Die stummen Götter
übergegangen, in das rötliche Licht der Halle mischte sich ein grellgrünes Leuchten, und dann konnte selbst Gossel einen erstickten Ausruf nicht unterdrücken.
Aus dem Tor kam es hervorgekrochen, langsam, ein wenig unsicher, torkelnd beinahe zuerst, ein Ding, ein Etwas, das noch am ehesten an einen überdimensionalen, gepanzerten Enger ling erinnerte. Es war in sich gegliedert, offenbar aus Segmen ten zusammengesetzt, die sich nur störrisch zunächst und wie benommen einem leitenden Willen unterzuordnen schienen, sich auch mit dem zuvorderst liegenden Führungsglied wie suchend hier- und dorthin wandte, und das grüne Lichtbündel stach aus einer Art Scheinwerferauge, das etwas erhöht über diesem Kopf- teil angebracht war.
Dann war das Ding halb aus dem Tor hervorgekrochen, lag, gleichsam witternd, einen Moment lang noch auf der Schwelle, der Lichtstrahl glitt mehr zum Boden herunter, zog sich in die Breite, fächerte sich auf, und es war, als würde damit nun eine Spur aufgenommen. Dann kam es auf uns zu.
Wir saßen mit angehaltenem Atem, und in die Spannung hinein fragte Kraneis mit zusammengebissenen Zähnen: „Was soll ich tun?“
„Nichts“, erwiderte Gossel, und auch er brachte kaum die Lippen auseinander.
Was mich selber anging – nun, mir kam nicht einmal der Gedanke, daß wir in irgendeiner Art von Gefahr schweben könnten. Selbst von dem metallenen Engerling da vorne schien mir keinerlei Bedrohung auszugehen. Dafür mutete mich dieser Apparat viel zu unbeholfen, zu plump, ja geradezu viel zu gro- tesk an. Das war kein Angriffsinstrument, keine Waffe, das konnte es gar nicht sein. Dessen war ich mir ganz sicher. Offensichtlich aber stand ich mit dieser Ansicht allein, denn ich be merkte gleichzeitig, daß ich anscheinend der einzige an Bord des Titans war, der die Ruhe behielt.
„Leute, Leute!“ sagte ich. „Ich denke, wir sind hier so sicher wie in Abrahams Schoß?“
Einer von der Besatzung seufzte schwer zu meinen Worten. Unterdessen war das Ding weiter vorangekommen. Sicherheit und Ordnung waren augenscheinlich in seine Bewegung eingekehrt, und dann hatte das grüne Licht unsere zuvorderst stehende Panzerkatze erreicht.
Das Etwas verhielt einen Sekundenbruchteil, das Pfeifen, das von ihm ausging, sank zu einem etwas dunkleren Ton herab, und dann wurde der Lichtstrahl noch schmaler, füllte zwar die ganze Breite der Trasse, lag aber auf ihr wie die Schneide eines Messers. Und diese Schneide begann sich unter unsere Katze zu schieben, hob sie gleichzeitig empor, ließ sie einfach in die Höhe rutschen wie auf der schiefen Ebene eines Keiles, und dann begann das Ganze darunter her zu kriechen, das metallene Etwas mit, und schließlich waren Licht und Engerling unter unserem kleinen Erkundungsfahrzeug hindurchgerutscht, und hinter ihnen fiel die Katze schaukelnd, wippend und mit einem erstickten Plomm! wieder auf den Boden zurück. Den Selbst fahrschein-werfern erging es gleich darauf nicht anders, bloß daß einer von ihnen nicht wieder auf seine Räder zu stehen kam, sondern lang hinschlug mit einem schmetternden Ton. Glas brach und splitterte, Metall knirschte. Nun wurde auch mir etwas anders zumute. Die Lichtschneide war jetzt bloß noch einen knappen Meter vom Titan entfernt.
„Was soll ich machen?“ fragte der Leutnant abermals.
„Was willst du denn machen?“ fragte Gossel aufgebracht zu rück. „Das Biest da hat weder die Katze gefressen noch die Scheinwerfer. Was soll’s also? Hast du die Weisung des Com- modore vergessen? Oder hast du Angst, daß der Titan auch umkippen könnte? Meines Wissens ist er doch magnetfeld stabilisiert?“
„Das alles gefällt mir nicht“, murmelte Kraneis.
„Schluß!“ sagte Gossel kalt.
Dennoch befahl der Leutnant, das Schutzfeld auf Bodenkon takt zu senken. Gossel zuckte nur die Achsel dazu. Ich aber sah Kraneis an, daß er gerne auch noch gesagt hätte: Aktivieren!, aber so weit zu gehen, traute er sich schließlich doch nicht. In diesem Augenblick wußte ich endgültig, daß er der falsche Mann war für unsere Expedition, der allerfalscheste sogar, den wir nur hatten bekommen können. Ich nahm mir fest vor, mit Castor darüber zu reden, mochte mein Vorgehen auch aussehen, wie es wollte.
Dann schließlich hatte uns der grüne Lichtstrahl erreicht, und es geschah etwas, das uns allen unvergeßlich klarmachte, wie relativ alles war, wie selbstüberheblich auch unser menschlicher Sicherheitsglauben und unser eitles Vertrauen auf unsere
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