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Die stumme Bruderschaft

Die stumme Bruderschaft

Titel: Die stumme Bruderschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Navarro
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Anweisung, seinen Onkel nicht aus den Augen zu lassen. Dieser sollte ihn im Bistum vorstellen und sagen, dass er künftig bei ihm leben werde. Außerdem wies er Turgut an, Ismet das Schlupfloch zu zeigen, durch das man in die unterirdischen Gänge kam, denn vielleicht würden sich einige der Männer aus Urfa dort verstecken. Dann müsste er sie mit Lebensmitteln und Wasser versorgen.
    Darauf verabschiedete sich Bakkalbasi. Er musste Weiterreisen und noch andere Mitglieder der Gemeinschaft treffen.

43
     
    »Was machen wir?«, fragte Pietro. »Vielleicht sollten wir ihn verfolgen.«
    »Wir wissen doch gar nicht, wer das ist«, antwortete Giuseppe.
    »Jedenfalls ein Türke. Das sieht man ihm an.«
    »Ich weiß nicht. Lass uns erst einmal zum Hausmeister gehen. Wir stellen ihm ein paar Fragen. Dabei erfahren wir vielleicht auch, wer da eben seine Wohnung verlassen hat.«
    Ismet öffnete die Tür, weil er glaubte, Hirte Bakkalbasi habe etwas vergessen. Er runzelte die Stirn, als er die beiden Männer sah, die er sofort als Polizisten identifizierte.
    »Guten Tag, wir möchten mit Francesco Turgut sprechen.«
    Der junge Mann tat, als ob er sie kaum verstünde, und rief auf Türkisch nach seinem Onkel. Der kam zur Tür, seine Lippen zitterten.
    »Wir kommen nochmals wegen des Brandes in der Kathedrale. Wir wollten fragen, ob Ihnen inzwischen nicht doch noch etwas eingefallen ist.«
    Turgut hatte Giuseppes Frage kaum gehört. Er hatte Mühe, die Tränen zurückzuhalten. Ismet legte ihm schützend den Arm um die Schulter und antwortete für seinen Onkel in einer Mischung aus Italienisch und Englisch.
    »Mein Onkel ist alt, und er hat seit dem Brand viel durchgemacht. Er hat Angst, dass man ihn wegen seines Alters nicht mehr für so fähig hält und ihn entlässt, weil er nicht aufmerksamer war. Können Sie ihn nicht in Ruhe lassen? Er hat Ihnen doch schon alles gesagt.«
    »Und wer sind Sie?«, fragte Pietro.
    »Ich heiße Ismet Turgut, ich bin sein Neffe. Ich bin heute angekommen. Ich hoffe, dass ich in Turin bleiben und eine Arbeit finden kann.«
    »Woher kommen Sie?«
    »Aus Urfa.«
    »Gibt es denn dort keine Arbeit?«, hakte Giuseppe nach.
    »Doch, auf den Ölfeldern. Aber ich will einen anständigen Beruf lernen, sparen und dann nach Urfa zurückkehren und ein Geschäft aufmachen. Ich habe eine Freundin dort.«
    Der junge Mann macht einen netten Eindruck, dachte Pietro, unschuldig. Vielleicht war er das ja auch.
    »Gut, wir würden jedenfalls gerne von Ihrem Onkel wissen, ob er Kontakte zu anderen Einwanderern aus Urfa unterhält«, sagte Giuseppe.
    Francesco Turgut lief ein Schauer über den Rücken. Er war sich sicher, dass die Polizei alles wusste. Ismet antwortete eilig:
    »Das wüsste ich selbst gerne! Ich hoffe nämlich hier Leute aus meiner Heimatstadt zu treffen. Auch wenn mein Onkel halb Italiener ist – wir Türken bleiben unseren Wurzeln doch immer treu.«
    Pietro ließ nicht locker. Der junge Mann wollte offenbar verhindern, dass Francesco Turgut selbst redete.
    »Signor Turgut, kennen Sie die Familie Bajerai?«
    »Bajerai!«, rief Ismet erfreut aus. »Ich bin mit einem Bajerai in die Schule gegangen. Ich glaube, sie haben hier ein paar Cousins oder so …«
    »Ihr Onkel soll die Frage beantworten«, sagte Pietro.
    Francesco Turgut schluckte und sagte, was er so oft geprobt hatte.
    »Klar kenne ich sie. Eine anständige Familie, die großes Unglück erlitten hat. Ihre Söhne, nun ja, ihre Söhne haben einen Fehler gemacht und büßen dafür. Aber ich versichere Ihnen, die Eltern sind gute Menschen, da können Sie fragen, wen Sie wollen, Sie werden nur Gutes hören.«
    »Haben Sie die Bajerai in der letzten Zeit besucht?«
    »Nein, in der letzten Zeit geht es mir nicht gut, und ich gehe kaum aus.«
    »Entschuldigung«, unterbrach sie Ismet mit Unschuldsmiene, »was haben die Bajerai denn angestellt?«
    »Und warum glauben Sie, dass sie etwas angestellt haben?«, fragte Giuseppe.
    »Wenn Sie als Polizisten hier auftauchen und nach den Bajerai fragen, dann haben sie etwas ausgefressen, das ist doch klar.«
    Der junge Mann lächelte sie freundlich an. Sie wussten nicht, ob er zynisch oder wirklich so harmlos war, wie er tat.
    »Gut, kommen wir auf den Tag des Brandes zurück.« Giuseppe blieb hartnäckig.
    »Ich habe Ihnen doch schon alles gesagt. Wenn mir noch etwas eingefallen wäre, hätte ich mich schon bei Ihnen gemeldet«, sagte der Alte mit wehleidiger Stimme.
    »Ich bin gerade erst angekommen«,

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