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Die Stunde der Gladiatoren

Die Stunde der Gladiatoren

Titel: Die Stunde der Gladiatoren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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Varro insgeheim bemerkte. Der Herr im Haus, oder vielmehr die Herrscherin, war nämlich sie, und er tat gut daran, dies nicht infrage zu stellen. »Sonst hättest du dir dein Essen selbst zubereiten können!«
    Â»Davor, wie vor allem Bösen, möge mich Vesta behüten!«, rief Varro mit gespielter Inbrunst aus und steuerte auf den gemauerten Herd zu, wo die Frau, die für ihn Mutterstelle eingenommen hatte, die Mahlzeiten für die Hausbewohner zubereitete. »Hm – sieht wirklich lecker aus!«
    Â»Tu bitte nicht so, als täte dir dein Zuspätkommen leid!«, schnaubte die 71-jährige, energische und rotwangige Frau mit erhobenem Kochlöffel, von dem sie während seiner Jugend vor allem dann Gebrauch gemacht hatte, wenn der Sohn des Hauses über die Stränge schlug. »Oder denkst du, ich falle darauf herein?«
    Â»Nie und nimmer – wenn hier jemand Gedanken lesen kann, dann du.«
    Â»Du sollst mich nicht auf den Arm nehmen, klar?«, schnaubte die Alte, trat auf die Zehenspitzen und kniff ihn ins linke Ohr. »Sonst setze ich dich auf halbe Kost!«
    Â»Aua, das tut …«
    Â»Wenn wir gerade von Schmerzen reden, was macht dein Bein?«
    Â»Recht gut, kann nicht klagen«, erwiderte Varro und trat beiseite, um Fortunata nicht ins Gehege zu kommen. In der Küche, höchstens vier Schritte im Quadrat groß, war dank der Leibesfülle seiner Amme kaum Platz, nichts Ungewöhnliches in den Patrizierhäusern der Stadt. Allein schon der Herd nahm die Hälfte der Fläche ein, was dazu führte, dass das Rupfen, Ausnehmen und Enthäuten der Hühner im Atrium ausgeführt und das Fleisch während eines Gastmahls auf tragbaren Kohlenbecken gebraten wurde. »Hm, riecht das aber …«
    Â»Lenk nicht ab, Gaius. Wenn du gefrühstückt und deine Arbeit erledigt hast, wirst du dich schleunigst zu deinem Freund, diesem … diesem …«
    Â»Probus. Valerius Probus. Du wirst doch nicht etwa alt, Fortunata?«
    Â»Frühstück, ja oder nein?«
    Â»Beim Andenken des Lukullus – ja!«
    Â»Dann hüte deine Zunge, sonst kriegst du es mit mir zu tun!«, trumpfte die Alte auf und ließ den Teller, auf dem sich der Imbiss befand, in die Hände des Hausherrn wandern. Ohne einen Knuff, zur Abwechslung ins rechte Ohr, ging dies natürlich nicht ab. »Wie gesagt: Sieh zu, dass du diesen Tunichtgut von einem Militärarzt aufsuchst. Sonst weht hier bald ein anderer Wind. Habe ich mich klar genug ausgedrückt, Gaius?«
    Â»Aber gewiss doch, Herrin.«
    Â»Das hört man gern!«, schnaubte die Alte und krempelte die Ärmel ihres Gewandes hoch, unter dem ein Paar Oberarme zum Vorschein kam, welches einem Gladiator zur Ehre gereicht hätte. »Warum nicht gleich so?«
    Â»Weiß gar nicht, was du hast!«, versetzte Varro und schob ein Stück Käse in den Mund, auf dem er mit verzückter Miene herumkaute. »Mir geht es doch gut.«
    Â»Prima: Mir kannst du nichts vormachen.«
    Â»Concordia, hilf! Nicht mal beim Essen hat man seine Ruhe!«
    Â»Secunda: Du arbeitest zu viel.«
    Â»Und tertia?«
    Â»Du brauchst eine Frau, Gaius.«
    Der Schreck, von dem er ergriffen wurde, saß tief. So tief, dass Varro sich verschluckte. »Ich brauche … ich brauche was? Das ist doch wohl nicht dein Ernst, oder?«
    Â»Und ob das mein Ernst ist, Gaius«, fuhr die Frau, welche er zeitlebens als seine Mutter betrachtet hatte, unbeeindruckt fort. »Du arbeitest zu viel, ob du es nun wahrhaben willst oder nicht. Ich weiß, es ist nicht schön, wenn man ohne Mutter aufwachsen muss und wenn der eigene Vater … wenn er … Einerlei: Was ich damit sagen will, ist: Es hat keinen Sinn, wenn du dich in deine Arbeit vergräbst, Gaius. Deinen Vater macht das auch nicht mehr lebendig.«
    Â»Ich weiß. Das heißt aber noch lang nicht, dass ich heiraten muss. Oder hast du den Reinfall mit Valeria schon vergessen?«
    Â»Natürlich nicht.«
    Â»Und den mit …«
    Â»Falls du Ismene meinst – reden wir lieber nicht darüber.« Fortunata atmete tief durch. »Jetzt hör mir mal gut zu, mein Junge«, sprach sie und ließ die Hand auf Varros Schulter ruhen. »Seit dem Tod deiner Mutter passe ich nun schon auf dich auf. Sorge, koche, wasche und arbeite ich für dich. Deinen Vater, der es vorzog, seinen Lebensfaden

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