Die stumme Bruderschaft
gegangen.
Er vereinbarte mit dem Fährmann den Preis für die Überfahrt, und als er auf der portugiesischen Seite war, ritt er rasch zu der Komturei, die in den letzten drei Jahren sein Zuhause gewesen war, nachdem er in Ägypten gekämpft und Zypern verteidigt hatte.
José Sa Beiro empfing João de Tomar sofort und bat ihn, Platz zu nehmen. Er reichte ihm kühles Wasser, damit er seinen Durst stillen konnte. Dann setzte er sich ebenfalls und wartete gespannt, was der nach Paris entsandte Spion zu sagen hatte.
Zwei Stunden lang gab João de Tomar einen lebendigen Bericht von den letzten Tagen des Templerordens, insbesondere von dem schwarzen 19. März, an dem Jacques de Molay und die letzten Ritter unter dem mitleidlosen Blick des Volkes und des Hofes auf dem Scheiterhaufen verbrannt waren. Sa Beiro war tief bewegt und musste die ganze Würde seines Amtes aufbieten, um sich seine Gefühle nicht anmerken zu lassen.
Philipp der Schöne hatte das Todesurteil über den Templerorden gesprochen, und in ganz Europa wurde mit Unterschrift des Papstes der Orden verboten. In allen christlichen Königreichen wurde den Rittern der Prozess gemacht. In einigen würden sie freigesprochen, in anderen dagegen würde der Befehl des Papstes befolgt werden, der sie zwang, sich anderen religiösen Orden anzuschließen.
José Sa Beiro wusste von den guten Absichten von König Dionis, aber würde der König von Portugal sich wirklich dem Diktat des Papstes widersetzen? Er musste es wissen und würde jemanden entsenden, der in seinem Namen mit dem König sprechen sollte.
»Ich weiß, Ihr seid müde, aber ich muss Euch um einen weiteren Dienst bitten. Ihr werdet nach Lissabon reisen und einen Brief für den König mitnehmen. Ihr erzählt ihm in allen Einzelheiten, was Ihr gesehen habt. Und dann wartet Ihr auf seine Antwort. Nach Möglichkeit brecht Ihr schon morgen früh auf.«
João de Tomar hatte kaum Zeit, sich von den Strapazen der Reise zu erholen. Es war noch nicht hell, als der Obere ihn rufen ließ.
»Hier ist die Botschaft. Macht Euch auf den Weg. Gott schütze Euch.«
In Lissabon eingetroffen, übergab João de Tomar dem König den Brief José Sa Beiros und berichtete ihm von seinen Erlebnissen in Paris. Er wusste von den guten Beziehungen von König Dionis zum Klerus, mit dem er vor einigen Jahren ein Konkordat unterzeichnet hatte. Aber würde er es wagen, sich dem Papst zu widersetzen?
Der Templer wartete drei Tage, bevor der König ihn erneut rufen ließ. Er hatte eine salomonische Entscheidung getroffen: Er würde sich dem Papst nicht widersetzen, die Templer aber auch nicht verfolgen. Er hatte verfügt, dass ein neuer Orden gegründet werden sollte, der Orden do Cristo, in dem die Templer weiterhin nach ihren Regeln leben konnten, nur dass dieser Orden nicht dem Papst, sondern dem König unterstand.
Auf diese Weise garantierte der umsichtige König, dass das Vermögen der Templer in Portugal blieb und nicht an die Kirche oder andere Mächte fiel. Er würde auf die Dankbarkeit und Hilfe der Templer zählen können, vor allem aber auf ihr Gold.
Als José Sa Beiro von der Verfügung des Königs hörte, war ihm klar, dass die Templer in Portugal zwar nicht verfolgt oder auf Scheiterhaufen verbrannt würden wie in Frankreich, ihr Vermögen aber an den König fiele. Er musste eine Entscheidung treffen, denn wahrscheinlich würde man ihn schon bald um ein Inventarverzeichnis der Besitztümer einer jeden Komturei bitten.
Castro Marim war also kein sicherer Ort mehr für den wahren Schatz der Templer. Er musste an eine Stelle gebracht werden, die für den König ebenso unerreichbar war wie für den Papst.
Beltrán de Santillana hatte das Grabtuch sorgfältig zusammengelegt und in einen Beutel gesteckt, von dem er sich keine Sekunde trennen würde.
Er wartete auf die Flut, damit er das Schiff nach Schottland besteigen konnte. Von allen christlichen Ländern war Schottland das einzige, in dem die Nachricht mit dem Befehl zur Auflösung des Templerordens nicht angekommen war und auch nie ankommen würde:
König Robert Bruce war exkommuniziert, und er kümmerte sich nicht um die Angelegenheiten der Kirche, und die Kirche nicht um die Schottlands. Die Tempelritter hatten von Robert Bruce also nichts zu befürchten, und Schottland war zur einzigen Bastion geworden, in der die Macht des Templerordens unangetastet blieb.
Deshalb war der Schatz der Templer auch nur in Schottland für immer sicher. Und so hatte
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