Die stumme Bruderschaft
Sofia.
»Vorsicht, Dottoressa!«
»Mach dir keine Gedanken, Marco, ich stehe mit beiden Beinen im Leben, und für nichts in der Welt will ich diese Bodenhaftung verlieren. D’Alaqua ist für mich unerreichbar, du kannst beruhigt sein.«
»Ich will dir eine persönliche Frage stellen. Wenn sie dir unangenehm ist, schick mich zum Teufel. Was ist mit Pietro?«
»Ich werde dich nicht zum Teufel jagen, ich werde sie dir ehrlich beantworten: Es ist aus. Die Beziehung gibt nichts mehr her.«
»Hast du es ihm schon gesagt?«
»Wir werden heute zusammen zu Abend essen und reden. Aber er ist nicht dumm, er weiß es. Ich glaube, er sieht das genauso.«
»Das freut mich.«
»Wieso freut dich das?«
»Weil Pietro kein Mann für dich ist. Er ist ein netter Mensch, er hat eine tolle Frau, die unglaublich glücklich sein wird, ihren Mann zurückzugewinnen. Du, Sofia, solltest uns eines Tages verlassen und beruflich einen anderen Weg einschlagen, mit anderen Leuten, anderen Perspektiven. Das Dezernat für Kunstdelikte ist nicht deine Kragenweite.«
»Sag so was nicht! Um Gottes willen! Weißt du, wie glücklich ich mit meiner Arbeit bin? Ich will nicht weg.«
»Du weißt, dass ich Recht habe, du hast nur Angst, etwas Neues zu wagen.«
Pietro kam, und sie verabschiedeten sich von Marco, der am anderen Morgen früh nach Turin fahren wollte.
»Gehen wir zu dir?«, fragte Pietro.
»Nein, ich möchte lieber im Restaurant essen.«
Pietro führte sie zu einer kleinen Kneipe in Trastevere. Es war dieselbe, wo sie das erste Mal zusammen zu Abend gegessen hatten, ganz am Anfang ihrer Beziehung. Sie waren schon lange nicht mehr dort gewesen. Sie bestellten das Essen, redeten über Belanglosigkeiten und versuchten die Aussprache hinauszuzögern.
»Pietro …«
»Immer mit der Ruhe, ich weiß, was du mir sagen willst, und ich bin einverstanden.«
»Du weißt es?«
»Ja, jeder wüsste das. In diesen Dingen bist du leicht zu durchschauen.«
»Pietro, ich hab dich sehr gern, aber ich bin nicht in dich verliebt, und ich will keine Verpflichtungen. Ich möchte, dass wir Freunde bleiben, dass wir weiterarbeiten können wie bisher, kameradschaftlich und ohne Spannungen.«
»Ich liebe dich. Nur ein Dummkopf würde sich nicht in dich verlieben, aber ich weiß, dass ich mit dir nicht mithalten kann …«
Sofia winkte ab, unangenehm berührt.
»Sag das nicht, das ist Blödsinn.«
»Ich bin Polizist, und das sieht man mir an. Du bist eine studierte Frau, eine Frau mit Klasse. Ganz gleich, ob du Jeans oder ein Armani-Kostüm anhast, du siehst immer aus wie eine Lady. Ich hatte großes Glück, mit dir zusammen sein zu dürfen, aber ich habe immer gewusst, dass du mir eines Tages die Tür vor der Nase zuknallst. D’Alaqua?«
»Der hat mich nicht einmal angesehen! Nein, Pietro, es steckt kein anderer Mann dahinter. Aber unsere Beziehung führt zu nichts. Du liebst deine Frau, und ich verstehe das. Sie ist nett und sieht gut aus. Du würdest dich nie von ihr trennen, du könntest es nicht ertragen, ohne deine Kinder zu leben.«
»Sofia, wenn du mich vor die Wahl gestellt hättest, wäre ich mit dir gekommen.«
Sie schwiegen. Sofia hätte am liebsten losgeheult, aber sie beherrschte sich. Sie war entschlossen, mit Pietro zu brechen und sich nicht von irgendeinem Gefühl leiten zu lassen, das die längst getroffene Entscheidung nur aufschieben würde.
»Ich glaube, es ist das Beste, wenn wir die Sache beenden. Wirst du mein Freund sein?«
»Ich weiß es nicht.«
»Warum?«
»Weil ich es nicht weiß. Ich weiß nicht, wie ich damit zurechtkommen werde, dich zu sehen und nicht mehr mit dir zusammen zu sein, dass du eines Tages kommst und mir erzählst, es gebe einen anderen Mann in deinem Leben. Es ist leicht zu sagen, ich werde dein Freund sein, aber ich will dich nicht belügen: Ich weiß nicht, ob ich es kann. Und wenn ich es nicht kann, werde ich gehen, bevor ich anfange, dich zu hassen.«
Sofia war von Pietros Worten beeindruckt. Wie Recht Marco doch hatte, es war ein Fehler, Arbeit und Vergnügen zu vermischen. Aber die Würfel waren gefallen, es gab kein Zurück.
»Ich werde gehen. Ich will nur die Ermittlungen zu dem Brand abschließen und sehen, wie es mit dem Stummen läuft. Dann werde ich um meine Entlassung bitten.«
»Nein, das wäre nicht gerecht. Du bist sehr wohl in der Lage, mich als Freund zu betrachten. Das Problem bin ich. Ich kenne mich. Ich werde mich versetzen lassen.«
»Nein, dir gefällt es im Dezernat
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