Die Strozzi
Medici befreien und die alte Republik wiederherstellen wollten.
Filippo Strozzis Name wird oft mit dem Kreis von großen Bürgern und Intellektuellen in Verbindung gebracht, die sich in Bernardo Rucellais Lustgarten unter den Hügeln von Fiesole zu philosophischen und politiktheoretischen Gesprächen und Diskussionen zusammenfanden. In den ersten Jahren des 16. Jahrhunderts bis zu Rucellais freiwilligem Exil 1505 waren die «Orti Oricellari» nicht nur ein Ort feingeistiger Gespräche, sondern auch des politischen Widerstands gegen die populare Herrschaft Soderinis gewesen, mit dem Ziel, in Florenz eine Herrschaft der großen Bürger in Verbindung mit den Medici zu installieren. Wahrscheinlich nahmen Lorenzo Strozzi, der Rucellais Schwiegersohn war, und vielleicht auch der damals noch sehr junge Filippo an diesen geselligen Zusammenkünften teil. Nach dem Tod Rucellais im Jahr 1514 übernahm Bernardos Enkel Cosimo, genannt Cosimino, die Rolle des Gastgebers in diesem lauschigen Garten. Auch Niccolò Machiavelli stieß nun zu diesem Kreis. Er siedelte hier seinen 1516 oder 1517 entstandenen Dialog über die Kriegskunst (
L’arte della guerra
) an, den er 1520, als er gedruckt wurde, Lorenzo Strozzi widmete, und las vor allem hier seinem Publikum die
Discorsi
vor, jene «Erörterungen über die erste Dekade des Titus Livius», in denen er die Vorzüge und Mängel der römischen Republik beleuchtete und die er zum Ausgangspunkt für seine Reflexionen über die bestmögliche Verfassung eines Staates nahm. Für ihn blieb eine Republik wie die römische, in die auch das Volk eingebunden war, das nicht mehr erreichte Vorbild; Machiavelli wünschte letztlich auch für Florenz eine staatliche Ordnung, an der durch die Institution des Großen Rats größere Kreise der Bevölkerung beteiligt waren. Einige seiner jungen Zuhörer nahmen ihn beim Wort und zettelten 1522 ein Komplott gegen die Medici an, welches die Teilnehmer aufs Schafott oder ins Exil brachte. Wir wissen nicht, ob auch Filippo Strozzi unter Machiavellis Hörern saß; angesichts seiner vielfältigen Beschäftigungen und Missionen im Dienst der Medici kann dies nur selten geschehen sein. Dass er den Ideen Machiavellis nicht unzugänglich war, sollte sich im Folgenden zeigen.
Machiavelli war den beiden Brüdern Strozzi sehr freundschaftlichverbunden. Sie beförderten seine Annäherung an die Medici, denen er wegen seiner wichtigen Rolle während der Regierung Piero Soderinis immer noch suspekt war. Durch ihre Vermittlung und auf Wunsch Kardinal Giulio de’ Medicis, der ihn 1520 in Florenz empfing, erhielt Machiavelli von der Universität den Auftrag, eine Geschichte von Florenz zu schreiben. 1525 legte er die acht Bücher der
Istorie fiorentine
, die bis zum Tod Lorenzos des Prächtigen reichten, in Rom Giulio de’ Medici, nun Papst Clemens VII., vor und widmete sie ihm. Das große Thema dieses Geschichtswerks ist der Parteienkampf, das Erzübel von Florenz seit den Anfängen seiner Geschichte und Grund für die permanente Instabilität der Republik. In Rom traf Machiavelli auch mit Filippo Strozzi zusammen, den er wenig später bat, beim Papst vorzusprechen, um bei der Universität eine Erhöhung seines Salärs für die Weiterführung der Arbeit zu erreichen. Dies tat er auch, aber die
Istorie
gelangten nie über die acht Bücher hinaus, entweder weil die Materie zu delikat war – sie hätte die Vertreibung der Medici und die Umstände ihrer Wiederkehr behandeln müssen – oder weil Machiavelli schon im Jahr 1527 starb.
Dass Machiavellis Verhältnis zu Filippo Strozzi ein sehr familiäres war, geht auch aus einem Brief hervor, den dieser 1526 an Machiavelli schrieb. Darin äußert sich Strozzi zunächst zu den von Machiavelli an den Papst gerichteten Handlungsvorschlägen angesichts der aktuellen politischen Lage. Strozzi verwirft sie völlig, kommt dann aber am Schluss in dem ironisch scherzhaften Ton, der unter Florentiner Freunden üblich war, auf die Bitte Machiavellis zu sprechen, sich um die «Barbera», die von Machiavelli heiß geliebte Sängerin Barbara Raffacani, zu kümmern, die Arbeit in Rom suchte: «… Ihr befehlt mir Küsse, aber nur mit Erlaubnis der Frau, die ich noch gar nicht habe küssen können, da ich sie nie haben konnte. Dann habe ich die Sache noch einmal überdacht und bin zum Schluss gekommen, dass Ihr im Grunde gar nicht wollt, dass ich das tue, wenn Ihr mir eine solche Vorschrift macht. Deshalb danke ich Euch auch nicht sehr
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