Die Strozzi
an die Regierung schickte und seine Absicht bekundete, die Stadt zu verlassen: Florenz sei frei, sich die Verfassung zu geben, die es wünsche. Nun kam auch Filippo Strozzi in die Stadt und sprach mit Passerini und Ippolito, die auf seine Unterstützung gehofft hatten. Filippo suchte zu vermitteln, aber er hatte sich für die Republik entschieden. Er erhielt die Aufgabe, den Kardinal und die beiden Medici-Bastarde aus der Stadt zu geleiten.
Lorenzo Strozzi erzählt diese Ereignisse ausführlich in der Vita seines Bruders. Er unterschlägt dabei auch nicht, dass Filippo bis zum letzten Moment starke Zweifel geplagt hatten. Nach seinem Bericht hatte bei seiner Ankunft in Pisa auch Kardinal Passerini den Kontakt mit ihm gesucht, sodass Filippo vor der Wahl zwischen Freiheit oder Knechtschaft gestanden habe. Er habe die Freiheit gewünscht, aber auch den Schaden gefürchtet, den ein Abfall von den Medici ihm bringen würde. 60.000 Dukaten habe ihm Clemens VII. geschuldet, die unweigerlich verloren gegangen wären. (Filippo selbst sprach von 103.000 Dukaten, von denen nur 60.000 abgesichert waren.) Geradedies war Filippos unlösbares Dilemma nicht nur jetzt, sondern immer, und der wahre Grund seiner vergangenen und künftigen Treue zu den Medici. Als Repräsentant der städtischen Oligarchie musste er ein republikanisches Florenz, möglichst unter der Führung der großen Bürger, wünschen, aber als Bankier, der seinen geschäftlichen Erfolg weitgehend den beiden Medici-Päpsten verdankte, musste er bei einem Bruch mit den Medici den Bankrott fürchten.
Kurz nach dem Abzug des Kardinals Passerini und seiner beiden Schützlinge wurde die Republik in der Form, wie sie vor 1512 bestanden hatte, wiederhergestellt. Aber die beiden Kräfte, die den Umsturz getragen hatten, hier die großen Bürger, die ein oligarchisches Regime anstrebten, dort jene, welche eine Regierung auf breiterer popularer Basis forderten, gerieten schon bald wieder in Konflikt. Niccolò Capponi, der für ein Jahr zum Gonfaloniere gewählt worden war, wurde nicht wiedergewählt. Radikalere Gruppen gewannen die Oberhand, die sich wiederum aufspalteten in die «Arrabbiati» und die «Piagnoni». Letztere inspirierten sich an den religiös-politischen Ideen eines Savonarola, Christus wurde zum «König der Republik» gewählt. Mit der Zeit kam es zu einer geradezu «jakobinischen» Verfolgung der großen Bürger, von denen nicht wenige unter der Anklage konspirativer Machenschaften hingerichtet oder verbannt wurden.
Diese innenpolitischen Konflikte entzweiten auch die Strozzi-Brüder wieder. Alfonso ergriff wie schon in der Zeit Savonarolas die Partei der «Arrabbiati», Lorenzo blieb zurückgezogen in Florenz wie auch der Cousin Matteo, aber Filippo, dem vorgeworfen wurde, den Kardinal Passerini und die Medici-Bastarde bei ihrem Abzug begünstigt zu haben, zog es vor, Florenz den Rücken zu kehren. Diesen Entschluss fasste er nach dem Tod seiner Frau Clarice de’ Medici, die am 3. Mai 1528 gestorben war. Er hatte seine Gemahlin, diese schöne, stolze und unerschrockene Frau, sehr geschätzt und vielleicht auch geliebt. Auf ihn gehört hatte sie freilich nie, wie Filippo selbst sagte, aber sie hatte ihm zehn Kinder geboren, sieben Söhne und drei Töchter, was seiner Familie eine große Stärke gab. Als Filippo Strozzi später unter dramatischen Umständen sein Testament machte, gedachte er ihrer mit warmen Worten und befahl seinen Erben, ihr ein würdiges Grabmal gegenüber dem seinen in der vom Vater gestifteten Kapelle in Santa Maria Novella zu errichten. Filippo Strozzi ging 1528zuerst nach Lucca und von dort aus nach Lyon, einem der wichtigsten Finanzplätze der damaligen Welt, wo schon 1517 die drei Strozzi-Brüder zusammen mit ihrem Cousin Matteo eine Bankgesellschaft gegründet hatten. 1521 wurde ohne Alfonso eine neue Gesellschaft gebildet. Über diese Bank liefen viele der kirchlichen Einnahmen aus Nord- und Mitteleuropa. In Lyon, unter dem Schutz des französischen Königs, wollte Filippo die Entwicklung der Lage abwarten.
Diese verlief sehr zuungunsten des republikanischen Florenz. Die Besetzung von Rom im Mai 1527 und die klägliche Gefangenschaft Clemens’ VII. in der Engelsburg, die sieben Monate dauerte, hatten Karl V. zum Herrn über Italien gemacht. Er herrschte in Mailand, Sardinien, Sizilien und Neapel und hatte den Papst und den Kirchenstaat in seiner Hand. Es schien ein Leichtes, auch den Rest der Halbinsel unter seine
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