Die Stunde der Gladiatoren
zu durchtrennen, nicht zu vergessen.«
»Ich weiÃ, Fortunata. Was ich dagegen nicht weiÃ, ist, wie ich dir danken soll.«
»Das brauchst du nicht, Gaius. Es ist nur so, dass ich ⦠dass ich â¦Â«
»Dass du dir Sorgen um mich machst?«
»Genau.« Die Alte, ungewohnt nachdenklich, nahm die Hand von Varros Schulter, wandte sich ab und begann, das Frühstück für die übrigen Hausbewohner zuzubereiten. »Ich werde nicht jünger, Gaius. Und ich werde, so gern ich das tun würde, nicht ewig auf dich aufpassen können.«
»Jetzt ist es aber genug, Fortunata. Kein Wort mehr davon, sonst lasse ich dich auf halbe Kost setzen.«
»Mir ist ernst mit dem, was ich sage, bitterernst.« Die Alte warf Varro einen raschen Seitenblick zu. »Schau dich doch mal an, Gaius!«, rief sie aus, im Begriff, ihre düstere Stimmung abzuschütteln. »Läuft etwa so der Sohn eines römischen Senators herum? Ein Angehöriger der Kurie zu Trier, dessen Ruf als Anwalt weit über die Grenzen unserer Stadt gedrungen ist â¦Â«
»Jetzt übertreibst du aber, Fortunata.«
»⦠und der, wenn er nur wollte, demnächst Statthalter der Provinz Belgica werden könnte?«
»Bevor ichâs vergesse: Da heute Feiertag ist, werde ich mich meinen Studien widmen.«
»Nein, wirst du nicht.«
»Nein?«, echote Varro, stellte den Teller ab und fuhr mit dem Handrücken über den Mund. »Und wieso nicht?«
»Weil du tun wirst, was ich dir sage.«
»Ach, wirklich?«, spöttelte Varro. »Und was war das doch gleich?«
»Spar dir die Ironie für deinen Busenfreund, du Flegel!«, kanzelte die Alte Varro ab und musterte ihn von Kopf bis FuÃ. »Und wenn wir gerade dabei sind: In diesem Aufzug siehst du unmöglich aus. Ich würde vorschlagen, du ziehst dir erst mal eine andere Tunika an. Und deine Toga. Alles, was recht ist, Gaius â man könnte meinen, du arbeitest in einer Ziegelei.«
»Na und? Was ist denn dabei, wenn man es sich gemütlich macht?«
»Du ziehst dich jetzt um. Causa finita!«
»Wie du befiehlst, Imperator.«
»Das hat man nun davon!«, klagte Varros Haushälterin, setzte Dromas seinen Fressnapf vor und ging wieder an die Arbeit. »Erst zieht man diesen Bücherwurm groÃ, und dann besitzt er die Frechheit, sich über einen lustig zu machen und einer hilflosen alten Frau auf den Nerven rumzu â¦Â«
»Da seid Ihr ja, Onkel â ich hab Euch überall gesucht!«
»Und weswegen?«, antwortete Varro, wandte sich um und musterte seinen Neffen, der mit hochrotem Kopf vor ihm stand. Eigentlich tauchte Publius, der 13-jährige und zu seinem Missvergnügen nicht gerade lernbegierige Sohn seiner Schwester immer dann auf, wenn man ihn nicht brauchen konnte. Heute aber, selbst zu solch früher Stunde, kam er wie gerufen. »Was ist so wichtig, dass es nicht bis später warten kann?«
»Verzeiht, Avunculus!«, stieà der strohblonde und um das eine oder andere Pfund zu schwere Lockenkopf hervor, nachdem Varro den Weg ins Atrium eingeschlagen und ihm bedeutet hatte, er möge sich anschlieÃen. »Ich ⦠ich hatte nicht die Absicht, Fortunata ins Wort zu fallen.«
»Das will ich hoffen!«, versetzte Varro, nahm auf dem Rand des Impluviums Platz und massierte sein schmerzendes Bein. »Und â wo drückt der Schuh?«
»Es ist ⦠es ist wegen Mutter!«, platzte sein Neffe heraus, ein Faktum, von dem Varro keineswegs überrascht wurde. Je älter er wurde, desto schwerer fiel es seiner Schwester, den ungebärdigen Lausbuben zu bändigen, zum Leidwesen aller Bewohner, die Zeugen der Querelen wurden. Varro, der sich bemüÃigt fühlte, Vaterstelle einzunehmen, war dies natürlich ein Dorn im Auge. Da er es jedoch für seine Pflicht hielt, den häuslichen Frieden zu bewahren, musste er hin und wieder ein Zeichen setzen. Und, wie so häufig, seinen Neffen zur Vernunft bringen.
*
Das allerdings war leichter gesagt als getan. Publius war kaum zu beruhigen, und er fragte sich, welche Flausen er wohl im Kopf hatte. »Immer muss sie mir alles verbieten!«, empörte sich Varros Neffe, während dieser damit beschäftigt war, seinen Oberschenkel zu kneten. »Das ist gemein von ihr, so was von gemein.«
»Was ist gemein, Publius? Sprich Klartext,
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