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Die Strozzi

Die Strozzi

Titel: Die Strozzi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingeborg Walter
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wurden.
    Allerdings kann man sich fragen, woher Filippo die Zeit nahm, um seinen vielfältigen Zerstreuungen und Neigungen nachzugehen. Er beschäftigte sich mit Philosophie und hatte erd- und naturkundliche und astronomische Interessen, angeregt durch die Lektüre der
Historia naturalis
von Plinius dem Älteren, von der schon sein Vater eine Prachthandschrift hatte anfertigen lassen. Er war ein aufgeklärter Geist, der nicht wie sein gottesfürchtiger Vater und so viele Gebildete seiner Zeit an die Sterne glaubte. Die Zukunft könne man nicht voraussehen, soll er erklärt haben. Religiös war er kaum, auch wenn er im Testament seine Seele der Barmherzigkeit Gottes anempfahl. Almosen sollten für sein Seelenheil gespendet werden, Messen, von denen sein Vater so viele für sich hatte lesen hatten, wünschte er sich nicht. Sein Bruder schreibt, er habe seinen Tag dreigeteilt: Ein Teil war der Durchsicht seiner Geschäftskorrespondenz gewidmet, der zweite den privaten Angelegenheiten, der dritte schließlich seinen Neigungen.
    Schwerlich konnte sich Filippo in den Jahren, als er nolens volens der Höfling seines Schwagers war, an diese Regel halten. Lorenzo de’ Medici beanspruchte ihn auch für Aufgaben, die ihn monatelang vonFlorenz und Rom fernhielten. Im Herbst 1515 begleitete er ihn als offizieller Gesandter der Regierung – der andere war Francesco Vettori, sein lebenslanger großer Freund – auf einer Mission nach Norditalien, um dem neuen französischen König Franz I., der Mailand zurückerobert hatte, zur Thronbesteigung zu gratulieren. Dabei sollte ein Treffen des Königs mit Leo X. verabredet werden, das dann im Dezember nicht wie gewünscht in Florenz, sondern in Bologna stattfand. Erst im Januar 1516 kam Filippo mit Lorenzo de’ Medici zurück. 1518 musste er den Herzog nach Frankreich begleiten, als dieser dort Madeleine de la Tour d’Auvergne, eine Verwandte des französischen Königs, heiratete. Ihn ödeten solche Missionen an, zumal er, wie er einmal scherzhaft an Lorenzo de’ Medici schrieb, von Politik nichts verstand: Über die lombardischen und die ganzen italienischen Angelegenheiten zu diskutieren sei seine Kunst nicht.
    Besonders lästig war ihm die Reise nach Frankreich, obwohl er es im Grunde liebte, fremde Städte und Länder kennenzulernen. Während Lorenzo de’ Medici sich am Hof bei Festen und Jagden vergnügte, musste er im Schloss von Blois der deprimierten Braut Gesellschaft leisten. Liebend gerne hätte er Paris besucht, das nur zwei Tagesreisen entfernt war, aber auch das war nicht möglich. Selbst die Verpflegung ließ seiner Meinung nach sehr zu wünschen übrig. Einige Italiener im Gefolge Lorenzos erkrankten schwer an der französischen Kost, sodass Filippo es für besser hielt, auf italienische Art zu essen. «Gott befreie mich von hier!», schrieb er verzweifelt seiner Frau. Er füllte die leere Zeit mit dem Schreiben von Sonetten aus.
    Lorenzo de’ Medici starb am 4. Mai 1519 in Florenz, wohl nicht, wie oft gesagt, an der Syphilis, sondern an einer schweren Form von Tuberkulose, die ihn schon lange gequält hatte. Wenige Tage zuvor, am 28. April, war seine junge Frau gestorben, nachdem sie am 13. April einem Mädchen das Leben geschenkt hatte («das Mädchen ist schön», meldete Lorenzos Sekretär nach Rom). Das Kind erhielt den Namen Caterina, den ihrer mütterlichen Urgroßmtter Caterina di Sanseverino. In Florenz betrauerte Lorenzos Tod kaum jemand, selbst Filippo Strozzi soll im Geheimen erleichtert gewesen sein – so wenigstens stellt es sein Bruder dar. Allerdings bezichtigten die Florentiner ihn und Francesco Vettori, die Einflüsterer des verstorbenen Herzogs gewesen zu sein und seine Ambitionen auf die Herrschaft überFlorenz gefördert zu haben. In der Tat hatten beide Lorenzo de’ Medici im Herbst 1518 nach Rom begleitet und in diesem Sinn auf den Papst eingewirkt, doch Leo X. hatte eine solche Lösung abgelehnt.
    Mit Lorenzo de’ Medici starb der letzte legitime, männliche Nachkomme Cosimo de’ Medicis, der 1434 die informelle Herrschaft der Medici über Florenz begründet hatte. Giuliano de’ Medici, der Bruder Leos X., war schon 1516 gestorben und hatte nur einen illegitimen Sohn hinterlassen – Ippolito. Dessen Mutter, eine Dame aus Urbino, hat nach jüngsten Forschungen Leonardo da Vinci auf dem Gemälde, das gewöhnlich als
Mona Lisa
bezeichnet wird, verewigt. Auch Lorenzo de’ Medici wurde ein illegitimer Sohn zugeschrieben –

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