezahlt hatte, als er sie Lorenzo Strozzi zur Frau gab. Wie der gut informierte Guicciardini berichtet, verdächtigte Soderini verschiedene Personen, das Eheprojekt mit dem Ziel eines politischen Umsturzes gefördert zu haben. Verdächtigt wurden vor allem Bernardo Rucellai und seine Söhne, dazu Filippo Buondelmonti, der vertraute Helfer beim Bau des Strozzi-Palasts, sowie Lucrezia de’ Medici, die Frau Jacopo Salviatis und Schwester des Kardinals, die mit Soderini selbst über eine Heirat Clarices mit einem Neffen von ihm verhandelt hatte. Der Gonfaloniere war nicht abgeneigt gewesen, hatte aber zum Schluss aus Furcht vor öffentlichen Vorwürfen abgelehnt. Zweifellos waren es diese Personen, die Filippo Strozzi und seiner Mutter die Ehe schmackhaft gemacht und auch einen gewissen Druck auf sie ausgeübt hatten. Bernardo Rucellai sah sich allerdings veranlasst,
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